Challenger: 20 Jahre später

In diesen Tagen gedenkt die Welt der sieben Astronauten, die 1986 an Bord der Challenger beim bis dahin größten Unglück der US-Raumfahrt ums Leben kamen.

Ein Beitrag von Karl Urban und Axel Orth. Quelle: Raumfahrer.net.

Die Challenger im All.
(Foto: NASA)

Fünf Jahre nach dem Erstflug der Columbia (1981) waren die Space Shuttles der NASA noch bewunderte High-Tech der westlichen Welt und ein hoch ambitioniertes, anspruchsvolles Technikprojekt mit bis dahin makellos reiner Bilanz: Ein würdiger Nachfolger des legendären Apollo-Projekts.
Der Name des zweiten für den Einsatz im All gebauten Orbiters, “Challenger”, sollte an ein berühmtes Forschungsschiff der U.S.Navy erinnern. Die Challenger hatte nach ihrer Fertigstellung zunächst fast ein Jahr lang bei Schwingungsprüfungen als Testobjekt gedient, bevor sie am 4. April 1983 zu ihrem Erstflug startete. In den nächsten drei Jahren absolvierte sie noch acht weitere, weitgehend problemlose Flüge, und auch die anderen Orbiter machten keine großen Schwierigkeiten, waren der Stolz ihrer Nation. Doch dann kam der 28. Januar 1986.

An diesem klaren, kalten Januartag explodierte die Challenger 73 Sekunden nach dem Start. Die Bilder des riesigen Feuerballs und der ziellos weiter fliegenden beiden Feststoffraketen waren ein Schock für alle Zuschauer. Dies war der bis dahin schwerste Unfall in der Geschichte der Space Shuttles und überhaupt der U.S.-Raumfahrt. Die Challenger wurde vollständig zerstört, sechs Astronauten und eine Zivilistin an Bord kamen ums Leben. Zuvor war noch nie ein US-Astronaut während eines Raumflugs gestorben. Bei ihren neun erfolgreichen Flügen hatte die Challenger 69 Tage im All verbracht und dabei 987 Mal die Erde umrundet. Auf diesen Flügen wurde unter anderem der erste Bahnverfolgungs- und Datenübertragungssatellit ausgesetzt und ein neuer Shuttle-Raumanzug getestet.

Bei dem Flug STS-7 war Sally Ride die erste Amerikanerin im Weltraum. Mit STS-8 gelangen erstmals ein Nachtstart und eine Nachtlandung. Die Challenger setzte als erste Raumfähre im Kennedy Space Center auf. Während der vorangegangenen Mission entfernte sich der Astronaut Bruce McCandless als erster Astronaut ohne Sicherungsleine 30 Meter vom Orbiter. Später unternahm Kathryn Sullivan als erste Amerikanerin einen Weltraumspaziergang.

Bei drei Challenger-Raumflügen im Jahr 1985 bildete das Weltraumlabor Spacelab die Nutzlast, in dem wissenschaftliche Experimente unter anderem auch mit mitgeführten Tieren durchgeführt wurden. Während der Mission STS-61A führte die Challenger das Raumlabor Spacelab D1 mit sich. Diese Mission wurde hauptsächlich von der Bundesrepublik Deutschland finanziert. Am 28. Jaunuar 1986 fand der letzte Flug der vorher so erfolgreichen Challenger statt. Mit an Bord war die Zivilistin Christa McAuliffe, eine Lehreren, die unter anderem erstmals Kinder vom Weltraum aus unterrichten sollte.

Außer McAuliffe starben bei dem Unglück auch die Astronauten Richard Scobee, Michael Smith, Judith Resnik, Ellison Onizuka, Ronald McNair und Gregory Jarvis. Weltweit wurde die Nachricht mit tiefer Erschütterung aufgenommen, und auch bei der NASA sollte die Challenger-Katastrophe tiefgreifende Konsequenzen haben.
Die Nachuntersuchung

Das brennende Shuttle kurz nach dem Start.
(Foto: NASA)

Nach der Katastrophe beauftragte Präsident Ronald Reagan eine Kommission mit der lückenlosen Aufklärung des Vorfalls. Im Juni 1986 lag ein erster Bericht vor. Poröse Dichtungen am rechten Feststoffbooster waren die Ursache für das Desaster. Die NASA war offenbar von ihrem Grundsatz “safety first” abgewichen, denn man hatte eine Reihe von Sicherheitsvorschriften missachtet. Eigentlich hätte die

Challenger an diesem Januartag gar nicht starten dürfen, denn am Morgen hatte in Cape Canaveral Frost geherrscht. Bilder von langen Eiszapfen belegen dies. Aufgrund der Kälte und der durch die Triebwerkszündung einsetzenden plötzlichen Erwärmung wurden die Gummidichtungen am Booster porös, und ein Leck bildet sich. Schon auf Bildern vor dem Start ist eine Rauchfahne erkennbar. Nach dem Abheben ist das Schicksal der Astronauten und der Challenger besiegelt, denn das Leck erweitert sich und wenig später schlagen Funken auch auf den Haupttank über, der mit flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff gefüllt ist. Als der Tankinhalt Feuer fängt, wird die heftige Explosion ausgelöst. Trümmer des Space Shuttles werden über die Bucht verteilt. NASA-Taucher sammeln noch monatelang Teile der Challenger aus dem Wasser. Im März 1986 findet sich auch das Cockpit mit den sterblichen Überresten der Insassen. Es gab Anzeichen, dass die Astronauten zwar schon früh das Bewusstsein verloren, aber erst beim ungebremsten Aufschlag des Cockpits auf das Wasser durch die enorme Verzögerung tödlich verletzt wurden.

Konsequenzen
Nach dem Unglück wurde ein generelles Startverbot für die Shuttle-Flotte ausgesprochen. Fast zweieinhalb Jahre lang arbeitete man an Verbesserungen, die den Start sicherer machen sollten. Die wichtigste Änderung war die vollständige Überarbeitung der Feststoffbooster. Über 2.000 Änderungen wurden am Shuttle-System ausgeführt, so zum Beispiel eine Notausstiegsluke am Orbiter. Ab sofort mussten die Astronauten wieder Druckanzüge bei Start und Landung tragen. Außerdem wurde das Shuttle aus dem kommerziellen Satellitengeschäft, das wieder auf unbemannte Trägerraketen übertragen wurde, zurückgezogen. Im August 1987 wurde der Bau einer Ersatzfähre für die Challenger in Auftrag gegeben, und 1991 wurde die Endeavour fertiggestellt. Am 29. September 1988 startete mit der Discovery zum ersten Mal nach dem Unglück wieder ein Space Shuttle ins All. Bis zum Januar 2003, als die Columbia beim Landeanflug auseinander brach, kam es zu keinen weiteren Shuttle-Unglücken.

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