DLR und LRZ: Kooperation TERRA_Byte

Eines der größten europäischen Höchstleistungsrechenzentren – das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften – und die größte Raumfahrtforschungseinrichtung Europas – das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – kooperieren in Zukunft bei der Auswertung der enormen Datenmengen, die Erdbeobachtungssatelliten im Zusammenspiel mit weiteren globalen Datenquellen wie den sozialen Netzwerken täglich über den Zustand unseres Planeten erfassen. Eine Pressemitteilung des DLR.

Quelle: DLR.

Alessandro Podo, LRZ
Bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung (v.l.n.r):Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller, Vorsitzender des Direktoriums des Leibniz-Rechenzentrums, Prof. Dr. Thomas O. Höllmann, Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bernd Sibler, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Prof. Dr. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand Raumfahrtforschung und –technologie und Prof. Dr. Stefan Dech, Direktor des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums des DLR.
(Bild: Alessandro Podo, LRZ)

„Die Zusammenarbeit ist ein Meilenstein für die Münchner Wissenschaftslandschaft und den Forschungsstandort Bayern“, betonte Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler anlässlich der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages der beteiligten Partnereinrichtungen am 27. Mai 2019 in Garching bei München. „Diese Kooperation verdeutlicht, wie groß die Potenziale unserer Forschungseinrichtungen in Garching und Oberpfaffenhofen sind! Beide Institute leisten herausragende, international beachtete Arbeit. Ihr gemeinsames Projekt eröffnet nun völlig neue Möglichkeiten, um den globalen Wandel und seine Auswirkungen auf unsere Region umfassend zu erforschen. Für Politik und Gesellschaft ist das eine bedeutende Grundlage, um geeignete Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Zukunft auf unserer Erde zu schaffen. Luft- und Raumfahrt, Supercomputing und Künstliche Intelligenz greifen dabei ineinander. Hier wird die Technik von morgen entwickelt!“ Mit der Zusammenarbeit bündeln DLR und LRZ ihre große Expertise in den Bereichen satellitengestützte Erdbeobachtung und Supercomputing.

„Wenn wir Prozesse des Globalen Wandels verstehen und seine Entwicklung nachvollziehen wollen, müssen wir in der Lage sein, die Daten unserer Satelliten im All bestmöglich auszuwerten“, sagte Prof. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie. „Die Kooperation zwischen DLR und LRZ wird es uns künftig ermöglichen, riesige Datenmengen mit neuesten Methoden hocheffizient und unabhängig zum Verständnis globaler Trends und deren Folgen zu analysieren. Beispiele dafür sind die international zunehmende Urbanisierung und Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzung zu Lasten naturbelassener Ökosysteme oder die rasanten Veränderungen in den polaren Gebieten der Erde und in der Atmosphäre, die ohne jede Frage nicht ohne Folgen auch für die Menschen sind. Für die Analyse bringen wir unsere Entwicklungen und Technologien der Raumfahrtforschung sowie eigene Sensordaten mit ein.“

Prof. Dieter Kranzlmüller, Leiter des LRZ, betonte: „Mit der Kooperation dieser beiden führenden Forschungseinrichtungen schließen sich zwei Partner zusammen, die sich in ihren Kompetenzen ideal ergänzen und entsprechende Expertisen, Mittel und Forschungsthemen gemeinsam einbringen. Das Leibniz-Rechenzentrum verfügt über eine ausgewiesene Erfahrung als innovativer IT-Dienstleister und Höchstleistungsrechenzentrum und ist zuverlässiger und leistungsstarker Partner für die Bayerischen Hochschulen und künftig auch für das DLR mit seinen Instituten in Oberpfaffenhofen.“

Riesige Datenmengen der Erdbeobachtung
Täglich liefern Erdbeobachtungssatelliten riesige Datenmengen in so hoher Auflösung, dass konventionelle Auswerteverfahren längst an ihre Grenzen gekommen sind. „Nur eine Kombination aus Online-Verfügbarkeit verschiedenster historischer und aktueller Datenbestände in Verbindung mit modernsten Höchstleistungsrechensystemen versetzt unsere Forscher in die Lage, globale Informationen in höchster Auflösung abzuleiten, die uns Aussagen über die Entwicklung des Planeten Erde ermöglichen. Bei der vollautomatischen Analyse spielen Verfahren der Künstlichen Intelligenz eine zunehmend entscheidende Rolle. Somit können wir Phänomene und Entwicklungen erkennen, wie es auf konventionellem Weg nur schwer möglich wäre.“ sagte Prof. Stefan Dech, Direktor des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) des DLR. „Für die an der satellitengestützten Erdbeobachtung forschenden Institute des DLR in Oberpfaffenhofen besitzt diese Kooperation entscheidende Bedeutung. Wir können nun eine Vielfalt an methodischen und geowissenschaftlichen globalen Analysen durchführen, die bislang aufgrund der Datenmengen und limitierter Rechnerleistung nur exemplarisch möglich war. Besonders bedeutsam ist das gemeinsam zwischen DLR und LRZ entwickelte technologische Datenkonzept, das das LRZ mit dem Deutschen Satellitendatenarchiv des DLR in Oberpfaffenhofen verbinden wird und neben Online-Verfügbarkeit aktueller weltweiter Datenbestände auch historische Daten aus unserem Archiv sowie DLR-eigene Daten verbindet“, so Dech weiter.

Alessandro Podo, LRZ.
Vor dem Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG
(Bild: Alessandro Podo, LRZ.)

Herausforderung für die Datenanalyse
Schon jetzt haben beispielsweise die Daten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus die Schwelle von 10 Petabytes überschritten. 1 Petabyte entspricht dem Inhalt von etwa 223.000 DVDs – einer Menge, die ca. 3,5 Tonnen wiegen würde. Bis 2024 werden die Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms schon mehr als 40 Petabytes an Daten erzeugt haben. Diese werden ergänzt durch weitere Petabytes der nationalen Erdbeobachtungsmissionen wie die DLR-Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X oder der amerikanischen Landsat-Daten. Doch nicht nur die großen Datenmengen der Satellitenmissionen stellen die Wissenschaftler derzeit vor Herausforderungen, auch Daten zum Globalen Wandel, die in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, sind wertvolle Quellen. Diese bringen allerdings neue Herausforderungen mit sich, da diese Daten sehr heterogen sind, ihr Wahrheitsgehalt nicht eindeutig ist und sie nicht in unbegrenzter Dauer zur Verfügung stehen.

Forscherinnen und Forscher des DLR setzen daher zunehmend Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens ein, um Trends des Globalen Wandels und Analysen von Naturkatastrophen und ökologischen Zusammenhängen in globalen und regionalen Zeitreihen zu finden, die sich über Dekaden hinweg erstrecken. Diese Methoden erfordern es jedoch, dass die dazu notwenigen Daten auf hoch performanten Datenanalyse-Plattformen (HPDA = High Performance Data Analytics) online zur Verfügung stehen. Das technische Ziel der Kooperation ist deshalb der Aufbau einer solchen Plattform, die über das Deutsche Satellitendatenarchiv (D-SDA) des DLR in Oberpfaffenhofen und Daten-Verteilpunkte verschiedener Anbieter frei verfügbarer Satellitendaten Zugriff auf alle für die Forschung notwendigen Erdbeobachtungsdaten hat.

Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum des DLR koordiniert die Aktivitäten der Kooperation für die beteiligten DLR-Institute: Neben dem DFD sind das Institut für Methodik der Fernerkundung, das Institut für Physik der Atmosphäre sowie das Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen beteiligt. Bei der Umsetzung der Technologie sind außerdem das Institut für Datenwissenschaften in Jena sowie die Einrichtung Simulations- und Softwaretechnik in Köln beteiligt.

Kooperation für den Globalen Wandel
In der Kooperation befasst sich das DLR mit Forschungsfragestellungen rund um das Thema Umweltveränderungen und Globaler Wandel, methodische und algorithmische Verfahrensentwicklungen im Bereich physikalische Modellierung und Künstliche Intelligenz (KI), dem Management von Langzeitarchiven und der Prozzessierung großer Datenbestände.

Das LRZ fokussiert in der Kooperation auf die Forschung und Umsetzung von operationellen, skalierbaren, sicheren und zuverlässigen IT-Diensten und Technologien, Optimierung von Prozessen und Verfahren, dem Supercomputing und Cloud Computing sowie der Nutzung von Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) und Big Data. Dabei kommen auch die vorhandenen IT-Systeme des LRZ (u.a. der Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG) und die Erfahrungen im energieeffizienten Höchstleistungsrechnen zum Einsatz.

Geplant ist die Realisierung der Online-Verfügbarkeit von etwa 40 Petabytes für Tausende von Rechenkernen. Durch gemeinsame Investitionen des DLR und des LRZ ist geplant, die erste Stufe des Ausbaus bis Ende 2020 zu realisieren. Die neue HPDA-Plattform wird in die bestehende Infrastruktur des LRZ in Garching integriert. Auf die größtenteils freien und offenen Daten der Plattform werden aber auch die Wissenschaftler der Bayerischen Universitäten und Hochschulen Zugriff haben.

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