Erste 3D-Bilder der Sonne

Das Weltraum-Zwillingsteleskop STEREO der NASA hat die ersten dreidimensionalen Bilder der Sonne zur Erde übertragen. Die neuen Ansichten werden Wissenschaftlern beim Verständnis der solaren Physik und der Vorhersage des Weltraumwetters helfen.

Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: NASA.

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Eines der ersten 3D-Bilder von STEREO.
(Bild: NASA)

STEREOs 3D-Ansichten sind wie der Schritt von gewöhnlichen Röntgenbildern zu 3D-Röntgentomografenscans im medizinischen Bereich“, sagte Michael Kaiser, der Projektwissenschaftler der Mission vom Goddard-Weltraumzentrum der NASA.

Die beiden weitgehend baugleichen Raumsonden, die zusammen STEREO (Solar Terrestrial Relations Observatory) bilden, sind am 25. Oktober 2006 gestartet worden. Am 21. Januar vollendeten sie eine Serie komplexer Manöver, darunter Mondvorbeiflüge, um sie in ihren endgültigen Orbits zu positionieren. Sie umkreisen nun die Sonne auf der Erdbahn und zwar eine Sonde kurz vor der Erde und eine dahinter. Sie bilden mit der Sonne einen Winkel von 45 Grad. So wie der Abstand der beiden Augen eines Menschen ihm ermöglicht, die Tiefe des Raumes besser wahrzunehmen, ermöglicht auch der Abstand der beiden Raumteleskope dreidimensionale Ansichten der Sonne. Die nun erstmals vorliegenden 3D-Bilder wurden am JPL der NASA erzeugt.
Heftige „Stürme“ des Sonnenwindes haben ihren Ursprung in der Atmosphäre (Korona) der Sonne und können Satelliten, den Funkverkehr und die Stromversorgung auf der Erde stören. Die Korona erinnert an dünne Rauchfahnen, die sich entlang der verschlungenen Linien des Magnetfeldes der Sonne erstrecken. Bisher konnte man in diesem Wirrwarr kaum „vorne“ von „hinten“ unterscheiden und damit ermitteln, wie genau die Strukturen verlaufen. „In der Sonnenatmosphäre gab es keine Hinweise, von denen wir genau genug auf Distanzen schließen konnten. Alles erschien flach, als zweidimensionale Projektion der wahren räumlichen Verhältnisse. Eine Stereoperspektive macht es nun viel einfacher“, sagte Russell Howard, Forschungsleiter der Zwillingsinstrumente an Bord der Raumsonden, vom Naval Research Labor in Washington.

Die verbesserte Tiefenwahrnehmung wird auch helfen, die Weltraumwetter-Vorhersage zu verbessern. Besonders interessant ist hier ein destruktiver Typ von Sonneneruption, der als „koronaler Massenauswurf“ (KMA, englisch Coronal Mass Ejection, kurz CME) bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um Ausbrüche von elektrisch geladenem Gas, so genanntem Plasma, aus der Sonnenatmosphäre. Ein KMA kann aus Milliarden von Tonnen Plasma bestehen und sich mit Millionen Kilometern pro Stunde bewegen.

KMA fliegen von der Sonne nach allen Seiten in den Weltraum und einige von ihnen treffen gemäß der statistischen Wahrscheinlichkeit die Erde. Da solch eine Wolke von Magnetfeldern zusammen gehalten wird, können sie bei ihrem Auftreffen das Magnetfeld der Erde nachhaltig beeinflussen. Vorausgesetzt, ein KMA hat die passende Orientierung, dann entladen sich vorübergehend große Mengen von Energie und Partikeln in das Erdmagnetfeld. Daraus resultieren Magnetstürme, die Stromversorgungseinrichtungen überlasten können und Strahlenstürme, die Satelliten stören.

Die Operatoren der betroffenen Einrichtungen können den Schaden zumindest minimieren, wenn sie eine zuverlässige Vorhersage der KMA haben. Dazu muss man wiederum wissen, wo genau sich die Front einer KMA-Wolke bewegt. Geht sie an der Erde vorbei oder trifft sie sie? Wann wird sie da sein? Wie schlimm wird es? STEREO ist dafür geschaffen, diese Fragen zu beantworten. Howard schätzt, dass sich die zeitliche Genauigkeit der Vorhersagen von der bisherigen Größenordnung von „ein Tag“ auf „einige Stunden“ verbessern wird.

„Zusätzlich zur Ansicht von Strukturen auf der Sonne selbst wird STEREO es erstmals erlauben, die KMA auf ihrem gesamten Weg von der Sonne bis zur Erde zu verfolgen. Bisher konnten Wissenschaftler diesen Weg nur theoretisch modellieren, ausgehend von einem einzigen Bild“, sagte Madhulika Guhathakurta, Programmwissenschaftler der Mission vom NASA-Hauptquartier. STEREO ist die dritte Mission im „Solar Terrestrial Probes“-Programm der NASA.

Weiterführende Webseite:

Neue 3D- und 2D-Bilder der Sonne online (engl.). Für die 3D-Bilder wird eine Stereobrille in Rot und Cyan benötigt, wie sie z.B. beim Optiker erhältlich ist.

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