Es klingt nach Hollywood: ein gefährlicher Asteroid rast auf die Erde zu und Wissenschaftler bemühen sich, die Gefahr abzuwenden – mit einem anderen Asteroiden. Genau das schlagen zwei französische Wissenschaftler vor. Sie wollen einen kleinen Asteroiden einfangen und ihn für diesen Zweck im erdnahen Raum „parken“.
Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: New Scientist.
Eine zweite Gruppe von Forschern hält es für einfacher und effektiver, ein Raumschiff in den Asteroiden zu jagen. Andere Experten warnen vor dem Risiko beider Pläne, dass Teile des zerstörten Asteroiden die Erde treffen könnten, befürworten aber die Notwendigkeit von staatlichen Strategien für die Asteroidenabwehr.
Relativ kleine Asteroiden mit einem Durchmesser von weniger als 100 Metern treffen die Erde alle paar hundert Jahre. Trotzdem können sie tödliche Auswirkungen haben. Ein solcher Aufprall in einem glücklicherweise unbewohnten Gebiet in Sibirien im Jahr 1908 hatte die Sprengkraft von 1000 Atombomben.
„Asteroideneinschläge sind selten, können aber sehr viele Menschen töten,“ sagt Dan Durda vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. „Und wir können die Verluste zu 100 Prozent verhindern.“
Verschiedene Pläne zur Asteroidenabwehr sind über die Jahre formuliert worden. Zum Beispiel könnten Laser oder riesige Spiegel im Weltraum verwendet werden, um Eis auf der Oberfläche von Asteroiden zu verdampfen. Die daraus resultierenden Jets sollen den Asteroiden von der Erde weg lenken. Ein zur Hälfte angestrichener Asteroid könnte Wärme unterschiedlich abstrahlen und so ebenfalls den Kurs ändern.
Viele dieser Pläne funktionieren jedoch nur mit einer Vorwarnzeit von mehreren Jahren, um die Asteroidenbahnen ausreichend zu verändern. “Wenn ein großer Asteroid weniger als ein Jahr vor dem Aufprall entdeckt wird, hilft möglicherweise nur noch ein großes Abwehrgeschoss“, sagt Durda.
Für diesen Fall haben Didier Massonnet und Benoît Meyssignac vom französischen Zentrum für Weltraumstudien ihren Plan entwickelt. Sie schlagen vor, einen Asteroiden mit einem Durchmesser von 40 Metern einzufangen und in einem der stabilen Lagrange Punkte, 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, zu parken.
Wird ein größerer Asteroid auf Kollisionskurs entdeckt, könnte dieser kleine Asteroid innerhalb von acht Monaten auf einen Abfangkurs gebracht werden. Dieser Rettungsanker ist zu klein, um im Falle eines Fehlers beim Einfangen auf der Erde Schaden anzurichten.
Andere Experten halten den Plan nicht für realistisch. Um zu funktionieren, benötigt der Plan einen kleinen Roboter auf der Oberfläche des Asteroiden, um Gestein in beträchtlicher Geschwindigkeit vom Asteroiden zu schleudern und diesen abzubremsen beziehungsweise für die Asteroidenabwehr wieder zu beschleunigen. Das Einfangen würde ein Jahr dauern, währenddessen der Roboter etwa 66 Prozent der Masse des Astroiden bewegen müsste.
„Eine Maschine die alleine auf der staubigen und felsigen Oberfläche eines fremden Himmelskörpers arbeitet, ist sehr schwer zu konstruieren“, sagt Durda. Gerhard Hahn und Ekkehard Kührt vom deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum teilen diese Meinung. „Es klingt nach Science Fiction“, sagen sie.
Dario Izzo, ein ESA Ingenieur der niederländischen Arbeitsgruppe für Fortschrittliche Konzepte hält das Einfangen des Asteroiden für technisch machbar. „Wir können es schaffen, aber es wäre sehr, sehr teuer.“
Izzo arbeitet an einer Strategie auf der Grundlage der Don Quijote Mission. Diese Mission bringt ein Raumschiff in die Umlaufbahn eines Asteroiden um zu beobachten, wie dieser von einem weiteren getroffen wird. Don Quijote soll die entsprechende Technologie demonstrieren, langfristig arbeitet Izzos Team aber an der Entwicklung eines Impaktors, um einen gefährlichen Asteroiden abzulenken.
Als Simulation verwendete das Team die Bahndaten von Apophis, einem 400 Meter großen Asteroiden, der die Erde im Jahr 2029 passieren wird. Dieser Vorbeiflug könnte die Flugbahn des Asteroiden ändern, so dass er bei seiner Wiederkehr im Jahr 2036 tatsächlich die Erde treffen könnte – mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 500.
Das Team zeigte in ihren Simulationen, wie stark Apophis durch ein 700 Kilogramm schweres Geschoss abgelenkt werden kann. „Wir fanden viele Bahnmöglichkeiten und Startfenster die uns eine Ablenkung des Asteroiden erlauben“, sagt Izzo. Würde das Abfangschiff 2026 starten, könnte es Apophis treffen und seine Geschwindigkeit um 0,01 Millimeter pro Sekunde verringern – eine geringe Änderung, jedoch groß genug, um eine Kollision zwischen Erde und Apophis zu verhindern.
Der NASA-Astronaut und Physiker Ed Lu hält jeden Plan, der den Beschuss eines Asteroiden beinhaltet, für riskant. „Einige der Fragmente des Asteroiden könnten auf ihrer ursprünglichen Bahn bleiben und die Erde treffen“, sagte er gegenüber New Scientist.
„Ist es wirklich realistisch, dass wir eine Methode wählen würden, die das Problem möglicherweise noch vergrößert?“, fragt Lu. Er hatte in der Vergangenheit einen eigenen Plan zur Asteroidenabwehr präsentiert. Er hält es für möglich, ein Schiff in die Nähe eines Asteroiden zu bringen und diesen mit der Anziehungskraft des Schiffes aus der Bahn zu lenken.
Gegenwärtig hat die US-Regierung noch keine Agentur damit beauftragt, sich um Gefahrenabwehr zu kümmern. Aber die NASA versucht die Größe dieser Gefahr einzuschätzen.
Es wird erwartet, dass die Suche nach potentiell gefährlichen Asteroiden von mehr als einem Kilometer Durchmesser bis 2008 abgeschlossen sein wird. Durda hat noch keine Fördergelder bekommen, kleinere Asteroiden ab 140 Metern Durchmesser zu finden.