Der Emissionsnebel NGC 2736

Eine bereits letzte Woche von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt den Emissionsnebel NGC 2736. Hierbei handelt es sich um einen Teil eines ringförmigen Überrestes einer Supernovaexplosion, welche sich vor etwa 11.000 Jahren ereignete.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO. Vertont von Peter Rittinger.

ESO,  IAU, Sky & Telescope
Die Konstellation des Sternbildes Segel des Schiffs. Der rote Kreis markiert die Position des „Bleistiftnebels“ NGC 2736.
(Bild: ESO, IAU, Sky & Telescope)

Trotz der stillen und scheinbar unveränderlichen Schönheit, welche der nächtliche Sternhimmel seinen Betrachtern vermittelt, ist das Universum alles andere als ein unveränderlicher Ort. In einem schier endlosen Kreislauf entstehen seit Jahrmilliarden immer wieder neue Sterne, welche sich anschließend über Zeiträume von Millionen und Milliarden Jahren entwickeln um schließlich wieder zu erlöschen. Unter bestimmten Voraussetzungen endet das „Leben“ eines Sternes im Rahmen einer gigantischen Explosion – einer so genannten Supernova. Die Materie, welche im Rahmen einer solchen Supernova-Explosion in das umgebende Weltall geschleudert wird, erzeugt dabei für den irdischen Betrachter zeitweise wundervolle Beobachtungsobjekte. Eine Aufnahme eines solchen Objektes wurde von der Europäischen Südsternwarte (ESO) bereits in der letzten Woche veröffentlicht.

Diese neue Aufnahme, welche mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La-Silla-Observatorium der ESO in Chile angefertigt wurde, zeigt den „Bleistiftnebel“ vor einem dichten Sternhintergrund. Diese seltsam geformte Wolke, welche offiziell auch die Katalogbezeichnung NGC 2736 trägt, wurde bereits am 1. März 1835 von dem britischen Astronomen John Herschel von Südafrika aus entdeckt. Herschel beschrieb ihn dabei als „einen außergewöhnlich langen und schmalen, aber äußerst schwachen Strahl aus Licht“.

In Wirklichkeit handelt es sich bei NGC 2736 um einen Emissionsnebel, welcher einen Teil eines Supernovaüberrestes darstellt. Der Nebel befindet sich in einer Entfernung von etwa 815 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem in dem nur von der südlichen Hemisphäre aus zu beobachtenden Sternbild „Segel des Schiffs“ (lat. Vela) und verfügt über eine Winkelausdehnung von 30 x 7 Bogenminuten, was einem Durchmesser von etwa 0,75 Lichtjahren entspricht. Der hellste Teil des Nebels ähnelt in seinem Aussehen in der Tat einem Bleistift. Die gesamte Struktur erinnert dagegen vielmehr an eine Art „kosmischer Hexenbesen“.

ESO, J. Emerson, VISTA. Acknowledgment: Cambridge Astronomical Survey Unit
Diese Aufnahme des Emissionsnebels NGC 2736 wurde mit dem Wide Field Imager, einer astronomischen Kamera am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop am La-Silla-Observatorium der ESO, angefertigt. Die leuchtenden Filamente haben sich aus Material gebildet, welches bei einer Supernovaexplosion vor etwa 11.000 Jahren ausgestoßen wurde.
(Bild: ESO)

Dieser Emissionsnebel ist die sich immer noch ausdehnende Hülle einer Supernovaexplosion, der so genannten Vela-Supernova, welche sich vor etwa 11.000 Jahren ereignet hat. Ursprünglich bildete sich dabei bedingt durch die Explosion eines Sternes eine Stoßfront, welche anfangs mit einer Geschwindigkeit von mehreren Dutzend Millionen Kilometern pro Stunde durch das Weltall raste. Diese Stoßwelle traf dabei auf interstellare Gase, welche den Raum zwischen den Sternen ausfüllen. Trotz der äußerst geringen Konzentration solcher interstellarer Gase wurde die Stoßwelle durch die Kollisionen stark abgebremst und es bildete sich eine Schockfront, in welcher sich seltsam geformte Nebelfetzen bildeten.

Der Bleistiftnebel, welcher sich gegenwärtig immer noch mit einer Geschwindigkeit von rund 650.000 Kilometern pro Stunde durch das interstellare Medium bewegt, ist der hellste Teil der Überreste der Vela-Supernova. Die Geschwindigkeit, mit der er sich durch das Weltall bewegt, ist in Kombination mit der relativ geringen Entfernung zur Erde so groß, dass sich die Position des Nebels am Himmel im Vergleich zu den Hintergrundsternen während eines Menschenlebens wahrnehmbar verschiebt. Auch nach mittlerweile 11.000 Jahren verändert diese Supernovaexplosion somit immer noch das Antlitz des Nachthimmels.

Das von der ESO veröffentlichte Bild zeigt nicht nur lange, bogenförmige Filamente, sondern auch kleine, helle Knoten und Flecken aus diffusen Gasansammlungen. Sein hell leuchtendes Erscheinungsbild verdankt der Nebel dichteren Gasregionen, welche von der Schockwelle der Supernova regelrecht überrollt wurden. Wo diese Welle auf das interstellare Gaskonzentrationen traf, heizte sie diese auf Temperaturen von mehrere Millionen Grad Celsius auf. Obwohl sich die interstellaren Gase mittlerweile bereits wieder abkühlen, kann das so angeregte Leuchten immer noch auf fotografischen Abbildungen erkannt werden.

Die dabei sichtbaren unterschiedlichen Farben ermöglichen es den Astronomen, die Temperaturen der Gase innerhalb des Nebels zu kartieren. Einige Bereiche sind demzufolge nach wie vor noch so heiß, dass ihr Leuchten – in diesem Bild in blauen Farbtönen dargestellt – vornehmlich von ionisierten Sauerstoffatomen stammt. Kühlere Regionen lassen sich dagegen anhand ihres rötlich schimmernden Wasserstoffgases identifizieren.

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