Erstes Spektrum eines Exoplaneten im sichtbaren Licht

Astronomen ist es mit dem HARPS-Instrument am La Silla-Observatorium der ESO erstmals gelungen, das Spektrum eines Exoplaneten im sichtbaren Licht nachzuweisen und zu untersuchen. Diese Beobachtungen enthüllten auch zuvor unbekannte Eigenschaften des untersuchten Planeten 51 Pegasi b. Diese Ergebnisse sind wegweisend für die Zukunft dieser Technik, deren Effizienz in den kommenden Jahren sowohl durch die Einführung von noch leistungsstärkeren Instrumenten als auch durch die Inbetriebnahme von neuen Teleskopen gesteigert werden wird.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, IAU, Sky&Telescope
Diese Karte zeigt das am nördlichen Sternhimmel gelegene Sternbild Pegasus. Der unauffällige, lichtschwache Stern 51 Pegasi, der hier rot eingekreist ist und mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,49 mag unter optimalsten Beobachtungsbedingungen eben gerade noch so mit dem bloßen Auge zu erkennen ist, wird von dem Exoplaneten 51 Pegasi b umkreist – dem ersten Exoplaneten, der um einen sonnenähnlichen Stern entdeckt wurde.
(Bild: ESO, IAU, Sky&Telescope)

Am 5. Oktober 1995 gaben die Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz auf einer Fachtagung die Entdeckung des ersten Exoplaneten bekannt, welcher einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Der vermutlich etwa vier Milliarden Jahre alte ‘Heimatstern’ dieses Planeten trägt den Namen 51 Pegasi, verfügt über die Spektralklasse G 2 IV und befindet sich in einer Entfernung von etwa 50 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem im Sternbild Pegasus.

51 Pegasi b – so der offizielle Name des hier beheimateten Exoplaneten – ist zugleich der erste nachgewiesene Vertreter aus der Klasse der Hot Jupiter. Hierbei handelt es sich um eine bisher relativ häufig nachgewiesene Art von Exoplaneten, welche dem Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem bezüglich der Größe und Masse zwar ähneln, die ihre Zentralsterne jedoch – im Gegensatz zu den Gasplaneten unseres Sonnensystems – in Entfernungen von nur wenigen Millionen Kilometern umkreisen. Der Planet 51 Pegasi b verfügt zum Beispiel über etwa 0,46 Jupitermassen und umkreist seinen Zentralstern innerhalb von 4,23 Tagen in einer Entfernung von lediglich etwa 7,8 Millionen Kilometern.

Seit der Entdeckung dieses ersten Exoplaneten konnten Astronomen bis zum heutigen Tag weitere 1.914 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachweisen, welche sich auf 1.210 Sternsysteme verteilen. Mehrere Tausend ‘Exoplaneten-Kandidaten’ warten dagegen derzeit noch auf eine Bestätigung durch weitere Observationen.

Genau 20 Jahre nach seiner Entdeckung rückte jetzt jedoch erneut 51 Pegasi b in das Rampenlicht. Einem internationalen Astronomen-Team unter der Leitung von Jorge Martins vom Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço und der Universidade do Porto in Portugal ist es gelungen, das Spektrum, welches von diesem Planeten reflektiert wird, im sichtbaren Bereich des Lichts nachzuweisen und zu analysieren.

Für ihre Untersuchungen verwendeten die beteiligten Astronomen das Instrument HARPS am 3,6-Meter-Teleskop des La-Silla-Observatoriums der Europäischen Südsternwarte (ESO) in den nordchilenischen Anden. Der Échelle-Spektrograf HARPS – so die Kurzform für den “High Accuracy Radial velocity Planet Searcher” – dient der hochpräzisen Messung der Radialgeschwindigkeit von Sternen und kann somit auch für die Suche nach Exoplaneten eingesetzt werden, welche diese Sterne eventuell umkreisen.

Max-Planck-Institut für Astronomie
Zieht man vom Gesamtspektrum von Stern und Planet das Spektrum des Sterns ab, so gewinnt man das Spektrum des Planeten. Daraus wiederum lässt sich die Zusammensetzung der Planetenatmosphäre ableiten.
(Bild: Max-Planck-Institut für Astronomie)

Die Untersuchung von Exoplaneten
Die Untersuchung von Exoplaneten, welche sich relativ nahe an einem hellen und zudem viele Lichtjahre entfernt gelegenen Stern befinden, gestaltet sich als sehr kompliziert. Bei einer der dabei angewandten Techniken handelt es sich um die Beobachtung von Planetentransits. Sobald ein Exoplanet von der Erde aus gesehen direkt vor seinem Mutterstern vorbeizieht, nimmt die Helligkeit des beobachteten Sterns um einen winzigen Bruchteil ab, da der Planet einen Teil des von seinem Zentralgestirn ausgehenden Lichts abschirmt. Durch wiederholte Beobachtungen dieser periodisch auftretenden Helligkeitsveränderungen kann unter anderem die Dauer der Umlaufzeit des Planeten bestimmt werden.

Die derzeit am weitesten verbreitete Methode zur Untersuchung der Atmosphäre eines Exoplaneten beruht auf der Beobachtung des Spektrums des Muttersterns während des Vorübergangs dieses Planeten vor dem Stern. Dabei durchläuft ein kleiner Teil des Sternlichts auch die Atmosphäre des Planeten und wird dabei von dieser ‘gefiltert’. Diese Technik wird als Absorptionsspektroskopie bezeichnet. Eine alternative Vorgehensweise stellt die Beobachtung der beiden Körper während der Bedeckung des Planeten durch den Stern dar. Hierbei können in erster Linie Informationen über die Temperatur des Exoplaneten gewonnen werden.

Bei diesen Analysen ist es jedoch zwingend notwendig, dass sich die Umlaufbahn des zu untersuchenden Planeten auf einer Bahnebene befindet, welche von der Erde aus betrachtet einen Planetentransit ermöglicht. Und derartige Bedingungen sind nur bei verhältnismäßig wenig Exoplaneten gegeben. Auch der Planet 51 Pegasi b kann nicht auf diese Art untersucht werden.

ESO, M. Kornmesser, Nick Risinger (skysurvey.org)
Diese künstlerische Darstellung zeigt den als ‘Heißen Jupiter’ klassifizierten Exoplaneten 51 Pegasi b – den ersten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckten Planeten, welcher einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Zwanzig Jahre später war er auch der erste Exoplanet, der spektroskopisch direkt im sichtbaren Bereich des Lichts aufgespürt und untersucht werden konnte.
(Bild: ESO, M. Kornmesser, Nick Risinger (skysurvey.org))

Eine neue Methode
Die jetzt bei der Untersuchung von 51 Pegasi b von Jorge Martins und seinen Kollegen angewandte Methode ist dagegen von derartigen Transits unabhängig und erlaubt damit die Erforschung von deutlich mehr Exoplaneten als bisher. Sie ermöglicht die direkte Untersuchung des Spektrums eines Planeten im Bereich des sichtbaren Lichts, was zugleich bedeutet, dass daraus zudem verschiedene weitere Eigenschaften des Planeten abgeleitet werden können, welche mit anderen Methoden nicht nachweisbar sind.

Hierbei wird das Lichtspektrum des Zentralsterns als Vorlage für die Suche nach einer ‘abgeschwächten’ Version des Spektrums verwendet, welches zwar von dem Stern stammt, das aber in Wirklichkeit von dem den Stern umkreisenden Planeten reflektiert wird. Aufgrund der Bewegung des Planeten auf seiner Umlaufbahn um den Stern verschieben sich dabei die spektralen Signaturen des reflektierten Lichts relativ zu dem Stern. Die Messung dieses Effekts ist eine eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe, da die Planeten im Vergleich zu ihren gleißend hellen Muttersternen sehr lichtschwach sind. Der Planet 51 Pegasi b erreicht im sichtbaren Licht zum Beispiel nur lediglich etwa ein 50.000stel der Helligkeit seines Muttersterns.

Zusätzlich erschwerend wird das Licht eines zu untersuchenden Exoplaneten durch weitere Effekte und ‘Rauschquellen’ überlagert und verzerrt. Angesichts dieser immensen Hürden ist die jetzt erfolgte erfolgreiche Beobachtung dieses Effekts durch den HARPS-Spektrografen ein hervorragender Beweis dafür, dass diese Methode nicht nur in der Theorie besteht, sondern tatsächlich auch in der Praxis wissenschaftlich sinnvoll anwendbar ist.

ESO, Digitized Sky Survey 2
Diese Weitwinkelaufnahme zeigt die Umgebung des Sterns 51 Pegasi, wo im Jahr 1995 der erste Exoplanet in der Umlaufbahn um einen sonnenähnlichen Stern entdeckt wurde. Das Bild wurde aus Aufnahmen des Digitized Sky Survery 2 erstellt.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2)

“Diese Art des Nachweises ist von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da sie es möglich macht, die reale Masse des Planeten und die Neigung seiner Umlaufbahn zu bestimmen, was für das tiefere Verständnis des Systems unerlässlich ist. Es ermöglicht uns auch den Reflektionsgrad, die sogenannte Albedo, des Planeten abzuschätzen, woraus man wiederum die Zusammensetzung sowohl der Planetenoberfläche als auch der Atmosphäre ableiten kann”, so Jorge Martins.

Wie sich bei den Untersuchungen herausstellte, verfügt 51 Pegasi b über eine Masse von etwa der Hälfte der Masse des Planeten Jupiter und – in Bezug auf unseren Heimatplaneten – über eine Bahnneigung von etwa neun Grad. Die Bahn des Exoplaneten liegt von der Erde aus gesehen also fast ‘auf der Seite’ – es finden jedoch keine gegenseitigen Bedeckungen zwischen Planet und Zentralstern statt.

Außerdem scheint der Planet trotz seiner geringeren Masse vom Durchmesser her etwa doppelt so groß auszufallen wie der Jupiter. Diese Diskrepanz zwischen Masse und Durchmesser erklärt sich durch die starke Aufheizung und die dadurch bedingte Ausdehnung der Planetenatmosphäre, welche durch die extreme Nähe zum Zentralstern verursacht wird. Des weiteren scheint 51 Pegasi b über eine hohe Reflektanz zu verfügen. Dies sind typische Eigenschaften für einen ‘Heißen Jupiter’, welcher sich sehr nahe bei seinem Mutterstern befindet und somit viel Sternlicht ausgesetzt ist.

Glänzende Aussichten für die Zukunft
Diese Analysen – und die Tatsache, dass dieses Ergebnis mit dem vergleichsweise ‘kleinen’ 3,6-Meter-Teleskop der ESO gewonnen wurde, welches bei dieser Technik nur einen beschränkten Anwendungsbereich bietet – eröffnen den Astronomen zugleich glänzende Aussichten für die nähere Zukunft. Die an diesem Teleskop zur Zeit existierenden Instrumentenkonfigurationen werden bereits in Kürze von deutlich leistungsfähigeren Instrumenten an größeren Teleskopen, wie zum Beispiel dem Very Large Telescope (kurz VLT) der ESO oder dem zukünftigen European Extremely Large Telescope (E-ELT) übertroffen werden, welches voraussichtlich im Jahr 2022 in Betrieb gehen wird (Raumfahrer.net berichtete).

“Wir erwarten jetzt sehnlichst erstes Licht des ESPRESSO-Spektrografen am VLT, so dass wir genauere Untersuchungen von diesem und anderen Planetensystemen anstellen können”, so Nuno Santos von der Universidade do Porto, einer der an der Untersuchung beteiligten Astronomen. Der voraussichtlich ab dem Jahr 2016 am VLT zum Einsatz kommende Spektrograf ESPRESSO (kurz für “Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations”) und später nochmals leistungsfähigere Instrumente an deutlich größeren Teleskopen wie dem E-ELT werden bei gesteigerter Lichtsammelleistung mit noch deutlich mehr Präzision sowohl die Entdeckung kleinerer Exoplaneten vereinfachen als auch mehr Details über Planeten wie 51 Pegasi b liefern können.

Die hier kurz vorgestellten Ergebnisse der Arbeit von Jorge Martins et al. wurden am 22. April 2015 unter dem Titel “Evidence for a spectroscopic direct detection of reflected light from 51 Peg b” in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics publiziert.

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