Vom 7. bis zum 12. September 2014 findet in der Nähe von Lissabon der mittlerweile neunte European Planetary Science Congess statt. Hierbei werden bis zu 800 Teilnehmer aus der weltweiten Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher erwartet, welche im Rahmen dieses internationalen Kongresses unter anderem den Vorträgen von führenden Wissenschaftlern und Mitarbeitern verschiedener in die planetare Forschung involvierter Institute und Universitäten beiwohnen werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Europlanet, EPSC 2014.
Diverse Raumsonden und Rover, welche mit hochauflösenden Kamerasystemen, hochmodernen Messinstrumenten, immer intelligenteren Sensoren und leistungsfähigeren Softwareprogrammen ausgerüstet sind, dringen gegenwärtig immer tiefer in die Weiten unseres Sonnensystems vor. Sowohl verschiedene Weltraumteleskope wie zum Beispiel das Hubble Space Telescope oder das Spitzer-Teleskop als auch erdgestützte Groß-Teleskope liefern zudem ständig neue Fotoaufnahmen und Daten über die Planeten, Monde, Kometen und Asteroiden unseres heimatlichen Sonnensystems und erfassen mit ihren innovativen Aufnahmetechniken mittlerweile auch vermehrt die Exoplaneten, welche fremde und oftmals viele hunderte Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegene Sterne umkreisen.
Mittlerweile vergeht dabei kaum noch ein Tag, an dem nicht neue Forschungsdaten, atemberaubende Bilder und sensationelle Erkenntnisse aus dem weiten Forschungsfeld der Planetologie veröffentlicht werden, welche sowohl die in die Planetenforschung involvierten Experten als auch die interessierte Öffentlichkeit begeistern.
Aus diesen neu gewonnenen Daten, aber teilweise auch aus bereits mehrere Jahrzehnte alten Messergebnissen, leiten die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unseres Planetensystems und des Universums sowie über die physikalischen, chemischen und geologischen Eigenschaften der einzelnen planetaren Objekte ab. Gleichzeitig ergeben sich dabei aber mit jeder erhaltenen Antwort fast automatisch auch immer wieder neue Fragestellungen, welche durch weitere Forschungen und durch zukünftige Raummissionen beantwortet werden sollen.
Vom 7. bis zum 12. September 2014 wird sich die weltweite Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher im Rahmen des diesjährigen „European Planetary Science Congress“ (kurz „EPSC“) neben der Präsentation weiterer neuer Forschungsergebnisse genau solchen neu aufgetretenen Fragen widmen und dabei nach Wegen suchen, um diese im Rahmen zukünftiger Forschungsprojekte und Weltraummissionen zu beantworten.
Durch den mittlerweile seit dem Herbst 2006 regelmäßig stattfindenden EPSC-Kongress ergibt sich die Gelegenheit, Fachkräfte aus den verschiedensten Bereichen der Planetenforschung – Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure der einzelnen gegenwärtig aktiven und für die Zukunft geplanten interplanetaren Missionen, Fachleute für bodengebundene astronomische Beobachtungen und überwiegend in den verschiedensten theoretischen Arbeitsbereichen tätige Forscher – an einem Ort zu einem gegenseitigen Wissens- und Gedankenaustausch zusammenzuführen.
Der EPSC-Kongress ist der größte regelmäßig in Europa stattfindende Kongress der Planetenforscher. Für den EPSC-Kongress 2014, welcher in diesem Jahr auf dem Gelände des Estoril Congress Center in Cascais in der Nähe der portugiesischen Hauptstadt Lissabon stattfindet, haben sich rund 800 Teilnehmer aus Europa und den USA, aber zum Beispiel auch aus Russland, China und Japan angekündigt. Die von Montag bis Freitag stattfindende Fachtagung beinhaltet mehr als 50 verschiedenen Sessions und mehrere, auf spezielle Themen ausgerichtete Splinter-Meetings und Workshops, welche ein umfassendes Themenspektrum abdecken werden.
Die darin enthaltenen über 800 Beiträge, welche in Form kurzer mündlicher Vorträge oder im Rahmen einer Posterpräsentation dargebracht werden, reichen vom Themenbereich der Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun sowie deren Ringsystemen, Atmosphären und Monden über die sogenannten terrestrischen – also erdähnlichen – Planeten Merkur, Venus und Mars und über unseren Erdmond bis hin zu den kleinsten Objekten unseres Sonnensystems, den Asteroiden, Kometen und Meteoren.
Ein besonderer Höhepunkt dürfte dabei die Präsentationen der jüngsten Forschungsergebnisse der Raumsonde Rosetta sein, welche erst am 6. August 2014 nach einem mehr als zehnjährigen Flug durch unser Sonnensystem den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erreichte. Einen weiteren Themenschwerpunkt bilden die Ergebnisse der Raumsonde Cassini, welche sich bereits seit mehr als zehn Jahren in einer Umlaufbahn um den Saturn befindet.
Aber auch neueste Erkenntnisse aus dem Themenbereich der Exoplanetenforschung, aktuelle Forschungsergebnisse aus der Astrobiologie und diverse Feldforschungsstudien sollen vorgestellt und dabei im Rahmen der jeweiligen Vorträge kurz diskutiert werden. Ebenso werden auch die technischen Aspekte zukünftiger Raum-Missionen bei dem Kongress nicht außer Acht gelassen. Neben den technischen Erfahrungen der aktuellen Missionen wird im Rahmen mehrerer Workshops auch ein Austausch über zukünftige Raummissionen stattfinden.
So werden die Wissenschaftler und Ingenieure zum Beispiel über die Zielsetzungen zukünftiger Missionen oder die technischen Möglichkeiten von Orbitern, Landern und Rovern bei der Erforschung fremder Planeten und Monde und die mit der Planung und Durchführung solcher Missionen verbundenen Probleme diskutieren. Neben der ExoMars-Mission, welche aus einem 2016 zu startenden Marsorbiter und einem Rover – angepeilter Starttermin ist das Jahr 2018 – besteht, wird hierbei unter anderem auch die zukünftige Merkurmission BepiColombo erörtert, welche im Juli 2016 zu dem innersten und zugleich kleinsten Planeten unseres Sonnensystems aufbrechen soll.
Um die Gespräche und Diskussionen der Beteiligten in einer möglichst entspannten Atmosphäre zu ermöglichen, wurde für den diesjährigen Kongress – wie auch bereits in den Vorjahren – erneut ein vielfältiger Mix aus teilweise parallel stattfindenden Vorträgen, Workshops, Splinter-Meetings, Panels und Posterpräsentationen als Veranstaltungsform gewählt.
Die Zusammenarbeit von „Profis“ und „Amateuren“
Ein spezieller Themenkomplex wird sich dabei erneut der Zusammenarbeit der professionellen Wissenschaftler mit der internationalen Gemeinde der Amateurastronomen und „Hobbyplanetologen“ widmen. Diese Zusammenarbeit erwies sich in den vergangenen Jahren bereits als sehr produktiv und erstreckte sich dabei speziell auf die Beobachtung der Planeten Jupiter und Saturn, wo Amateurastronomen wertvolle Fotoaufnahmen über Kometen- und Asteroidenimpakte (Jupiter) oder das aktuelle Wettergeschehen (Saturn) liefern konnten, welche aufgrund der limitierten Beobachtungszeiten in diesem Umfang nicht mit professionellen Instrumenten hätten angefertigt werden können.
Aber auch bei der gezielten und regelmäßig erfolgenden Beobachtung des Mondes, der Venus, von Kometen oder von Meteoren und der Bestimmung von deren Fallraten sind Amateurastronomen gefragt und werden dabei aktiv in professionelle Beobachtungsprogramme eingebunden. Ein derzeit besonders aktuelles Beispiel hierfür bietet die Mission Rosetta, wo Amateurastronomen eine wichtige Rolle bei der Beobachtung des Zielkometen einnehmen. Details hierzu finden Sie in diesem Blog-Eintrag der ESA zur Rosetta-Mission.
Außerdem soll der EPSC-Kongress dazu dienen, um neue Ideen zu entwickeln, welche der Verbesserung des sogenannten „Public Outreach“, der Verbreitung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die gleichzeitig erfolgende Einbindung der interessierten Öffentlichkeit in die damit verbundenen Arbeiten der beteiligten Wissenschaftler der verschiedenen europäischen Forschungsinstitute, dienen. Durch eine innovative Öffentlichkeitsarbeit – so das Ziel – sollen die Aktivitäten der mit der Planetenforschung beschäftigten Wissenschaftler bei den Bürgern, bei der Industrie und nicht zuletzt auch bei den für die Vergabe der benötigten Finanzmitteln verantwortlichen politischen Entscheidungsträgern mehr Beachtung finden.
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Parallel zu dem Kongress findet ebenfalls am Estoril Congress Center vom 8. bis zum 12. September das Astronomy Education Alliance Meeting statt. Zudem werden in der Region Cascais/Estoril in den nächsten Tagen mehrere öffentliche Veranstaltungen stattfinden. Aber auch ein direkter Besuch des Kongresses und eine Teilnahme an den diversen Vorträgen ist für Interessierte möglich.
Der nächste „European Planetary Science Congress“ findet im Jahr 2015 vom 27. September bis zum 2. Oktober in Nantes/Frankreich statt und wird wie bereits im Herbst 2011 am dortigen Kongresszentrum abgehalten.
Verwandte Website:
- EPSC-Kongress 2014 (engl.)