Am 18. Oktober ist ein erfolgreicher letzter Test des neuen Fallschirms für den britischen Mars-Lander Beagle 2 durchgeführt worden. Die Neuentwicklung des Landefallschirms war notwendig geworden nachdem Tests im Mai gezeigt hatten, dass der ursprünglich vorgesehene Fallschirm den Mars-Lander nicht stark genug abbremsen würde.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: Astrium.
Wenn der britische Mars-Lander Beagle 2 Ende 2003 auf der Oberfläche des Roten Planeten auftreffen wird muss die Geschwindigkeit des kleinen Landers soweit reduziert worden sein, dass die kurz vor dem Auftreffen aufgeblasenen „Airbags“ den Aufprall überstehen und für Beagle 2 die dabei entstehenden Belastungen auf ein erträgliches Maß reduzieren können – keine einfache Aufgabe bei einer Eintrittsgeschwindigkeit in die Mars-Atmosphäre von mehr als 22.000 km/h!
Die Hauptlast des Bremsvorgangs liegt dabei auf dem Hitzeschild, der sich beim Sturz durch die Mars-Atmosphäre aufgrund des Luftwiderstands erhitzt, wodurch Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt wird. Auf diese Weise wird die Geschwindigkeit des Landers bis auf etwa 1.600 km/h reduziert, bevor sich der Bremsfallschirm öffnet. Seine Aufgabe ist nun die weitere Absenkung der Fallgeschwindigkeit bis kurz vor dem Auftreffen von Beagle 2 auf der Marsoberfläche, das von den bereits genannten Airbags abgefedert werden soll. Diese Art des Landevorgangs ist erstmals erfolgreich durch die amerikanische Marssonde Pathfinder im Jahr 1997 getestet worden und soll auch bei den beiden amerikanischen Mars-Rovern zum Einsatz kommen, die zeitgleich mit Mars Express und Beagle 2 im nächsten Jahr zu unserem äußeren Nachbarplaneten aufbrechen werden.
Die amerikanischen Systeme verfügen über Bremsraketen, die einige Sekunden vor dem Erreichen der Planetenoberfläche gezündet werden und dadurch die Lander noch einmal stark abbremsen. Beagle 2 jedoch muss sich aus Kosten- und Gewichtsgründen alleine auf seinen Landefallschirm und die Airbags verlassen. Bei Tests im Mai dieses Jahres hatte sich jedoch herausgestellt, dass die mit Hilfe des ursprünglich vorgesehenen Fallschirms erreichbare Endgeschwindigkeit immer noch zu hoch war: Die Airbags von Beagle 2 hatten der Belastung durch den Aufprall mit knapp 400 km/h nicht standgehalten und waren geplatzt – die gesamte Mission des ersten europäischen Mars-Landers war plötzlich gefährdet.
Innerhalb eines Monats stellte der Hauptauftragnehmer der Beagle 2-Mission, Astrium, ein Entwicklerteam zusammen, dass in der rekordverdächtigen Zeit von nur vier Wochen einen neuen Landefallschirm entwickelte, der eine um 56 Prozent größere Schirmfläche als der ursprünglich für die Mission vorgesehene Fallschirm aufwies – und das bei gleichem Gewicht und gleichem Stauvolumen! Die Firma des bekannten Ballonfahrers Per Lindstrand (der unter anderem mit Richard Branson verschiedene Ballonflug-Weltrekordversuche absolviert hat) wurde mit dem Bau des Fallschirms betraut, der aus einem speziellen Nylon besteht und deutlich leichter als herkömmliche Fallschirme gleicher Größe ist. Bereits am 30. August wurde dann der erste „Flugtest“ erfolgreich durchgeführt, und am 12. September wurde bei einem weiteren Test das Entfalten des gepackten Fallschirms wiederum mit Erfolg erstmalig durchgeführt.
Am 18. Oktober schließlich wurde der neue Beagle 2-Landefallschirm über einem englischen Luftwaffenstützpunkt in Oswestry an der Grenze zu Wales abschließend getestet: Aus rund 90 m Höhe wurde ein Dummy-Gewicht fallen gelassen, an dem der neu entwickelte Fallschirm hing. Auch dieser letzte Test verlief zufriedenstellend, so dass nun ab Mitte November der Landefallschirm in den Beagle 2-Lander integriert werden kann. Damit sind die Chancen für den Start des Mars-Landers im nächsten Jahr wieder deutlich gestiegen, und wenn alles gut geht werden wir Ende nächsten Jahres die ersten Bilder eines europäischen Mars-Landers über die Fernsehbildschirme flimmern sehen.