Atlas V bringt Marine-Comsat MUOS 4 ins All

Am 2. September 2015 startete auf der Luftwaffenbasis auf Cape Canaveral (CCAFS) in Florida eine Atlas-V-Rakete der United Launch Alliance (ULA) mit dem Kommunikationssatelliten MUOS 4 für die US-Marine (USN) an Bord.

Autor: Axel Nantes. Quelle: GD, LM, ULA, USAF, USN.

Atlas-V-AV056-Start mit MUOS 4 (Bild: ULA)

Für die ULA war es die achte im Jahr 2015 abgewickelte Mission einer von diesem Anbieterkonsortium betriebenen Trägerrakete. Seit Gründung der ULA hat das Konsortium damit nach eigenen Angaben 99 erfolgreiche Trägerstarts abgewickelt.

Insgesamt flog eine Rakete des Typs Atlas V zum 56. Mal. Zum 2. Mal im Jahr 2015 transportierte eine solche Rakete ein MUOS-Raumfahrzeug.

MUOS 4 mit einer Startmasse im Bereich von annähernd 7,5 Tonnen wurde von einer Atlas V in 551-Konfiguration – ihrer aktuell stärksten Variante – transportiert. Das bedeutet, dass auf der Zentralstufe mit dem Kerosin mit flüssigem Sauerstoff verbrennenden RD-180-Triebwerk von RD-AMROSS eine Centaur-Oberstufe mit einem Triebwerk aufgesetzt war, seitlich an der Zentralstufe fünf AJ60-Feststoffbooster von Aerojet angebracht waren und die von der RUAG aus der Schweiz beigesteuerte Nutzlastverkleidung 5 Meter Durchmesser hatte.

Das Haupttriebwerk der Zentralstufe der Atlas V mit der Seriennummer AV-056 zündete rund 2,7 Sekunden vor dem Abheben von der Startanlage 41 (Space Launch Complex 41, SLC-41) auf Cape Canaveral im US-amerikanischen Bundesstaat Florida.

Das tatsächliche Abheben erfolgte dann um 12:18 Uhr MESZ am 2. September 2015 (6:18 Uhr EDT am 2. September 2015) unmittelbar mit der Zündung der fünf seitlich an der Zentralstufe angebrachten Feststoffbooster. Dabei war die Hälfte des 44 Minuten langen Startfensters (5:59 – 6:43 Uhr EDT) verstrichen.

Etwa 3,8 Sekunden nach dem Abheben begann die Rakete, ihre Flugbahn in die erforderliche Richtung zu neigen. Rund 51,2 Sekunden nach dem Abheben passierte die Rakete den Bahnpunkt mit der höchsten dynamischen Druckbelastung (Max-Q).

Rund 90 Sekunden nach Beginn des Fluges waren die Feststoffbooster ausgebrannt. Sie wurden aus Sicherheitsgründen noch einige Sekunden mitgeführt und dann in zwei Chargen rund 2 Minuten nach dem Abheben abgeworfen.

MUOS 4 und Nutzlastverkleidung (Bild: ULA)

Die Nutzlastverkleidung, die den Satelliten und die Centaur-Oberstufe an der Raketenspitze beim Flug durch die dichten Schichten der Atmosphäre schützte, wurde anschließend nach etwa dreieinhalb Minuten Flugzeit abgetrennt.

Der BECO für Booster Engine Cutoff genannte Brennschluss der Zentralstufe erfolgte rund vier Minuten und 24 Sekunden nach dem Abheben. Weitere sechs Sekunden später wurde die Zentralstufe abgetrennt.

Eine erste Brennphase des RL10C-1-Triebwerks von Pratt & Whitney Rocketdyne am Heck der Centaur-Oberstufe sorgte anschließend für das Erreichen einer Parkbahn. Die Brennphase dauerte rund sieben Minuten und 44 Sekunden.

Es folgte eine circa acht Minuten und fünf Sekunden lange Freiflugphase, an deren Ende die zweite Centaur-Brennphase begann. Letztere dauerte rund fünf Minuten und 45 Sekunden und stellte den Einschuss in einen Geosynchronen Transferorbit (GTO) sicher.

Das Apogäum, also der höchste Bahnpunkt, des GTOs wurde nach einer zweiten Freiflugphase von rund zwei Stunden und 23 Minuten durch eine weitere Brennphase angehoben. Diese dauerte etwa vergleichsweise kurze 58 Sekunden.

Rund zwei Stunden und 56 Minuten nach dem Abheben sowie drei Minuten und 39 Sekunden nach der dritten Centaur-Brennphase war es dann soweit: MUOS 4 – Abmessungen in Startkonfiguration 6,70 x 3,66 x 1,83 Meter – wurde erfolgreich auf einer Erdumlaufbahn ausgesetzt.

Die vorgesehene Übergangsbahn war eine mit einem der Erde nächsten Bahnpunkt, einem Perigäum von rund 3.816 Kilometern über der Erde, und einem Apogäum, dem erdfernsten Bahnpunkt, von rund 35.768 Kilometern über der Erde sowie einer Neigung gegen den Erdäquator von circa 19,11 Grad.

Aus dieser Bahn heraus besorgt MUOS 4 den Flug zu einer Position im Geostationären Orbit (GEO) aus eigener Kraft. Zu diesem Zweck wurde er mit einem 500 Newton starken Zweistofftriebwerk des Typs BT-4 von IHI aus Japan ausgerüstet, das Monomethylhydrazin (MMH) als Treibstoff und eine Mischung von Stickstoffoxiden (MON-3, Stickstofftetroxid mit 3% Stickstoffmonooxid) als Oxidator benutzt.

MUOS 4 beim Hersteller (Bild: Lockheed Martin)

Eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Satellitenherstellers war vom Marine-Satellitenkontrollzentrum (Naval Satellite Operations Center, NAVSOC) auf der Marinebasis Ventura County, Point Mugu, Kalifornien aus bereits in der Lage, Kontakt zu dem neuen Erdtrabanten aufzunehmen. Nach Angaben seines Herstellers reagiert das Raumfahrzeug auf an es übertragene Kommandos.

MUOS 4, der ursprünglich als MUOS 5 den Weltraum hätte erreichen sollen, wurde vom US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzern Lockheed Martin aus Sunnyvale in Kalifornien auf Basis des Busses A2100 gebaut. Eine UHF-Baugruppe der Kommunikationsnutzlast steuerte Boeing aus El Segundo, Kalifornien, bei.

Boeings UHF-Baugruppe hat eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Kompatibilität mit der Vorgänger-Satellitenkonstellation mit der Bezeichnung UFO bzw. UHF-F/O für Ultra High Frequency Follow-On. Nach Angaben der USN ähnelt sie an Bord von UFO 11, dem letzten Satelliten der UFO-Konstellation, eingesetzter Technik.

Die Harris Corporation aus Melbourne im US-Bundesstaat Florida lieferte die beiden entfaltbaren Antennen mit Gitternetz-Reflektoren. Die größere der Antennen besitzt im betriebsbereiten Zustand einen Durchmesser von rund 18,7 Metern.

Alternative Quellen nennen für den großen entfaltbaren Antennenreflektor, der für fortschrittliche MUOS Anwendungen gedacht ist, einen Durchmesser von 14 Metern, und für den kleineren entfaltbaren Antennenreflektor zur Nutzung mit UHF Terminals einen Durchmesser von 5,4 Metern.

Wegen fehlerhafter Lötverbindungen, die im Zuge von Tests mit dem MUOS-Raumfahrzeug Nr. 3 in einer Vakuumkammer an einer UHF-Antenne aufgefallen waren, wurde die Startreihenfolge der einzelnen Raumfahrzeuge der inklusive eines Reservesatelliten insgesamt fünf Satelliten umfassenden Serie verändert.

MUOS-Raumfahrzeug im All – Illustration (Bild: Lockheed Martin)

Das MUOS-Raumfahrzeug Nr. 3 (MUOS SV-3) wird nach derzeitigem Planungsstand voraussichtlich als MUOS 5 in den Weltraum transportiert werden können. Aktuell geht man bei der ULA von einem Start im Jahr 2016 aus.

MUOS steht für Mobile User Objective System und bezeichnet damit auch seine Funktion: Das Satellitennetzwerk ist insbesondere für Sprech- und Hochgeschwindigkeitsdatenverbindungen mobiler Benutzer (der US-Marine) gedacht.

Ist die Konstellation der MUOS-Raumfahrzeuge erst einmal vollständig und sind alle zugehörigen Bodenstationen betriebsbereit, wird die USN mit ihr im Vergleich zur derzeit noch zu nutzenden Konstellation nach aktuellen Angaben der US-Luftwaffe über die mehr als zehnfache Gesamtbandbreite verfügen.

General Dynamics, ein US-amerikanisches Unternehmen, das Aufgaben im Bereich des MUOS-Bodensegments zu erledigen hat, berichtete im Jahre 2013, die MUOS-Konstellation übertreffe die UFO-Konstellation in ihrer Gesamtkapazität um das sechszehnfache.

Sind alle vier im Geostationären Orbit vorgesehenen Regelbetriebspositionen besetzt, stehen nach Angaben von General Dynamics MUOS-Raumfahrzeuge bei 177 Grad West, 100 Grad West, 15,5 Grad West und 75 Grad Ost. Den Reservesatelliten will man bei 72 Grad Ost bereithalten. Die volle Einsatzfähigkeit des Systems wird derzeit für 2017 erwartet.

MUOS 4 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 40.887 und als COSPAR-Objekt 2015-044A.

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