Curiosity nimmt den wissenschaftlichen Betrieb auf

Nach seiner Landung auf dem Mars am 6. August 2012 soll der von der NASA betriebene Rover Curiosity sein Landegebiet über einen Zeitraum von mindestens zwei Erdjahren mit 10 wissenschaftlichen Instrumenten ausführlich untersuchen und dabei ermitteln, ob auf unseren Nachbarplaneten einstmals Bedingungen geherrscht haben, welche die Entstehung und Weiterentwicklung von Leben ermöglicht haben könnten. Aber bereits auf dem Flug zum Mars werden für zukünftigen Marsmissionen wichtige Daten gesammelt.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, DLR, Universität Kiel.

NASA, JPL-Caltech
Der Strahlungsdetektor RAD soll auf dem Mars unter anderem die Strahlungsdosis bestimmen, der zukünftige Raumfahrer auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten ausgesetzt sein werden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die am 26. November 2011 gestartete nächste Marsmission der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der Rover Curiosity, wird ihr Ziel nach einem 254 Tage dauernden Flug am 6. August 2012 erreichen und voraussichtlich zwischen 6:00 und 7:00 Uhr MESZ im Gale-Krater landen. In den folgenden zwei Jahren sollen mit insgesamt 10 wissenschaftlichen Instrumenten diverse Daten gesammelt werden. Dadurch erhoffen sich die Planetenforscher unter anderem neue Erkenntnisse darüber, ob auf dem Mars einstmals „lebensfreundliche“ Bedingungen herrschten, welche die Entstehung von mikrobiologische Lebensformen ermöglichten und ob es vielleicht sogar denkbar ist, dass die Bedingungen auf dem Mars auch noch in der Gegenwart die Existenz solcher Lebensformen ermöglichen könnten.
Eines der dabei zum Einsatz kommenden Instrumente ist ein Strahlungsdetektor mit der Bezeichnung „Radiation Assessment Detector“ (kurz „RAD“). Die Aufgabe dieses unter anderem an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel entwickelten Instrumentes besteht darin, auf dem Mars die in der Planetenatmosphäre und auf der Oberfläche auftretende Strahlung zu messen. Im Gegensatz zur Erde verfügt der Mars über kein relevantes Magnetfeld, welches den Planeten ausreichend vor dieser Strahlung schützen könnte, so dass die aus dem Weltall einfallende Strahlung die Planetenoberfläche nahezu vollständig erreicht.

Diese in der Marsatmosphäre auftretende Strahlung besteht zum einen aus der galaktischen kosmischen Strahlung (GCR), welche ihren Ursprung außerhalb unseres Sonnensystems hat und zum Beispiel durch Sternexplosionen – sogenannte Supernovas – freigesetzt wird. Zum anderen besteht sie aus der solaren Strahlung, die bei bestimmten physikalischen Prozessen auf der Sonne freigesetzt wird. Diese Sonnenwinde sind auf der Erde unter anderem für die Entstehung der Polarlichter verantwortlich. Des Weiteren beinhaltet die den Mars treffende Strahlung eine sekundäre Strahlungskomponente, welche durch eine Wechselwirkung der galaktischen Strahlung und der solaren Strahlung mit der Marsatmosphäre und der Oberfläche des Planeten entsteht.

Über die Bedeutung der vorgesehenen Messungen auf dem Mars äußert sich Prof. Robert Wimmer-Schweingruber von der Universität Kiel folgendermaßen: „Das ist besonders wichtig, um bestimmen zu können, in welcher Bodentiefe eventuell frühere Lebensformen die unwirtliche Strahlungsumgebung des Mars überlebt haben oder überleben könnten.“ Mit dem RAD sollen hochenergetische atomare und subatomare Partikel, speziell die Röntgen- und Gammastrahlung, sowie Neutronen und geladene Teilchen (Ionen und Elektronen), detektiert werden. Mit den ermittelten Strahlungswerten lassen sich die bisherigen Modelle über die Wechselwirkungen der Strahlung mit der Marsatmosphäre und der Planetenoberfläche überprüfen.

NASA, JPL-Caltech
Eine künstlerische Darstellung der Cruise Stage von Curiosity auf dem Weg zu Mars.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Diese Messungen werden allerdings nicht ausschließlich bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein, ob in der Gegenwart Mikroben auf dem Mars existieren könnten. Vielmehr dienen die zu gewinnenden Daten auch der Planung einer zukünftigen bemannten Mission zu unserem Nachbarplaneten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden unter anderem dazu dienen, die zu erwartenden Strahlungsdosen zu ermitteln, denen die Raumfahrer bei zukünftigen Marsmissionen auf der Planetenoberfläche ausgesetzt sein werden. Dafür wird RAD nach der Landung von Curiosity stündlich für etwa 15 Minuten aktiv sein und entsprechende Messungen vornehmen.

Allerdings beginnen die Messungen der Strahlungswerte nicht erst nach der erfolgreichen Landung auf dem Mars. Vielmehr nutzen die an dem Instrument beteiligten Wissenschaftler bereits den etwa neun Monate dauernden Flug zum Mars, um Daten zu sammeln. Dabei sollen Daten über die Strahlungsmenge und die sich ergebende Intensität gesammelt werden, der interplanetare Raumfahrer auf dem Weg zum Mars ausgesetzt sein werden.

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Der RAD-Strahlungsdetektor in einem Labor des JPL.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

„Das RAD ist [in der gegenwärtigen Missionsphase] vergleichbar mit einem Stellvertreter für einen Astronauten in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mars“, so die Erklärung von Dr. Donald Hassler vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado, dem verantwortlichen Wissenschaftler für das RAD-Instrument. „Das Gerät befindet sich tief im Inneren der Raumsonde, vergleichbar mit der Position eines Astronauten bei einer bemannten Mission. Zu sehen, wie die Raumsonde das Strahlungsfeld beeinflusst, wird uns wichtige Informationen darüber liefern, wie man ein Raumschiff für eine zukünftige Reise zum Mars am besten konstruieren muss.“

Bisher hatten die Wissenschaftler diese im freien Weltall auftretende hochenergetische Partikelstrahlung ausschließlich mit Instrumenten messen können, welche unmittelbar an oder nahe der Außenhaut von diversen Raumsonden angebracht waren. Das RAD-Instrument wird dagegen auf dem Flug zum Mars durch verschiedenen Komponenten der Cruise Stage von der direkten Einwirkung der Weltraumstrahlung abgeschirmt. Solche Abschirmungen könnten aber eventuell auch die Entstehung von sekundären Strahlungspartikeln begünstigen, welche sich bilden könnten, sobald Partikel der kosmischen Strahlung mit der Hülle der Raumsonde kollidieren. Diese Sekundärpartikel, so die Einschätzung der Fachleute vom JPL, sind für die Crew einer bemannten Mission unter Umständen gefährlicher als die ursprünglich auftretenden Strahlungsteilchen.

Das RAD-Instrument nahm den Betrieb bereits am 6. Dezember 2011 auf. Seitdem werden alle 24 Stunden wissenschaftliche Daten des Instruments an das in Pasadena/Kalifornien befindliche Kontrollzentrum der Mission übermittelt. „Die ersten Datenpakete von RAD sehen vielversprechend aus“, so Donald Hassler. „Wir erkennen darin einen starken Fluss an Strahlung, welcher etwa vier mal höher ausfällt als die Strahlung, welche von dem RTG [der atomaren Energiequelle des Rovers] auf der Startrampe erzeugt wurde. Es ist sehr aufregend, den Beginn der wissenschaftlichen Mission des Rovers mitzuerleben.“

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist als Partner der NASA an der Curiosity-Mission beteiligt. Es förderte die Entwicklung der Sensoreinheit des RAD-Instruments an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR in Köln. Die Entwicklung der Sensoren erfolgte in enger Kooperation mit der in München ansässigen Firma Kayser-Threde. Die Entwicklung wurde zudem durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Die finanzielle Gesamtsumme des Kieler Projektes beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Euro. Für die Entwicklung der Elektronikeinheit von RAD war dagegen das Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder, Colorado verantwortlich.
Am heutigen 14. Dezember befindet sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 5,3 Millionen Kilometern zur Erde. Relativ zur Erde liegt ihre Geschwindigkeit momentan bei etwa 12.000 Kilometern pro Stunde, relativ zur Sonne bei etwa 117.000 Kilometern pro Stunde. Seit seinem Start hat Curiosity mittlerweile über 51 Millionen Kilometer der insgesamt etwa 567 Kilometer langen Strecke bis zum Mars überbrückt. Das erste, ursprünglich bereits für den 10. Dezember 2011 vorgesehene Kurskorrekturmanöver soll laut dem JPL Mitte Januar 2012 erfolgen.

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