Boeing & SpaceX gewinnen Crewtransport

Heute um 22 Uhr deutscher Zeit hat die NASA die Gewinner des CCtCap-Programms bekanntgegeben, also welche Firmen nach dem Shuttle-Ende wieder Astronauten von US-Boden aus zur ISS bringen sollen. Dabei haben Boeing & SpaceX das Rennen gemacht. Die Sierra Nevada Corporation mit dem Dreamchaser ist leider ausgeschieden.

Ein Beitrag von Tobias Willerding. Quelle: NASA, SpaceX, Boeing, Wikipedia.

Nach wochenlanger Verzögerung hat die NASA heute die heiß erwartete Entscheidung zur Zukunft des bemannten Raumtransports in den USA bekanntgegeben. Der weltbekannte Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing und der neue Star am Raumfahrthimmel, SpaceX, teilen sich den Auftrag zu nicht-gleichen Teilen. SpaceX bekommt 2,6 Milliarden Dollar und Boeing 4,2 Milliarden Dollar. Das Programm, offiziell CCtCap (Commercial Crew Transportation Capability), ist die letzte Entwicklungsstufe des kommerziellen Crewprogramms und soll die Systeme bis zur Einsatzreife bringen. Inbegriffen in dieser Summe sind die Entwicklung und Zertifizierung des Crewtransportsystems, ein bemannter Testflug zur ISS (pro System), 2-6 operationelle Missionen (pro System) sowie „spezielle Studien“. Bei „speziellen Studien“ kann es sich um zusätzliche Tests handeln, die die NASA fordert aber auch um zusätzliche Anforderungen, die anfangs nicht definiert worden sind.
Kosten
Ein großes Augenmerk muss auch auf die Kosten für den Steuerzahler gerichtet werden. Die gesamten Kosten für den bemannten Crewtransport belaufen sich auf: CCDev1 (50 Millionen Dollar), CCDev2 (310 Millionen Dollar), CCiCap (1170 Millionen Dollar), CPC1 (30 Millionen Dollar) und CCtCap (6800 Millionen Dollar). Insgesamt kommt man somit auf etwas über 8 Milliarden Dollar für zwei bemannte Systeme inklusive 6-14 Flüge zur ISS. Damit kommt man auf etwa 4 Milliarden pro Crewsystem inklusive einiger operativer Flüge. Das Argument, dass die Entwicklung eines bemannten System ca. 10 Milliarden Dollar bzw. Euro kostet, kann damit endgültig zu den Akten gelegt werden. Hier geht es auch für weniger als die Hälfte.

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Dragon V2
(Bild: Wikipedia)

SpaceX
SpaceX möchte als ihr Konzept die „Dragon V2“-Kapsel einsetzen. Dabei handelt es sich um eine stark modifizierte Dragonkapsel, die bereits für die Frachtflüge zur ISS eingesetzt wird. Die „Dragon V2“ (Version 2) besitzt an der Seite acht Superdraco-Triebwerke, die im Notfall einen Startabbruch erlauben und gleichzeitig als Landetriebwerke dienen sollen. Im Gegensatz zu Apollo verwenden diese keinen Feststoff sondern benutzen hypergolen Treibstoff (Hydrazin und Distickstofftetroxid), der sonst für Orbitmanöver gedacht ist. Erste bemannte Flüge sollen allerdings noch mit dem Fallschirm landen, der grundsätzlich immer als Backup dabei sein soll. Im November plant SpaceX einen Startabbruch vom Startplatz, wo die Superdraco-Triebwerke die Kapsel von der Startrampe wegkatapultieren sollen. Die Kapsel soll anschließend im Atlantik wassern. Im Januar soll das Rettungssystem im Flug getestet werden. Diese beiden spektakulären Tests geschehen noch unter dem Vorgängerprogramm CCiCap und stellen die letzten Meilensteine von SpaceX da.

Die Kapsel bietet Platz für bis zu sieben Personen. Alternativ ist auch eine Mischung aus Astronauten und Fracht möglich. Bei der Vorstellung der Kapsel vor ein paar Monaten konnte auch das Innenleben der Kapsel begutachtet werden. Die Interaktion der Crew mit der Kapsel erfolgt nahezu komplett über Touchscreens und nur für die Notfall-Systeme ist noch ein analoges Interface vorhanden. Damit hält nun modernste Elektronik in der bemannten Raumfahrt Einzug. Ob ebenfalls ein Inflight Entertainment System wie bei einem modernen Verkehrsflugzeug eingebaut ist, ist nicht bekannt.

Weiterhin ist die Kapsel laut SpaceX auch auf Wiederverwendbarkeit ausgelegt. Das lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass alles teure, wie Elektronik, Antriebssystem und Lebenserhaltung in der Kapsel selbst und nicht im „trunk“ (engl. Kofferraum, quasi Servicemodul) untergebracht ist. Lediglich Solarzellen, Batterien und Radiatoren befinden sich nicht in der Kapsel. Der „trunk“ wird erst kurz vor dem Wiedereintritt abgeworfen. Die Kapsel soll auf der ebenfalls teilweise wiederverwendbaren Falcon 9-Trägerrakete starten. Die NASA allerdings möchte vorerst keine wiederverwendbare Kapsel und so wird jedes Mal eine neue produziert.

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CST-100
(Bild: Wikipedia)

Boeing
Boeing setzt auf die CST-100 Kapsel. Dabei handelt es sich um ein Kapsel mit 5 Metern Durchmessern, sie ist also deutlich voluminöser als Dragon. Genau wie Dragon setzt auch Boeing auf ein Rettungssystem mit hypergolen Treibstoffen. Bei CST-100 sind jedoch die vier Bantam-Triebwerke nicht an der Kapsel sondern am Servicemodul angebracht, wo sich auch Treibstofftanks und andere Systeme befinden. CST-100 soll auf Airbags an Land landen. Boeing plant den Startabbruchtest vom Startplatz in 2016, einen unbemannten Testflug Anfang 2017 und einen bemannten Flug Ende 2017. Als Trägerrakete soll die Atlas V 412 zum Einsatz kommen, also mit einem Feststoffbooster und einer Dual-Centauroberstufe.

Boeing ist die einzige von den drei Firmen, die es geschafft hat, ihre Meilensteine des Vorgängerprogramms CCiCap vor der heutigen Bekanntgabe abzuschließen.

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