Die Ukraine und Israel zeigen offenbar Interesse an einer Nutzung des brasilianischen Kosmodroms Alcantara. Auch für Brasilien ergeben sich hier neue Möglichkeiten.
Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: Itar-TASS/Globes Online.
Künftig möchte die Ukraine einige ihrer leichten und mittleren Trägerraketen vom brasilianischen Weltraumbahnhof Alcantara aus starten lassen. Hintergrund ist ein enger Kooperations-Vertrag mit dem südamerikanischen Land, welcher unter anderem die gemeinsame Nutzung des Trägers Zyklon-4 von brasilianischem Boden aus umfasst. Ein entsprechendes Treffen von Vertretern der brasilianischen und der ukrainischen Raumfahrtbehörde fand bis gestern in Brasilia statt. In rund einer Woche soll eine dazugehörige Vereinbarung getroffen werden, welche zusätzlich auf den Bau eines neuen, zu den ukrainischen Modellen kompatiblem Startkomplexes abzielt. Die Modalitäten der Bezahlung sollen ebenfalls bis kommende Woche geregelt sein, wobei die Hauptlast auf brasilianischer Seite liegen soll. Dies zumindest berichtet Itar-TASS, muss aber nicht verwundern, schließlich geriet die ukrainische Raumfahrt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in eine ebenso tiefe Krise wie die russische. Während Russland bemüht ist, nur noch eigene Träger zu vermarkten, stagniert der Einsatz der einstig unter dem Label „UdSSR“ gestarteten Raketen aus der Ukraine.
Das Projekt soll insgesamt 280 Millionen US-Dollar kosten. Ein erster Start der Zyklon-4 von Brasilien aus ist für 2006 geplant. Der Standort Alcantara hat zudem den Vorteil einer großen Nähe zum Äquator, während den Ukrainern kein äquivalentes Startgelände im eigenen Land zur Verfügung steht. Die neue Zyklon-4, eine Eigenentwicklung der Ukraine und eine Fortsetzung der bewährten Zyklon-Reihe aus früheren Jahren, wird in der Lage sein, bis zu 1,8 Tonnen in einen geostationären und 5,5 Tonnen in einen niedrigen Erdorbit zu befördern. Die Startkosten sollen bei etwa 15 Millionen US-Dollar liegen, wobei das Vorgänger-Modell Zyklon-3 bereits auf spektakuläre Weise sechs Satelliten mit einem Male ins All befördern konnte. Die neue Zyklon-4 soll noch effizienter arbeiten – unterstützt vom äquatornahen Standort – und somit das ukrainische Segment auf dem Markt der Weltraumstarts vor allem gegenüber Russland behaupten und vergrößern.
Die Ukraine ist nicht das einzige Land, mit dem Brasilien im Bereich der Raumfahrt eine stärkere Kooperation anstrebt. Auch mit Israel steht man offenbar in entsprechenden Verhandlungen. Bereits im vergangenen April kam es zu einem Grundlagenvertrag zwischen den Wissenschafts-Ministerien beider Staaten, welcher unter anderem die Möglichkeit des Starts der israelischen Shavit-Trägerrakete von Alcantara aus einschließt. Zwar verfügt Israel über eigene Startkomplexe nahe dem Äquator; allerdings ist man gezwungen, sämtliche Raketen westwärts, also gegen die Erdrotation abzufeuern, um keinen Konflikt mit Saudi-Arabien oder Jordanien zu riskieren. Durch diesen politischen Zwang verliert man leider rund ein Drittel der Nutzlastkapazität, was die eigenen Möglichkeiten stark begrenzt und auch eine kommerzielle Nutzung erheblich einschränkt.
Allerdings, dies betonte israelische Quellen, seien die Kosten für diesen Technologie-Transfer im Vergleich zum brasilianisch-ukrainischen Deal gering. Die israelische Shavit-Rakete lässt sich mobil von einem eigens konstruierten Fahrzeug aus starten, was einen Einsatz praktisch von jedem Punkt der Erde aus ermöglicht. Lediglich ist man auf das Vorhandensein entsprechender Service- und Montage-Gebäude angewiesen. Die Gegenleistung gegenüber Brasilien ist die Nutzung der israelischen Trägerrakete auch für seine Zwecke. Zwar verfügt Brasilien auch über eigene Trägertechnologie, doch offenbarten sich in der Vergangenheit wiederholt technische und finanzielle Barrieren.