Der unmögliche Planet

Ein neu entdeckter Planet stellt Astronomen vor ein Rätsel: Der Stern HD 106906 wird von einer Gaskugel umkreist, die ihr Muttergestirn in einem viel zu großen Abstand umkreist. Seine Umlaufbahn lässt sich mit den bisherigen Theorien zur Entstehung von Planetensystemen nicht erklären.

Ein Beitrag von Hans Lammersen. Quelle: WeltderPhysik.de.

NASA/jpl
Illustration des Planeten HD 106906b
(Bild: NASA/jpl)

Der etwa 300 Lichtjahre entfernte Planet HD 106906b wurde von einem Team internationaler Wissenschaftler mithilfe des Magellan-Teleskops in Chile und unter Verwendung älterer Daten des Hubble-Teleskops entdeckt bzw. verifiziert. Die Umlaufbahn des Riesen mit der elffachen Masse des Jupiter liegt sehr weit vom Muttergestirn entfernt. Er umkreist seinen Stern in einer Entfernung von 650 Astronomischen Einheiten, das sind etwa 100 Milliarden Kilometer. Die Astronomen haben nun das Problem, dass keine der ihnen zur Verfügung stehenden Theorien der Entstehung von Planetensystemen eine so extreme Umlaufbahn erklären kann. Nach Berechnungen läuft in einem derartig großen Abstand von einem Stern die Verdichtung der ursprünglichen Gas- und Staubscheibe so langsam ab (wenn überhaupt), dass eigentlich kein Planet entstehen könnte. Außerdem scheint HD 106906b eine Art Entwicklungsvorsprung vor dem Rest des Planetensystems zu haben. Sein Stern ist erst etwa 13 Millionen Jahre alt und die Astronomen konnten nachweisen, dass er noch eine Gas- und Staubscheibe hat. Also scheint sich dort gerade ein Planetensystem zu entwickeln. Hätte sich der Planet im Inneren des Systems gebildet und wäre im Laufe der Zeit nach außen gewandert, dann hätte sich auch die Staubscheibe auflösen müssen.

Vanessa Bailey
Das Entdeckungsbild des Planeten HD106906b: Um den Stern herum ist zum Vergleich die Umlaufbahn des Planeten Neptun eingezeichnet. Neptun ist im Durchschnitt 30 Astronomische Einheiten (eine Astronomische Einheit [engl. AU = Astronomical Unit] ist die Entfernung Erde – Sonne = 149 Millionen Kilometer) von der Sonne entfernt. Man sieht deutlich die extreme Entfernung des neu entdeckten Planeten.
(Bild: Vanessa Bailey)

Eine mögliche Lösung des Problems lautet, dass es sich bei dem aufgefundenen Planeten um einen verhinderten Stern handelt, einen so genannten Braunen Zwerg, der nie eine genügend große Masse hatte, um die Kernfusion zu zünden. Dann würde es sich bei dem Stern HD 106906 um ein Doppelsternsystem handeln. Der Erfahrung nach haben die Komponenten eines Doppelsternsystems allerdings ein Masseverhältnis von etwa 10 : 1. Die beiden Komponenten von HD 106906 haben ein Masseverhältnis von etwa 100 : 1 und widersprechen damit auch den Theorien zur Bildung von Doppelsternsystemen.

Die Astronomen kenne bereits einige Systeme, die nur schwer in ihre Theoriegebäude passen, allerdings ist HD 106906 b die bisher härteste Nuss. Derzeit wird von den Wissenschaftlern trotz aller Widersprüche die Doppelsternhypothese favorisiert.

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