Das Space Shuttle Atlantis: Eine Erfolgsgeschichte

Nach 32 Flügen, über 25 Jahren Betriebszeit und Millionen von Kilometern um unseren Globus ist die Zeit für das Shuttle Atlantis gekommen, am Boden zu bleiben. Dies ist die Geschichte der Atlantis und ihrer größten Missionen.

Ein Beitrag von Klaus Donath. Quelle: NASA. Vertont von Peter Rittinger.

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Der letzte Start der Atlantis am 14.05.2010 zur STS-132-Mission
(Bild: NASA)

Egal ob es um den Start neuer Satelliten oder gar Raumsonden ging, ob riskante Reparatur-Missionen an Weltraumteleskopen oder neue bemannte Labore im Erdorbit. Das Space Shuttle Atlantis war ein großartiges Arbeitspferd für die NASA über die letzten 25 Jahre mit Ungewissheiten, Pannen während der Missionen aber eben auch dem enormen Wissensgewinn der damit verbunden ist, wenn der Mensch an die Grenze des Machbaren geht.

Es war US-Präsident George W. Bush der im Januar 2004 das Ende des Shuttle-Programmes und damit auch das Ende der Atlantis verkündete. Es sollte ursprünglich dem, 2010 ebenfalls gestrichenen, Constellation-Programm Platz machen. Früheren Planungen nach sollte das Ende der Atlantis bereits 2008 sein, da zu diesem Zeitpunkt eine größere Wartungsperiode angesetzt war, welche normalerweise über ein Jahr Zeit in Anspruch nimmt. Der Orbiter sollte danach als Ersatzteillager für die beiden anderen Shuttles dienen. 2007 wurde dann aber entschieden, einen Großteil der anfallenden Arbeiten in die normalen Wartungsphasen zwischen den Missionen zu schieben und damit konnte das nächste Wartungsintervall von 2008 auf Anfang 2011 verschoben werden. Ausreichend um alle noch ausstehenden Missionen zu fliegen.

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Die Atlantis während Ihrer Konstruktion
(Bild: NASA)

Die Konstruktion von OV-104 (Atlantis) begann im März 1980, noch bevor überhaupt ein Space Shuttle je geflogen war. 5 Jahre waren nötig, bevor Rockwell es der NASA mit Hilfe einer Boeing 747 huckepack am 13. April 1985 übergeben konnte. Dabei flossen in den Bau bereits die Erfahrungen ihrer Schwesterschiffe Enterprise, Challenger und Columbia ein. Als Resultat wog sie 3,2 Tonnen weniger als die Columbia, dem ersten geflogenen Shuttle und konnte mit fast 50% weniger Arbeitsstunden beim Bau auskommen.

Namensvetter der Atlantis war die RV Atlantis, ein zweimastiges Segelschiff und das erste welches für ein ozeanografischen Institut in den USA fuhr (Woods Hole Oceanographic Institution). Im Laufe der Dienstzeit gab es 2 größere Generalwartungen (OMDP – Orbiter Maintenance Down Period), bei denen die Atlantis wieder mit den neusten Technologien ausgestattet wurde. Dazu wurde bei der ersten Wartungsperiode 1992 ein Bremsfallschirm installiert sowie Equipment, um die Aufenthaltsdauer im All zu verlängern (EDO package). Letzteres wurde jedoch bei der zweiten OMDP 1997 wieder entfernt, um Gewicht einzusparen für die Flüge zur ISS. Zudem wurde bei der zweiten Generalüberholung auch ein sogenanntes Glascockpit installiert, also Flachbildschirme und eine leicht geänderte Menüführung. Zudem konnte das Navigationssystem von TACAN auf GPS umgestellt werden und man nutzte die Gelegenheit noch, um Atlantis mit dem Docking Adapter auszustatten der nötig war, um an der Internationalen Raumstation andocken zu können.

Atlantis’ erste Mission, STS-51J, war zugleich der zweite Flug eines Shuttles für das US-Verteidigungsministerium. Dabei konnte der Kommunikationssatellit DSCS III 1985 in einem Orbit in 591 km Höhe ausgesetzt werden. Nur bei 3 von 6 Shuttle-Missionen zum Weltraumteleskop Hubble ging es für Space Shuttle überhaupt höher hinaus.

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Die fehlende Hitzeschutzkachel nach der Landung von STS 27 hätte beinahe zur Katastrophe geführt
(Bild: NASA)

Bei der dritten Mission im Dezember 1988, STS 27, wäre es beinahe zu einer Katastrophe gekommen. Etwa 85 Sekunden nach dem Start löste sich ein Stück Isolation des rechten Feststoffmotors und traf die Atlantis. Vor der Landung wurden die Astronauten daher angewiesen, einen Teil des Hitzeschutzes mit Hilfe des Roboterarmes zu untersuchen. Aufgrund der Geheimhaltung der Mission konnten nur verschlüsselte und schlecht aufgelöste Bilder zum MCC (Mission Control Center) gesendet werden. Die Beschädigungen wurden fälschlicherweise als Lichter und Schatten interpretiert und eine Landung für unproblematisch erklärt. Bei der Besichtigung nach dem Wiedereintritt konnten Schäden an etwa 700 Kacheln festgestellt werden, eine fehlte völlig. Nur, weil an dieser Stelle eine Verankerung für eine Antenne war und damit etwas dickere Metallplatten das Durchschmelzen des heißen Plasmas verhindert hatten, konnte die Atlantis sicher landen.

Doch zur Geschichte der Atlantis gehören auch große Erfolge. So konnte Atlantis bei STS 30, im Jahre 1989, die erste interplanetare Sonde innerhalb des Shuttle-Programmes aussetzen. Die Sonde Magellan erreichte ihr Ziel, die Venus, etwa ein Jahr nach dem Aussetzen durch die Atlantis. Eine zweite interplanetare Sonde konnte Atlantis schon bei Ihrer nächsten Mission, STS 34, aussetzen. Die Raumsonde Galileo konnte den Jupiter und seine Monde erstmals längere Zeit genauer untersuchen.

1995 schließlich koppelte die Atlantis während der Mission STS 71, übrigens der 100. bemannte amerikanische Start, erstmals mit der russischen Raumstation MIR, was diesen Verbund zu dem bis dahin größten Objekt im Erdorbit machte. Insgesamt koppelte die Atlantis auf 7 Missionen mit der russischen Raumstation und legte somit das Fundament für die spätere Zusammenarbeit an der ISS.

Nach dem Columbia-Unfall 2003 wurde beschlossen, nur noch Flüge zur ISS durchzuführen. Davon konnte die Atlantis insgesamt 10 absolvieren und brachte dabei wichtige Module wie das amerikanische Wissenschaftslabor Destiny aber auch das europäische Forschungsmodul Columbus sicher zur Raumstation ISS. Ein weiteres enorm wichtiges Modul gelangte am 12. Juli 2001 mit STS 104 in den Orbit. Die amerikanische Luftschleuse Quest war die Basis für alle kommenden Weltraumausstiege auf amerikanischer Seite bezüglich der ISS.

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Spektakuläre Aufnahme von der Wartungsmission STS 125
(Bild: NASA)

Allerdings gab es eine kleine Ausnahme bei der Regelung „ISS only“. Die Wissenschaftsgemeinde machte massiv Druck auf die NASA, um das alternde Weltraumteleskop Hubble noch einmal zu warten und damit dessen Einsatzzeit zu verlängern, bis der Nachfolger „James-Webb-Telescope“ in All gebracht werden kann. Die Raumfähre Atlantis ergatterte diese letzte Wartungsmission und damit auch die letzte Shuttle-Mission, welche nicht zur internationalen Raumstation führte. Gleichzeitig war dies auch der erste Besuch der Atlantis bei Hubble, denn bei den vorhergehenden Wartungsmissionen wurden nur die Schwesterschiffe Discovery und Endeavour bzw. Columbia eingesetzt. Letztere sollte das Teleskop ursprünglich auch wieder zurück mit auf die Erde nehmen, aber dieser Plan wurde nach dem Unfall verworfen. Stattdessen installierte die Crew der Atlantis einen Dockingadapter der es später einmal ermöglichen soll, dass zukünftige Raumfahrzeuge die Aufgabe des geordneten Deorbit übernehmen können. Bei dieser Mission führte die Atlantis in ihrer Nutzlastbucht auch eine IMAX-Kamera mit sich woraus der IMAX-Film „Hubble 3D“ entstand. Aufgrund der großen Orbithöhe und der fortgeschrittenen Technologie im Bereich der Digitalfotografie entstanden auch beeindruckende Fotoaufnahmen. Ein Blick in das NASA-Archiv für Shuttle-Missionen lohnt sich bei STS 125 besonders. Den Link dazu gibt es am Ende des Artikels.

Nach dieser letzten Mission zum Hubble-Teleskop standen schließlich nur noch 2 weitere Missionen für die Atlantis auf dem Plan sowie eine eventuelle Rettungsmission. Bei STS 129 lieferte die Atlantis noch einmal viele externe Ersatzteile zur ISS, wie zum Beispiel einen Ammoniaktank oder auch Gyroskope zur Lageregelung. Den letzten geplanten Flug absolvierte die Atlantis vom 14. bis 26.05.2010 mit STS 132. Dabei brachte sie das russische Erweiterungsmodul Rasswjet zur Station. Die Atlantis landete sicher am 26. Mai und wird, um zur Not als Rettungsshuttle für die STS-134-Mission bereit zu stehen, noch einmal in der OPF (Orbiter Processing Facility) gewartet und in Stand gesetzt. Good Bye Atlantis!

Fakten:

  • Der Name: Benannt nach dem Forschungsschiff RV Atlantis
  • Produktion gestartet: 30. März 1980
  • Erster Flug: 3. Oktober 1985
  • Zurückgelegte Strecke: über 190.000.000 km
  • Tage im Orbit: 294
  • Anzahl an Erdumrundungen: 4.654
  • Anzahl an Flügen: 32
  • Anzahl an transportierten Astronauten: 185
  • Kopplungen mit der MIR: 7
  • Kopplungen mit der ISS: 10

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