Der Mars Climate Sounder, eines der sechs wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Mars-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter, stellt seit einigen Tagen einen starken Temperaturanstieg in einigen Bereichen der Atmosphäre des Planeten fest. Bei dieser Temperaturerhöhung handelt es sich eventuell um ein erstes Anzeichen für einen bevorstehenden globalen Staubsturm.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Planetary Society.
Der Mars Climate Sounder (MCS) ist ein Experiment zur Untersuchung und Analyse der oberen Marsatmosphäre. Hierzu werden zwei kleine Teleskope auf den Horizont des Planeten ausgerichtet. Mit neun verschiedenen Spektralkanälen können so die Verteilung von Wasserdampf und Staub in der Atmosphäre bestimmt werden. Außerdem werden Veränderungen von Temperatur und Luftdruck sowie die Wolkenverteilung bis zu einer Höhe von 80 Kilometern ermittelt. Das langfristige Ziel dieser Beobachtungen besteht darin, eine dreidimensionale Karte der Temperatur-, Druck- und Staubverteilung innerhalb der Marsatmosphäre zu gewinnen.
Zur Bestimmung der Staubverteilung wird die Atmosphäre im infraroten Bereich bei einer Wellenlänge von 15 Mikrometern untersucht. In diesem Bereich verhält sich das Kohlendioxid, welches mit einem Anteil von über 95 Prozent der Hauptbestandteil der Marsatmosphäre ist, besonders stark absorbierend. Hierbei ist auch eine Temperaturbestimmung möglich.
Die vom MCS bis zum 25. März 2009 gewonnenen Daten zeigten keine besonderen Auffälligkeiten. Entsprechend den Jahreszeiten war es in einer Höhe zwischen 20 und 40 Kilometern über dem Nordpol mit unter minus 130 Grad Celsius sehr kalt. Am Südpol, wo gerade der Frühling zur Neige geht, und in den mittleren Breiten herrschten in gleicher Höhe mit durchgehend etwa -90 °C bis -80 °C normale Temperaturverhältnisse. Am 26. März stellten die für das Instrument zuständigen Wissenschaftler erstmals eine allerdings noch nicht sehr starke punktuelle Abweichung fest. In dem Bereich zwischen 40 und 60 Grad südlicher Breite sowie 80 bis 160 Grad östlicher Länge kam es zu einer Erwärmung um etwa 5 °C. Außerdem detektierte man eine weitere Erwärmung bei 50 Grad Nord und 150 Grad Ost auf der Nordhalbkugel sowie eine leichte Verschiebung des den Pol umkreisenden Nordpolarwirbels.
Am 27. März erweiterte sich das südliche Wärmegebiet. Desweiteren stellte man bei der Analyse der Daten von diesem Tag fest, dass der Staub, welcher sich normalerweise in Höhen bis 10 Kilometer über der Oberfläche konzentriert, auf eine ungewöhnliche Höhe von bis zu 40 Kilometern angestiegen war. Am folgenden Tag erhöhte sich die Temperatur im Bereich zwischen 30 und 70 Grad südlicher Breite flächendeckend um 10 °C. Die Daten des 29. März zeigten einen nochmaligen Temperaturanstieg, vom dem mittlerweile nahezu die gesamte Südhalbkugel des Mars betroffen war. Im Bereich zwischen 10 bis 80 Grad südlicher Breite lagen die Durchschnittstemperaturen stellenweise 20 bis 25 Grad Celsius über dem saisonalen Normalwert. Auch das nördliche Wärmegebiet hat sich weiter ausgedehnt und erwärmt.
Die Auswertung der Messergebnisse für den 30. März ist noch nicht vollständig abgeschlossen, zeigt jedoch bereits, dass mittlerweile nahezu die gesamte Atmosphäre betroffen zu sein scheint. Auch im Bereich unmittelbar südlich des Marsnordpols ist es wärmer geworden und der zirkumpolare Nordwirbel hat sich um etwa 5 °C erwärmt und zieht sich langsam zurück.
All diese Daten legen einen Vergleich mit dem letzten globalen Staubsturm auf dem Mars nahe, auch wenn die momentan vorliegenden Bedingungen zumindestens zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so extrem sind wie vor zwei Jahren. Während dessen Höhepunkt im Sommer 2007 konnte der Mars Climate Sounder im Bereich zwischen 50 Grad nördlicher und 50 Grad südlicher Breite einen Temperaturanstieg von über 30 °C registrieren. In den restlichen Bereichen der Atmosphäre betrug die Temperatur rund -70 °C, wobei es vereinzelt zu regionalen Erwärmungen auf bis zu -55 °C kam. Auch der nordpolare Wirbel erwärmte sich damals von normalerweise etwa -160 °C auf zeitweise bis zu -75 °C.
Sollte die momentan stattfindende Erwärmung der oberen Schichten der Marsatmosphäre allerdings auch weiter fortschreiten, so ist das Einsetzen eines neuen planetenumfassenden Staubsturmes nicht auszuschließen. Ein solcher Sturm, welcher dann erfahrungsgemäß mehrere Monate anhalten kann, hätte nicht nur negative Auswirkungen auf die Datenausbeute der momentan drei aktiven Marsorbiter in der Umlaufbahn, sondern ganz besonders auch auf die beiden Marsrover der NASA. Diese generieren ihre zum Betrieb notwendige Energie ausschließlich über Solarzellen. Den Staubsturm im Jahr 2007 haben beide nur mit sehr viel Glück überstanden. Ein weiteres Ereignis dieser Art würde für die beiden bisher so erfolgreichen Roboter-Geologen eine ernsthafte Bedrohung darstellen.