AV-064: Atlas-V-Startstufe vorzeitig abgeschaltet

Die erste Stufe der beim Start des unbemannten US-Transportraumschiffes Cygnus OA-6 verwendeten Trägerrakete mit der Baunummer AV-064 schaltete zu früh ab. Die Centaur-Oberstufe konnte den Fehler jedoch ausgleichen und den Versorger für die ISS auf die geplante Umlaufbahn bringen. Der Vorgang wird jetzt untersucht.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Florida Today, Spacenews, Spaceflight Now, ULA, USAF.

Atlas-V-Start am 23. März 2016
(Bild: ULA)
Atlas-V-Start am 23. März 2016
(Bild: ULA)

Beim Brennschluss der ersten Stufe der Atlas-V-Rakete der United Launch Alliance (ULA) am 23. März 2016 war weder die vorausberechnete Fluggeschwindigkeit noch die geplante Flughöhe erreicht. Das RD-180-Triebwerk der ersten Stufe war aus einem derzeit nicht öffentlich bekannten Grund beim 62. Flug einer Atlas-V-Rakete fünf oder sechs Sekunden zu früh abgeschaltet worden.

Dank intelligenter Programmierung und einer ausreichenden Betankung war die zweite Stufe der Atlas V, Centaur genannt, allerdings in der Lage, die zu geringe Leistung der ersten Stufe zu kompensieren.

Um das von Orbital ATK gebaute Cygnus-Versorgungsschiff auf die vorgesehen Erdumlaufbahn zu bringen, ließ die Computersteuerung des Centaur sein Haupttriebwerk vom Typ RL-10C über eine Minuten länger feuern, als im ursprünglichen Flugplan vorgesehen. Statt 18 Minuten und 9 Sekunden nach dem Abheben geschah der erste Centaur-Brennschluss nach rund 19 Minuten und 20 Sekunden. Statt rund 14 Minuten arbeite das Triebwerk über eine Minute länger, bevor es abgeschaltet und das Transportschiff ausgesetzt wurde. Inklination und Höhe des erreichten Orbits entsprechen der geplanten Bahn. Weil das Aussetzen aber nicht an der vorher festgelegten Position innerhalb dieses Orbits stattfand, werden die Bahnmanöver, die den Cygnus-Transporter zur ISS führen, angepasst.

Nach dem Aussetzen der Nutzlast standen für der Centaur weitere Manöver auf dem Programm. Um einer Existenz als Weltraumschrott aus dem Wege zu gehen war ein gezielter Wiedereintritt in die Erdatmosphäre südlich von Australien vorgesehen. Um das geplante Wiedereintrittsfenster zu erreichen, musste der Centaur sein für eine Reihe von Wiederzündungen geeignetes Haupttriebwerk erneut in Betrieb setzen. Der Centaur der AV-064 beendete eine entsprechende Brennphase 8 Sekunden früher als im ursprünglichen Flugplan festgelegt. Ob das aus Treibstoffmangel geschah, wurde bisher nicht mitgeteilt.

Nach vorliegenden Informationen erfolgte der Wiedereintritt des Centaur nicht exakt an der geplanten Position. Trotzdem sollen Trümmerteile des Centaur, die den Sturz durch die Atmosphäre überstanden haben könnten, keinesfalls über Land zu Boden gegangen sein. Gegebenenfalls sind sie in einem Bereich östlich vom vorgesehenen Gebiet südlich von Australien ins Meer gefallen, teilte die ULA-Sprecherin Lyn Chassagne dem Branchendienst Spacenews mit.

Der Vorfall, unter anderem als Booster stage anomaly bezeichnet, wird aktuell untersucht. Ob das Ereignis eine Auswirkung auf das Startmanifest der Atlas-V-Raketen haben wird, ist derzeit nicht abzusehen. Die nächste Atlas-V-Mission soll dem Start des US-amerikanischen Marinekommunikationssatelliten MUOS 5 dienen.

Aktuell ist der Start von MUOS 5 auf der Atlas-V mit der Baunummer AV-063 auf den 5. Mai 2016 terminiert, und von einem Aufschub aus aktuellem Anlass nichts bekannt.

Update 26. März 2016
Um mehr Zeit für erforderliche Untersuchungen zu bekommen, wurde der Start von MUOS 5 mittlerweile verschoben. Starten will man jetzt frühestens am 12. Mai 2016.

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