Saturns Sturmsysteme wurden bisher kaum erforscht, obwohl sie auf Gasplaneten große Unterschiede zu den Stürmen auf Erde oder Mars aufweisen. Dies wird sich aber bald ändern.
Autor: Karl Urban. Vertont von Karl Urban.
Wenn des nachts der Wind um die Hausecken pfeift oder ein Hurrikane halb Lateinamerika in seinen Bann zieht: Jedes Mal beruhen die Stürme auf den gleichen Naturprinzipien. Die Ursachen sind – zumindest auf der fundamentalen Ebene – die selben: Der Unterschied von warmen (sonnenbeschienenen) und kühlen, schattigen Gebieten bewirkt eine Umverteilung von Luftmassen, die Eigendrehung der Erde führt zur Bildung von rotierenden Sturmsystemen.
Ganz ähnlich funktioniert dies auch auf anderen Planeten – beispielsweise auf den zumindest in der Größe erdähnlichen Planeten Venus und Mars. Auch Gasriese Jupiter besitzt Sturmsysteme, die jedoch um einiges größer werden und schnell die Größe der gesamten Erde erreichen können. Der prominenteste von ihnen ist der Große Rote Fleck, der bereits seit mehr als 300 Jahren um den Planeten rotiert und dabei nur unmerklich kleiner wird. Ganz ähnlich funktioniert es auch auf Saturn, wo die Sonde Cassini seit ihrem Missionsbeginn auch die Wolkenhülle des Gasplaneten studiert.
„Auf der Erde sind Hurrikanes am Boden Tiefdruckgebiete und weiter oben Hochdruckgebiete“, erklärt Dr. Andrew Ingersoll, Mitglied des Cassini-Teams und Professor für Planetenwissenschaften am Institute for Technology in Pasadena. „Auf dem Saturn könnten die Stürme sehr ähnlich sein, wenn wir wirklich den oberen Bereich der Wolken sehen.“
Zumindest Frequenz und die prozentual von Stürmen okkupierte Planetenfläche ist auf Saturn und der Erde identisch. Aufgrund der Größenunterschiede beider Planeten nehmen die Stürme am Ringplaneten absolut nur deutlich mehr Raum ein: Während Hurrikane Katrina, der im vergangenen Jahr über New Orleans wütete, rund 380 Kilometer im Durchmesser maß, ist der von Cassini im Februar 2002 beobachtete Saturnsturm rund 1.000 Kilometer groß. Die schnellsten auftretenden Winde auf der Erde sind die Jetstream– bzw. Strahlstromwinde, die Windgeschwindigkeiten bis zu 240 Kilometer pro Stunde erreichen können. Die Fortbewegung eines Hurrikanes unabhängig von seiner Rotation ist mit 32 Kilometern pro Stunde deutlich geringer. „Saturn ist ein sehr windiger Ort“, sagt Ingersoll. „Der Jetstream auf Saturn bläst zehnfach stärker als auf der Erde, also bis zu 1.000 Kilometern pro Stunde. […] Da wir aber nicht wissen, welche Geschwindigkeiten innerhalb des Sturms herrschen, können wir diese nur schätzen und gehen davon aus, dass sie geringer sind als die Jetstream-Werte.“
Angetrieben werden Hurrikanes auf der Erde von Ozeanen, den größten Reservoirs an Sonnenenergie. Sie bilden auch die Quelle für den Feuchtigkeitstransport in die Atmosphäre, was zur Ausbildung von Wolken führt und einen Teil des Wasserkreislaufs bildet. Erreicht ein solcher Sturm Festland, nimmt er jedoch sehr schnell ab, da er seine Energiequelle – den Ozean – verloren hat.
Die Energiequelle für die saturnischen Stürme unterscheidet sich deutlich von der auf der Erde. Denn hier agiert das Innere des Planeten wie der irdische Ozean und hat die Energie gespeichert – jedoch kommt diese nicht von der Sonne. Saturn erzeugt seine eigene Wärme, die er bereits besitzt, seit er durch die Kollision vieler Planetesimale – einer Wolke kleiner Materiebrocken, die das Sonnensystem bildeten – entstand. Diese Energie schlummert seit Milliarden Jahren mehr oder minder stark im Kern aller Planeten des Sonnensystems, ist aber bei den massereichen Gasriesen besonders groß.
Die Saturnatmosphäre besitzt zudem bereits alle Bestandteile (vor allem Wasserdampf), die für Wolkenbildung und die Entstehung von Sturmsystemen noch benötigt werden. Somit sind anders als auf der Erde weder feste Landoberfläche noch Ozeane nötig. Jedoch führen diese andersartigen Bedingungen auch zu anderem Verhalten der Stürme.
„Man könnte denken, dass zwei sich verbindende Stürme im Resultat zu einem größeren und stärkeren Sturmsystem werden. Aber auf Saturn behalten sie ihre Größe bei – und sie können sich auch voneinander trennen. Dieses Verschmelzen und Trennen kann ewig so weitergehen“, erläutert Ingersoll.
Im kommenden Jahr werden die Cassini-Missionswissenschaftler noch deutlich bessere Möglichkeiten haben, die Stürme am Ringplaneten zu erforschen, wenn die Raumsonde dicht an der südlichen Hemisphäre vorüberfliegt. Bis auf den im vergangenen Jahr beobachteten Drachensturm erhielten saturnische Stürme zudem keine Namen. Dies soll sich laut Ingersoll nächstes Jahr ändern.
Neue Bilder
Die Kombination in Aufnahmen der derzeit 49 bekannten Monde und des Saturn sind nahezu unendlich. Ein halbmondförmiger Ringplanet zeigt sich in dieser aktuellen Aufnahme mit drei seiner Trabanten: Mimas (397 Kilometer Durchmesser) links direkt an der Ringebene, Rhea (1.528 Kilometer) rechts und Tethys (1.071 Kilometer), rechts unterhalb von Rhea. Die Aufnahme machte Cassini am 11. März 2006 aus einer Entfernung von 2,8 Millionen Kilometern vom Saturn.
Eine weitere neue Aufnahme vom 16. März zeigt Saturn in Echtfarben, also so, wie ihn das Auge wohl wahrnehmen würde. Die auffallend bläuliche Färbung der nördlichen Hemisphäre ist vermutlich durch jahreszeitliche Effekte bedingt. Der 505 Kilometer messende Mond Enceladus schaut nur knapp über die Ringebene hervor.
Verwandte Artikel: