Bevor die Jupitersonde Galileo ihren letzten Orbit um den Planeten beginnt, hat sie heute noch einmal einen nahen Vorbeiflug an einem Jupitermond absolviert.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA / JPL.
Ein wichtiges Ziel war die Bestimmung der Masse von Amalthea, um Rückschlüsse auf die Zusammensetzung dieses Miniaturmondes ziehen zu können. Galileo wird außer dem nur etwa 189 km durchmessenden Jupitermond Amalthea auch einen Staubring und die innere Region des hochenergetischen Magnetfeldes in der unmittelbaren Nähe des Planeten untersuchen. „Wir sind auf diese Annäherung gespannt, da Galileo dem Planeten dabei näher als je zuvor kommen wird“, sagt Dr. Eilene Theilig, Galileo-Projektmanagerin beim NASA-eigenen Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien. Diese riskante Passage bietet nicht nur den Wissenschaftlern neue Beobachtungsmöglichkeiten, sondern wird die Forschungssonde auch auf ihren letzten Orbit um den Planeten führen, bevor Galileo im nächsten Jahr in der Jupiteratmosphäre verglühen wird.
Die Raumsonde passierte den kleinen Mond Amalthea – der zusammen mit drei weiteren natürlichen Kleinsatelliten innerhalb der Umlaufbahn von Io kreist, dem innersten der vier schon von Galilei Galileo entdeckten großen Jupitermonde – heute morgen um 07:19 Uhr (MEZ) in einer Entfernung von nur etwa 160 km. Durch Messung der Auswirkung auf die Flugbahn der Sonde durch den Vorbeiflug an Amalthea soll die Masse des Miniaturmondes bestimmt werden. Ist die Masse ermittelt, so kann aufgrund der bekannten Größe des Mondes auch die durchschnittliche Dichte bestimmt werden, was den Wissenschaftlern wichtige Hinweise auf die Zusammensetzung und damit auch auf die Entstehungsgeschichte von Amalthea liefert. Die Kamera der Raumsonde wird NASA-Angaben zufolge nicht in Betrieb sein, um die begrenzten Ressourcen von Galileo auf wichtigere wissenschaftliche Forschungsziele zu konzentrieren.
In der Nähe von Amalthea wird das Raumfahrzeug auch durch einen sehr dünnen Staubring fliegen, der Jupiter umgibt. Den Wissenschaftler eröffnet sich damit zum ersten Mal die Gelegenheit, die Größe und Bewegungsrichtung der Staubpartikel in einem planetaren Ring direkt mit Hilfe eines Staubdetektors zu ermitteln.
Ein weiteres wichtiges Forschungsziel dieser Passage stellt der innere Bereich der Jupitermagnetosphäre dar, ein hochenergetischer Strahlungsgürtel aus geladenen Partikeln, der vom gigantischen Magnetfeld des Planeten bestimmt wird. „Jupiter ist ein gigantischer Planet, der es nicht ganz bis zur Größe eines Sternes geschafft hat. Es ist aufregend das wir in der Lage sein werden, Messungen in der inneren Region vorzunehmen. Unter Umständen erhalten wir Resultate, die unser Verständnis über das Verhalten von Sternen ein wenig erweitern“, hofft Dr. Claudia Alexander, Wissenschaftlerin beim Galileo-Projekt. Die Messwerte von der inneren Magnetosphäre könnten auch beim Design zukünftiger Raumsonden helfen, die später einmal die Jupiter-Monde Io und Europa erforschen sollen. Solche Raumfahrzeuge müssten ständig im für Mensch wie Technik extrem gefährlichen Strahlungsgürtel des Planeten operieren – je genauer man die dabei auftretenden Belastungen kennt, umso genauer kann man beim Entwurf einer Raumsonde vorgehen.
Die extremen Bedingungen in Jupiternähe haben bereits früher zu teilweisen Ausfällen von Instrumenten an Bord der Raumsonde geführt, und auch dieses Mal können die Wissenschaftler nicht sicher sein, alle wissenschaftlichen Ziele der Amalthea-Passage zu erreichen: bisher hat Galileo immerhin mehr als die vierfache Strahlungsdosis verkraftet, als beim Entwurf der Raumsonde vorgesehen war.
Nach diesem letzten Kraftakt befindet sich Galileo auf einem Kollisionskurs mit Jupiter. Im September 2003 wird die 1989 von Bord der Raumfähre Atlantis aus gestartete Raumsonde nach 35 Umrundungen des Planeten in der Atmosphäre des Gasriesen verglühen. Dieser kontrollierte Absturz soll verhindern, dass das Raumfahrzeug in späteren Jahren auf den Jupitermond Europa stürzt, wenn eine Kontrolle der Flugbahn aufgrund technischer Defekte oder aufgebrauchter Treibstoffvorräte nicht mehr möglich ist: Eine der vielen Entdeckungen, die mit Hilfe von Galileo gemacht worden sind, ist die mögliche Existenz eines Ozeans unter der gefrorenen Oberfläche dieses Mondes – vielleicht ein Ort primitiver Lebensformen, der vor einer Kontamination durch seinen Entdecker bewahrt werden soll.