Die amerikanische Weltraumagentur ehrt den MPS-Wissenschaftler für seine Beiträge zur Erforschung des Asteroidengürtels. Eine Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.
Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.
Sieben Jahre lang hat die Raumsonde Dawn den Asteroidengürtel erforscht und mit ihren Messdaten unsere Vorstellungen von dieser Region des Sonnensystems erheblich erweitert. Für seine wissenschaftlichen Beiträge zur Erforschung des Asteroiden Vesta und des Zwergplaneten Ceres hat die amerikanische Weltraumagentur NASA Dr. Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) jetzt mit der NASA Exceptional Scientific Achievement Medaille, der höchsten NASA-Auszeichnung für wissenschaftliche Leistungen, geehrt. Der MPS-Forscher leitet das Team um das Kamerasystem von Dawn, das in den vergangenen Jahren die mehr als 100.000 Aufnahmen des Asteroiden Vesta und des Zwergplaneten Ceres ausgewertet hat. Darin entdeckten die Forscherinnen und Forscher Hinweise auf den inneren Aufbau beider Körper sowie im Falle von Ceres Belege für Kryovulkanismus und Ansammlungen organischen Materials.
Die mehr als eine Million „Bewohner“ des Asteroidengürtels, der Region zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter, gelten gemeinhin als eher schlichte Körper: unregelmäßig geformte Brocken, die sich in einer frühen Phase des Sonnensystems bildeten und danach kaum weiterentwickelten. Dass diese Vorstellung längst nicht auf alle Asteroiden zutrifft, hat die NASA-Mission Dawn, die von 2011 bis 2018 vor Ort Messdaten sammelte, bewiesen. Die beiden Ziele der Mission, der Asteroid Vesta und der Zwergplanet Ceres (der ebenfalls im Asteroidengürtel seine Bahnen zieht), entpuppten sich als komplexe Mini-Welten, die eher an Planeten denn an primitive Gesteinsbrocken erinnern. Entscheidende Messdaten lieferten die beiden wissenschaftlichen Kameras an Bord, die unter Leitung des MPS entwickelt und gebaut sowie während der Mission betrieben wurden.
„Die beiden baugleichen Kameras von Dawn lieferten mehr als nur Fotos“, erklärt Dr. Andreas Nathues vom MPS, der das Kamerateam von Dawn seit 2010 leitet. Beide Instrumente sind mit mehreren Farbfiltern ausgestattet. Mit ihrer Hilfe lassen sich wellenlängenabhängig die Intensitäten des Lichtes, das Vesta und Ceres ins All reflektieren, bestimmen. Das erlaubt Rückschlüsse auf mineralogische Zusammensetzung und die Beschaffenheit der Oberfläche. Andreas Nathues und sein Team konnten so erstmals von beiden Körpern hochaufgelöste geologische Karten anfertigen.
Wie sich zeigt, sind besonders Krater auf den Oberflächen interessant. Durch die zum Teil sehr heftigen Einschläge liegt dort mancherorts Material aus tieferen Schichten frei und erlaubt einen Blick in das „Innenleben“ beider Körper. Für Vesta ließ sich auf diese Weise eine innere Schichtstruktur aus Mantel und Gesteinskruste nachweisen, ganz ähnlich wie die der Erde. Der etwa 530 Kilometer große Körper muss nach seiner Entstehung zunächst eine vergleichbare Entwicklung durchlaufen haben wie die inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars.
Ceres lieferte noch größere Überraschungen. In einigen Gebieten findet sich dort organisches Material, das möglicherweise von einem Kometeneinschlag stammt. Zudem zeigen die Kameradaten Kryovulkane, aus denen bis vor geologisch kurzer Zeit salzhaltige Lösung austrat. Ceres beherbergt offenbar stellenweise Wasserreservoirs unter ihrer Oberfläche – und gleicht damit eher den wasserreichen Jupiter- und Saturnmonden, die eigentlich in deutlich größerer Entfernung zur Sonne zuhause sind. „Der Nachweis, dass es auf Ceres zumindest Reste eines unterirdischen Ozeans gibt, hat unsere Sicht auf den Asteroidengürtel und seine Entstehung deutlich verändert“, so Nathues. Möglicherweise nahm Ceres ihren Ursprung weiter draußen im Sonnensystem und wanderte erst später in den Asteroidengürtel ein.
Trotz des Endes der Mission vor einem Jahr gehen die wissenschaftlichen Arbeiten weiter. Dem Team um Andreas Nathues ist es zuletzt gelungen, den vorliegenden Daten neue und detailliertere Informationen zu entlocken. Schlüssel dazu waren Kalibrationsmessungen, die in der letzten Missionsphase aus einer Umlaufbahn um Ceres möglich wurden.
Bereits vor dem Start ins All untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie alle Pixel des Kamera-CCDs auf dieselbe Lichtmenge und –art reagieren. Nur so lassen sich die aufgenommenen Bilder später wissenschaftlich exakt interpretieren. Doch der mehr als zehnjährige Flug durchs All geht an dem CCD der Kamera nicht spurlos vorüber; das Verhalten einzelner Pixel verändert sich. In den letzten Monaten der Mission konnte das MPS-Team ihre Kameras durch Aufnahmen eines bekannten Sternes neu eichen. Die Datenauswertungen, die auf dieser aktualisierten Eichung beruhen, präzisieren die bisher bekannten Karten beider besuchten Objekte, offenbaren viele zusätzliche Details – und zeigen Vesta und Ceres in beeindruckender Schönheit.
Dr. Andreas Nathues hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Geophysik studiert und an der Freien Universität Berlin promoviert. Seit 1999 arbeitet er am MPS. Andreas Nathues war an den Mondmissionen SMART-1 und Chandrayaan-1 beteiligt und leitet seit 2010 das Kamerateam der Asteroidenmission Dawn.
Die NASA vergibt die Exceptional Scientific Achievement Medaille jährlich an ausgewählte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die durch ihre Arbeiten grundlegende neue wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert haben und ihr Forschungsfeld fundamental verändert haben. Die Medaille ist die höchste Auszeichnung der NASA für wissenschaftliche Leistungen.
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