Raumsonde DAWN – Neue Aufnahmen von Ceres

Neue Aufnahmen der Raumsonde DAWN zeigen die Nordpolregion des Zwergplaneten (1) Ceres. Neben einer Vielzahl an Kratern sind auf diesen Bildern auch erneut verschiedene helle Flecken erkennbar, deren Ursprung die an dieser Mission beteiligten Wissenschaftler immer noch vor ein Rätsel stellt.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, JPL.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Dieses Mosaik zeigt den Zwergplaneten Ceres in Falschfarben. Mit Hilfe der sieben Farbfiltern der Framing Camera an Bord der Raumsonde DAWN lassen sich Unterschiede in der Oberflächenzusammensetzung des Zwergplaneten Ceres erkennen. Anhand dieser Daten analysieren die Planetenforscher in verschiedenen Wellenlängenbereichen, wie Ceres das Licht der Sonne reflektiert. Die Daten für die hier gezeigte Falschfarbenkarte stammen aus der Anflugphase der Raumsonde, als sich DAWN dem Zwergplaneten näherte, um am 6. März 2015 von dessen Gravitation in eine Umlaufbahn gezogen zu werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Bereits am 6. März 2015 erreichte die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonde DAWN ihr zweites und finales Forschungsziel – den im Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems gelegenen Zwergplaneten (1) Ceres (Raumfahrer.net berichtete). Seit diesem erfolgreichen Eintritt in das Gravitationsfeld von Ceres war es der Raumsonde jedoch zunächst nicht möglich, weitere Fotos von ihrem Forschungsziel anzufertigen. Da sich DAWN ihrem Ziel von dessen sonnenabgewandten Seite her annäherte, lag der Zwergplanet aus der Sicht der Raumsonde über mehrere Wochen hinweg im Dunkeln. Bereits die letzte Aufnahme der Raumsonde, welche noch vor der ‚Ankunft‘ bereits am 2. März 2015 entstand, zeigte Ceres nur noch als eine schmale Sichel.

„Dennoch haben wir die Zeit genutzt“, so Dr. Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, der wissenschaftlicher Leiter des aus zwei identischen Optiken bestehenden Framing Camera-Experiments an Bord von DAWN. „Die Daten aus der Anflugphase auf Ceres enthalten bereits wertvolle Informationen, die wir nun weiter ausgewertet haben.“

Deshalb haben sich die Wissenschaftler des MPS in den vergangenen Wochen in erster Linie den Aufnahmen zugewandt, welche zuvor mit Hilfe der sieben Farbfilter des Kamerasystems angefertigt wurden. Diese Aufnahmen erlauben es, einzelne Wellenlängenbereiche des Sonnenlichts, welches Ceres in das Weltall reflektiert, gesondert zu betrachten. Auf diese Weise werden Unterschiede in der Zusammensetzung der Oberfläche deutlich, welche sich mit dem bloßen Auge nicht erkennen lassen. Aus diesen Daten erzeugten die beteiligten Wissenschaftler Falschfarbenkarten der Ceres-Oberfläche.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Am oberen Rand dieser Aufnahme, welche von der Framing Camera der Raumsonde DAWN am 15. April 2015 erstellt wurde, sind in dem im Schatten liegenden Inneren eines Kraters zwei weiße Flecken erkennbar.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Diese Karten zeigen, dass sich die Oberflächenzusammensetzung des Zwergplaneten Ceres deutlich abwechslungsreicher gestaltet als das bloße Auge erkennen lässt. Welche Stoffe sich im reflektierten Licht bemerkbar machen, konnte bisher allerdings noch nicht geklärt werden. Die Karten verdeutlichen jedoch eindrucksvoll, dass sich die Oberfläche des Zwergplaneten offenbar aus verschiedenen Materialien zusammensetzt. Die Oberfläche besteht zwar überwiegend aus kohlenstoffreichen Materialen – die exakte Zusammensetzung variiert dabei jedoch regional. Dies deutet darauf hin, dass sich die Oberfläche von Ceres im Verlauf der vergangenen 4,6 Milliarden Jahre immer wieder verändert haben muss.

„Ceres war nicht bloß ein toter Brocken. Er war aktiv und die entsprechenden Prozesse führten dazu, dass heute verschiedene Materialien auf verschiedene Regionen verteilt sind“, so Christopher Russell von der University of California in Los Angeles, der wissenschaftlicher Leiter der DAWN-Mission.
„Ceres offenbart immer mehr, dass wir einen spannenden und vielfältigen Himmelskörper untersuchen“, so Prof. Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof, einer der Mitarbeiter des Kamerateams der Mission. Für ihre weiteren Analysen benötigen die Wissenschaftler jedoch weiter Aufnahmen.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Diese animierte Sequenz setzt sich aus Aufnahmen zusammen, welche die von der Sonne beschienene Nordpolregion des Zwergplaneten Ceres zeigen. Die Aufnahmen wurden am 15. April 2015 aus einer Entfernung von 22.000 Kilometern angefertigt und zeigen neben einer Vielzahl an Impaktkratern am rechten oberen Rand von Ceres auch zeitweise zwei in einem Krater gelegene ‚weiße Flecke‘.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Neue Fotos von Ceres
In den vergangenen Wochen hat sich die Raumsonde DAWN dem Zwergplaneten immer weiter genähert und dabei schließlich auch eine Position erreicht, aus der sich der Framing Camera wieder ein lohnender Blick auf Ceres bot. Am 10. April konnte die Framing Camera wissenschaftlich relevante Aufnahmen anfertigen, welche aus einer Entfernung von rund 33.000 Kilometern auch erstmals die Nordpolregion von Ceres zeigten. Bis zum 23. April wird sich DAWN der Oberfläche von Ceres bis auf eine Distanz von dann nur noch 13.500 Kilometern nähern. Aus dieser Höhe heraus beginnt eine weitere wissenschaftliche Beobachtungs- und Kartierungsphase (bezeichnet als „RC3“ – kurz für „Rotation Characterization 3“). Bis zum 9. Mai sollen dabei rund 2.500 weitere Aufnahmen angefertigt werden, welche über eine Auflösung von etwa 1,3 Kilometern pro Pixel verfügen.

Das Rätsel der ‚Weißen Flecken‘
Aber bereits auf den während der letzten Tage angefertigten Aufnahmen, welche übrigens erstmals einen senkrechten Blick auf die Nordpolregion von Ceres ermöglichten, sind erneut mehrere der ungewöhnlichen Flecken zu erkennen, die sich deutlich von ihrer dunkleren Umgebung abheben. Zwei dieser Strukturen befinden sich in einem etwa 92 Kilometer durchmessenden Krater. Die Entdeckung dieser ‚weißen Flecken‘ auf Ceres stellte für die Planetologen eine kleine Sensation dar, denn bisher wurden vergleichbare Strukturen auf keinem anderen Himmelskörper unseres Sonnensystems beobachtet.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, ASI, INAF
Die hellen Flecken auf der Oberfläche von Ceres stellen die Wissenschaftler bisher noch vor ein Rätsel. Daten des VIR-Spektrometers von DAWN zeigen die dort vorherrschenden Temperaturen. Der „Spot 1“ (obere Bildsequenz) ist deutlich kälter als seine Umgebung. Bei dem „Spot 5“ – dem hellsten dieser Flecken – ist dagegen kein Temperaturunterschied erkennbar. Die hier gezeigten Daten des VIR-Spektrometers wurden bereits am 19. Februar 2015 aus einer Entfernung von 46.000 Kilometern zu Ceres gewonnen. Die dabei erreichte Auflösung liegt bei etwa elf Kilometern pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, ASI, INAF)

„Seit wir diese ausgesprochen hellen Flecken beobachten, haben sie sich nicht verändert“, so Prof. Jaumann. „Ihre Herkunft ist ein Rätsel. Bisher können wir über ihre Struktur oder Zusammensetzung noch nichts sagen. Eigentlich sind es zurzeit noch eher helle Punkte, die kleiner als vier Kilometer sein müssen.“ Erste Vermutungen der Wissenschaftler gehen dahin, dass es sich hierbei um direkt auf der Oberfläche befindliche Ablagerungen von Wassereis handeln könnte. Aber auch ein kryovulkanischer Ursprung wird für denkbar gehalten. Noch ist die Raumsonde DAWN zu weit entfernt, um die Form dieser Strukturen im Detail aufzulösen.

Allerdings konnte ein weiteres der insgesamt drei wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde – das im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitende „Visible and Infrared Mapping Spectrometer“ (kurz „VIR“) – bereits im Februar 2015 aus einer damaligen Entfernung von etwa 46.000 Kilometern zu Ceres erste Informationen zu den Temperaturen liefern, welche im Bereich dieser Flecke auf der Oberfläche von Ceres vorherrschen.

Einer der Flecken, von den Wissenschaftlern als „Spot 1“ bezeichnet, stellte sich dabei als ausgesprochen ‚kalt‘ heraus. Im Bereich des infraroten Lichts hebt es sich dunkel von seiner Umgebung ab und muss somit deutlich kälter als das umgebende Terrain sein. Während die Umgebung von dunklem Regolith-Staub bedeckt zu sein scheint, so eine Interpretation, könnte es sich bei dem Fleck um direkt an der Oberfläche abgelagertes Eis handeln. Die beiden eng beieinander liegenden Flecken im Inneren eines Kraters – bezeichnet als „Spot 5“ – verfügen dagegen in etwa über die gleiche Temperatur wie ihre Umgebung.

Durch die bis zum 9. Mai durchzuführenden Untersuchungen werden sich den Wissenschaftlern weitere Möglichkeiten für die Analyse dieser Flecken ergeben. Vielleicht, so Prof. Jaumann, lässt sich dann schon Genaueres zu der Natur dieser ungewöhnlichen weißen Flecken sagen.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Eine weitere Aufnahme der Raumsonde DAWN vom 15. April 2015, welche ebenfalls Teile der Nordpolregion von Ceres zeigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Anschließend wird sich die Raumsonde DAWN der Oberfläche von Ceres noch weiter nähern. Aus einer Entfernung von 4.400 Kilometern soll dann ab dem 6. Juni über mehrere Wochen hinweg die Oberfläche von Ceres zunächst mit einer Auflösung von etwa 400 Metern pro Pixel abgebildet werden. Nach dem Abschluss dieser „Survey Phase“ wird sich DAWN der Oberfläche des Zwergplaneten nach dem derzeitigen Planungsstand bis zum 15. Dezember 2015 schrittweise auf bis zu 375 Kilometer nähern.

Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
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