Curiosity beobachtet Sonnenfinsternisse auf dem Mars

Wie auf der Erde so ereignen sich auch auf dem Mars in regelmäßigen Abständen Sonnenfinsternisse. Mittels der von dem Marsrover Curiosity angefertigten Aufnahmen sollen diese Gelegenheiten genutzt werden, um die Daten der Umlaufbahnen der beiden Marsmonde Phobos und Deimos noch weiter zu verfeinern.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2012, JPL.

NASA, JPL, University of Arizona
Ein Foto des Marsmondes Phobos, erstellt von der HiRISE-Kamera an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter. Am linken Rand dieser Falschfarbenaufnahme ist der Stickney-Krater zu erkennen, welcher mit einem Durchmesser von etwa 10 Kilometern den größten Krater auf diesem Mond bildet.
(Bild: NASA, JPL, University of Arizona)

Auf der Erde verbreiteten Sonnenfinsternisse in früheren Zeiten oftmals Angst und Schrecken. In der Gegenwart rufen diese immer nur in einen schmalen Streifen auf der Erde sichtbaren besonderen Himmelsereignisse unter den irdischen Betrachtern dagegen nur noch allgemeine Begeisterung hervor. Da auch der Mars von zwei Monden umrundet wird, treten auch dort in regelmäßigen Abständen Sonnenfinsternisse auf.

Allerdings verfügen die beiden Marsmonde Phobos und Deimos über deutlich geringere Durchmesser als der irdische Mond. Dies hat zur Folge, dass die Monde die Sonnenscheibe trotz der geringen Entfernungen, in denen sie den Mars umrunden und trotz des geringeren scheinbaren Durchmessers der Sonne auf dem Mars nicht vollständig bedecken können.

Sogar der größere und näher am Mars umlaufende Phobos bedeckt von der Marsoberfläche aus gesehen selbst unter den günstigsten Umständen gerade einmal knapp die Hälfte der Sonnenscheibe. Statt einer so genannten “totalen Sonnenfinsternis” sind auf dem Mars somit lediglich ringförmige Finsternisse zu beobachten, welche von den Experten in diesem Fall allerdings als Transits bezeichnet werden.

Erstmals konnte ein solches Ereignis von der Marsoberfläche aus am 4. März 2004 beobachtet werden. An diesem Tag fertigte der Marsrover Opportunity mit seiner Panoramakamera mehrere Bilder an, welche zeigten, wie der Mond Deimos vor der Sonne vorbeizog. Drei Tage später gelang diesem Rover auch die fotografische Abbildung eines Transits des Phobos.

Im Fall von Phobos ist es so, dass dieser Mond an den meisten Tagen eines Marsjahres von der Planetenoberfläche aus gesehen vor der Sonnenscheibe vorbeizieht. Da die Umlaufbahn von Phobos nur geringfügig gegen die Äquatorebene des Mars geneigt ist, diese Äquatorebene jedoch ähnlich wie bei der Erde eine Neigung gegen die Bahnebene des Mars aufweist, wird der Schatten von Phobos im Laufe eines Jahres auf verschiedene Regionen der Marsoberfläche projiziert.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Eine Teil-Animation der am 13. September auf dem Mars erfolgten partiellen Sonnenfinsternis. Der Mond Phobos streift dabei den linken Rand der Sonnenscheibe. Die für diese Animation verwendeten neun Einzelbilder wurden innerhalb von drei Sekunden zwischen 14:36:37 und 14:36:40 lokaler Marszeit von der MastCam-100, einer der beiden Hauptkameras, des Marsrovers Curiosity angefertigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Für jede gegebene geographische Breite auf der Oberfläche des Mars, welche sich zwischen 70,4 Grad Nord und 70,4 Grad Süd befindet (weiter nördlich beziehungsweise südlich ist Phobos von der Planetenoberfläche aus aufgrund seiner Bahnparameter nicht sichtbar), gibt es dabei zwei Zeitpunkte im rund 24 Monate andauernden Marsjahr, zu denen bis zu sechs Transits des Mondes erfolgen.

Das größte Problem beim Fotografieren einer Sonnenfinsternis auf dem Mars ist ein überaus präzises Timing. Deimos durchläuft die Sonnenscheibe aufgrund der geringen Entfernung zur Marsoberfläche und der hohen Umlaufgeschwindigkeit in lediglich 50 bis 60 Sekunden. Bei Phobos dauert der Vorgang dagegen sogar nur 20 bis 30 Sekunden.

Mit der Kenntnis des exakten Standortes eines Rovers auf der Marsoberfläche lassen sich die theoretischen Transitzeiten mit großer Genauigkeit vorausberechnen. Durch einen Abgleich mit den dann wirklich beobachteten, hochgenauen Transitzeiten und der exakten Position der Monde vor der Sonnenscheibe lassen sich die bisher bekannten Bahnparameter der beiden kleinen und entsprechend massearmen Begleiter unseres äußeren Nachbarplaneten noch weiter zu verfeinern.

Dies ist besonders im Falle des Mondes Phobos von besonderem wissenschaftlichen Interesse. Dieser Mond benötigt für einen vollständigen Umlauf um den Mars gegenwärtig lediglich 7 Stunden, 39 Minuten und 12 Sekunden, wobei er sich in einer Entfernung von weniger als 6.000 Kilometern über der Marsoberfläche bewegt.

Im Gegensatz zu der Umlaufbahn des Deimos befindet sich die Phobos-Umlaufbahn somit am Rand der Roche-Grenze des Mars, was zu einer langsamen Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit und zugleich zu einer stetigen weiteren Annäherung an die Planetenoberfläche führt. Laut den aktuellen Berechnungen liegt diese Annäherungsrate gegenwärtig bei etwa 1,8 Metern pro 100 Jahre. Gegenwärtig sind die aktuellen Parameter der Phobos-Umlaufbahn mit einer Genauigkeit von etwa einem Kilometer bekannt.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Diese Aufnahme des Phobos-Transits am Sol 37 fertigte die MastCam-34 um 14:36:42 lokaler Marszeit an.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Neben dem Marsrover Opportunity kann jetzt auch der am 6. August 2012 auf dem Mars gelandete neueste Rover der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der Rover Curiosity, für die Beobachtung von Phobos-Transits eingesetzt werden. Eine erste entsprechende Beobachtungskampagne erfolgte am 13. September 2012, dem Sol 37 der Curiosity-Mission. Die MastCam, so die Bezeichnung für die Hauptkamera des Rovers, konnte an diesem Tag eine partielle Sonnenfinsternis abbilden. Dabei zog Phobos nicht direkt vor der Sonne vorbei, sondern er streifte vielmehr am frühen Nachmittag lokaler Marszeit lediglich für einige Sekunden den äußersten Rand der Sonnenscheibe und bedeckte dabei etwa fünf Prozent der Sonne.

Im Rahmen dieses Ereignisses fertigte die MastCam-100, die größere der beiden Kameraoptiken, unter der Verwendung von für die direkte Sonnenbeobachtung geeigneten Spezialfiltern insgesamt 256 Einzelbilder des Transits an. Die MastCam-34, welche über lediglich ein Drittel des Auflösungsvermögens der größeren Kamera verfügt, fertigte dagegen 384 Bilder an. Während des Transits war auch die Wetterstation des Rovers, die REMS, aktiviert. Deren UV-Sensor konnte während des Transits einen Rückgang der auf der Marsoberfläche einfallenden UV-Strahlung um etwa fünf Prozent registrieren, was identisch mit dem Bedeckungsgrad der Sonnenscheibe ist.

Weitere “Beobachtungsfenster” für Phobos-Transits in diesem Jahr ergaben sich am 16. September, dem Sol 40, unmittelbar vor dem Sonnenuntergang sowie am frühen Morgen des Sol 42 unmittelbar nach dem Sonnenaufgang. An diesem Tag konnte Curiosity auch ein Transit des zweiten Marsmondes, des Mondes Deimos, erfolgreich abgebildet werden. Auch für die beiden nächsten Jahre wurden bereits die vom Gale-Krater, dem Operationsgebiet Curiositys, sichtbaren Phobos-Transits berechnet. Diese ereignen sich Mitte August 2013 und anschließend 51 Wochen später Anfang August 2014.

Laut einer Wissenschaftlergruppe um Gonzales Barderas von der Universidad Complutense de Madrid in Spanien stellen die Beobachtungen der Phobos-Transits zudem eine alternative Möglichkeit dar, um die aktuellen Standorte eines Rovers oder Landers auf der Marsoberfläche zu bestimmen. Dies wäre besonders dann von Interesse, wenn die auf der Marsoberfläche gelandeten Sonden zu klein sind, um auf den Kameraaufnahmen eines Marsorbiters erfolgreich abgebildet und aufgelöst zu werden. Mit der Kenntnis der präzisen Umlaufbahn von Phobos lässt sich der Durchmesser der Landeellipse dabei auf einen Bereich von 20 x 15 Metern einschränken.

Die hier kurz angerissenen Transit-Beobachtungsmöglichkeiten wurden heute auf dem European Planetary Science Congress 2012, einer gegenwärtig in Madrid stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt. Bilder des Phobos-Transits vom 13. September finden Sie auf der Curiosity-Missionsseite des Jet Propulsion Laboratory (JPL).

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