Mit Hilfe des europäischen Gammastrahlenteleskops Integral gelang es zum ersten Mal, den Zerfall von Titan im Supernovaüberrest 1987A nachzuweisen. In den vergangenen 20 Jahren war der radioaktive Zerfall des Metalls mutmaßlich die Energiequelle für das Leuchten von SNR 1987A.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ESA. Vertont von Peter Rittinger.
Sterne sind gewissermaßen atomare Öfen, in ihren Kernen wird aus Wasserstoff kontinuierlich Helium fusioniert. Bei einem Stern, der eine größere Masse als das etwa Achtfache unserer Sonne hat, führt das Ausgehen von Wasserstoff als Brennmaterial für das nukleare Fusionsfeuer unweigerlich zum Zusammenbruch. Bei einem solchen Kollaps entstehen Temperaturen, die hoch genug sind, dass durch Kernfusion auch schwere Elemente gebildet werden können, wie zum Beispiel Eisen, Kobalt, Nickel und Titan.
Auf den Zusammenbruch folgt eine Gegenbewegung, die letztlich in einer spektakulären Explosion, einer Supernova, endet. Vorher erbrütete Elemente werden dabei in den Weltraum geschleudert. Supernovae können dank der bei den enormen, bei der Explosion freiwerden Energiemengen so hell leuchten wie ganze Galaxien, im Unterschied zu letzteren aber nur für eine geringe Zeitspanne.
Nachdem das Explosionsleuchten nachgelassen hat, hängt die Leuchtkraft des übriggebliebenen Objekts von der Energie ab, die beim radioaktiven Zerfall von vorher erbrüteten und in der Explosion fusionierten Elementen entsteht. Beim radioaktiven Zerfall eines Elements entsteht Strahlung mit jeweils ganz bestimmten Frequenzen. An diesen Frequenzen lässt sich ablesen, um welche Elemente es sich handelt, die im konkreten Supernovaüberrest vorkommen, und vorher vom sterbenden, explodierenden Stern fort geschleudert wurden.
Die Supernova 1987A in einer Zwerggalaxie in der Nähe der Milchstraße, in der sogenannten Großen Magellanschen Wolke, konnte wegen des relativ geringen Abstands von der Erde (~166.000 Lichtjahre) im Februar 1987 sogar mit bloßem Auge beobachtet werden, als das erste von der Explosion ausgesandte Licht die Erde erreichte.
Zunächst, als die Sternexplosion sich am heftigsten darstellte, konnte das Vorhandensein von Elementen wie Calcium und Sauerstoff festgestellt werden. Diese Elemente kamen in den äußeren Schichten des Vorläufersterns vor. Nur wenig später ließ sich der radioaktive Zerfall von Material aus tieferen Schichten, nämlich von Nickel-56 zu Kobalt-56, und dessen weiterer Zerfall zu Eisen-56 beobachten.
Heute, nach über 1.000 Stunden, die das europäische Gammastrahlenteleskop Integral auf den Supernovaüberrest 1987A gerichtet war, ist man überzeugt, dass es dort auch reichlich Titan-44 gibt, das durch die von ihm ausgesandte hoch energetische Röntgenstrahlung mit Emissionslinien bei 67,9 keV und 78,4 keV auf sich aufmerksam macht. Die Menge des vermuteten Titan-44 hat nach Ansicht von Dr. Sergei Grebenev von der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau die Ausprägung des Supernovaüberrests in den letzten 20 Jahren maßgeblich beeinflusst.
Nach der Analyse der Daten von Integral sind die damit beschäftigten Astronomen sich sicher, dass die gesamte Menge an vorhandenem Titan-44, welche unmittelbar nach dem Kollaps des Kerns des Vorläufersterns von SNR 1987A entstanden ist, etwa 0,03 Prozent der Masse unserer Sonne beträgt. Dieser Wert liegt nahe von theoretisch ermittelten Vorhersagen und ist etwa doppelt so hoch wie der für die Menge des im Supernovaüberrest Cassiopeia A (Cas A) ermittelten Titan-44.
Dr. Grebenev, der seine Doktorarbeit über SNR 1987A geschrieben hat, hält die hohen Mengen von Titan-44 in Cas A und SNR 1987A für Ausnahmefälle, die Ergebnis einer asymmetrischen Geometrie der Supernovae sein könnten. Möglicherweise erfolgte die Bildung des Titan zu Lasten der Fusion schwererer Elemente.
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