Das komplexeste Fallschirmsystem, das jemals auf dem Mars zum Einsatz kommen soll, hat eine ExoMars-Landeplattform erfolgreich abgebremst, so dass sie sicher auf der Erde landete.
Eine Pressemitteilung der europäischen Raumfahrtagentur ESA.
Quelle: ESA / Science & Exploration / Human and Robotic Exploration / Exploration / ExoMars, 21. Juli 2025
Ein heliumgefüllter Stratosphärenballon hob eine Abstiegsmodul-Attrappe an und ließ sie über dem Polarkreis in fast 30 km Höhe los, woraufhin sich zwei große Fallschirme aus ihren Doughnut-Taschen entfalteten.
„Wir freuen uns, bestätigen zu können, dass wir ein Fallschirmdesign haben, das auf dem Mars funktionieren kann – ein ehrgeiziges System mit dem größten Fallschirm, der jemals außerhalb der Erde geflogen wird“, sagt Luca Ferracina, Systemingenieur des ExoMars-Eintritts- und Landemoduls der ESA.
Video (Copyright ESA): ExoMars-Fallschirm Falltest aus großer Höhe
Dieser Falltest aus großer Höhe fand am 7. Juli im Esrange Space Center der Swedish Space Corporation in Kiruna, Nordschweden, statt.
Wie man eine Marslandung auf der Erde testet
Um die Kombination aus Dichte und Geschwindigkeit zu simulieren, der die Kapsel beim Eintauchen in die dünne Marsatmosphäre ausgesetzt sein wird – etwa 1 % der Dichte der Erdatmosphäre auf Meereshöhe – musste der Ballon sehr hoch fliegen.
Die ExoMars-Fallschirme fielen aus einer Höhe von 29 km ab, also etwa dreimal so hoch wie die Flughöhe von Verkehrsflugzeugen.

Die Dummy-Kapsel befand sich dann etwa 20 Sekunden lang im freien Fall und erreichte dabei fast die Schallgeschwindigkeit, bevor sich die Fallschirme nacheinander entfalteten.
„Die Kombination aus Geschwindigkeit und geringer atmosphärischer Dichte bei diesem Test entspricht genau dem, was die Fallschirme auf dem Mars erleben werden. Die Tests auf der Erde sind eine Möglichkeit, Vertrauen zu gewinnen und zu bestätigen, dass alle Elemente wie erwartet funktionieren“, erklärt Luca.
Falltests in großer Höhe erfordern eine komplexe Logistik und strenge Wetterbedingungen für die Flugsicherheit. Die einzigartigen Einrichtungen von Esrange und die langjährige Erfahrung mit stratosphärischen Ballonmissionen seit den frühen 1970er Jahren machen es zu einem geeigneten Standort für diese Kampagne.
Zwei sind besser als einer
Die Landung auf dem Mars ist ein hochriskantes Unterfangen. In nur sechs Minuten muss das Landemodul von 21.000 km/h am oberen Ende der Marsatmosphäre auf eine weiche Landung abbremsen, damit seine wertvolle Fracht, der Rosalind Franklin Rover, für die Erkundung der Oberfläche einsatzbereit bleibt.

Zur Geschwindigkeitsreduzierung sind ein Hitzeschild, zwei Hauptfallschirme – jeder mit einem eigenen Pilotschirm zum Rausziehen des Hauptschirms – und Bremsraketen erforderlich, welche 20 Sekunden vor dem Auftreffen auf die Marsoberfläche ausgelöst werden.
Der größte Teil der Geschwindigkeit im Überschallbereich wird durch den Luftwiderstand der Kapsel abgebaut. Der effizienteste Weg, die verbleibende Geschwindigkeit für eine sichere Landung abzubauen, ist eine Kombination aus Fallschirmen und Bremsraketen.
„Die Verwendung von zwei Fallschirmen ermöglicht es uns, einen starken, mittelgroßen Fallschirm zu konstruieren, um die Sonde im Überschallbereich abzubremsen, und dann einen viel größeren, leichten Fallschirm für den endgültigen Abstieg“, erklärt John Underwood, leitender Ingenieur bei Vorticity, dem britischen Unternehmen, das mit der Fallschirmkonstruktion und der Testanalyse betraut ist.
Im Tandem zusammenarbeiten
Der Hauptfallschirm der ersten Stufe ist 15 m breit und ähnelt dem Fallschirmtyp, der 1972 für die Landung der Viking-Mars-Sonde der NASA entwickelt wurde. Für ExoMars verwenden die Teams eine Variante, die für die erfolgreiche ESA-Mission Cassini-Huygens zum Titan, dem größten Mond des Saturns, entwickelt wurde. Dieses dreistufige Fallschirmsystem hält immer noch den Rekord für die am weitesten von der Erde entfernte Landung, die jemals unternommen wurde.

Der Hauptfallschirm der zweiten Stufe ist 35 m breit und besteht aus einer Reihe von Ringen mit Lücken dazwischen. Dies wird der größte Fallschirm sein, der jemals auf dem Mars oder irgendwo im Sonnensystem außer der Erde geflogen ist. Er besteht aus über 800 Quadratmetern Stoff und mehr als vier Kilometern Kordel für die Aufhängung und man braucht etwa drei Tage, um ihn in seinem Sack hinein zu falten.
Die sorgfältige Faltung jedes Fallschirms in dessen Tasche ist unerlässlich, um eine korrekte Entfaltung zu gewährleisten.
Herausforderungen bei Lagerung und Design
Das in Schweden getestete Fallschirmsystem war bereits für einen Flug zum Mars im Jahr 2021 qualifiziert, wurde aber eingelagert, als die Mission aufgrund des russischen Einmarsches in der Ukraine gestoppt wurde.

„Wir führen diese Kampagne durch, um unsere Bereitschaft für den Mars zu bestätigen und um zu überprüfen, ob die Fallschirme nach der langen Lagerung weiterhin wie erwartet funktionieren“, erklärt Luca.
Die Fallschirme werden jeweils aus sehr leichtem Gewebe mit einer Dichte von etwa 40 Gramm pro Quadratmeter hergestellt – etwa halb so viel wie ein Blatt Papier.
Eine Fallschirmexpertise die Europa voran bringt
Die Telemetriedaten wurden während des Abwurfs in Echtzeit übermittelt. Das Vorticity-Team wird nun die Daten zusammen mit Hochgeschwindigkeits-Videomaterial analysieren, um das Abbremsprofil und die Öffnungsmodelle zu bewerten.

„Tests auf der Erde haben den Vorteil, dass wir viel mehr Daten erhalten und die Fallschirme nach dem Test zur Inspektion bergen können“, sagt John.
Der größte Teil des Fallschirmsystems wurde in Europa entwickelt und gebaut, unter anderem mit Komponenten aus den Niederlanden (Entfaltungsmörser), Italien (Fallschirme) und Tschechien (Fallschirmbehälter). Thales Alenia Space in Frankreich überwachte die Testkampagne als Verantwortlicher für das Fallschirm-Montagesystem.
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