Jubiläum für Plasmakristall-Versuche auf der ISS

Bereits zum zehnten Mal wird auf der Internationalen Raumstation ISS eine Experimentserie zu komplexen Plasmen mit der Anlage „PK-3 Plus“ (Plamakristall-Experiment) durchgeführt. Forscher des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching wollen mit dem Versuch ihre Erkenntnisse über die Physik staubhaltiger ionisierter Gase, so genannter komplexer Plasmen, weiter vertiefen.

Quelle: DLR.

DLR
Elektrisch geladenes Plasma in einer Experimentkammer unter Schwerelosigkeit
(Bild: DLR)

Untersucht werden unter anderem deren Flüssigkeitseigenschaften. Im Februar dieses Jahres werden ergänzende Experimente mit der Laboranlage PK-3 Plus im Rahmen der 13. Parabelflugkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bordeaux stattfinden. Seit Entdeckung des Phänomens der Plasmakristalle Mitte der neunziger Jahre fördert die Raumfahrt-Agentur des DLR die Wissenschaftler des MPE mit Geldern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi).

Die Bildung von Plasmakristallen wurde 1994 am MPE erstmals experimentell nachgewiesen. Seit 1996 führen die Garchinger hierzu Experimente unter Schwerelosigkeit auf ballistischen Raketen und auf Parabelflügen durch. Fast zur gleichen Zeit begann das Moskauer Joint Institute for High Temperatures (JIHT) der Russischen Akademie der Wissenschaften mit der Planung ähnlicher Experimente für die MIR-Station, von denen zwei 1998 und 1999 durchgeführt wurden. 1998 beschlossen beide Institute künftig zusammenzuarbeiten, wobei die deutsche Seite für die Anlagenentwicklung, die russische Seite für den Transport zur Raumstation und den Betrieb zuständig wurde. Die Weltraum-Experimente werden gemeinsam von beiden Instituten geplant und ausgewertet.

Mit der vom MPE unter Leitung von Professor Dr. Gregor E. Morfill entwickelten PKE-Anlage begann im März 2001 die wissenschaftliche Nutzung der ISS. Mit „PK-3 Plus“ ist dort inzwischen die zweite Gerätegeneration im Einsatz. Im Rahmen der „Astrolab-Mission“ von Juli bis Dezember 2006 führte auch Deutschlands Langzeit-Astronaut Thomas Reiter Plasmakristall-Experimente im All durch. Aus den in Schwerelosigkeit gewonnenen wissenschaftlichen Daten sind bis dato mehr als 40 Veröffentlichungen allein in internationalen Fachjournalen entstanden.

Parabelflüge bereiten Aufenthalt im All vor
Bei dem Parabelflug im Februar steht den Wissenschaftlern eine hochauflösende Hightech-Kamera zur Verfügung, um die Plasmen noch detaillierter untersuchen zu können. Während der circa 20-sekündigen Schwerelosigkeitsphasen werden Kurzzeitexperimente wie das Aufeinandertreffen und Durchströmen zweier Teilchenwolken durchgeführt. Obwohl die physikalischen Vorgänge in komplexen Plasmen sehr viel langsamer als in echten Kristallen ablaufen, sind einige von ihnen so schnell, dass sie mit herkömmlichen Videokameras nicht mehr im Detail erfasst werden können. Jetzt werden die Forscher ihre Experimente mit bis zu 1000 Bildern pro Sekunde während des freien Falls verfolgen. Dieses Verfahren soll später auch auf der Raumstation angewandt werden.

DLR
Die PK-4-Anlage während eines Parabelfuges mit kurzzeitiger Schwerelosigkeit
(Bild: DLR)

Während desselben Parabelflugs kommt mit „PK-4“ auch die nächste Anlagengeneration zum Einsatz. Vor ihrem Flug zur Raumstation muss das von der Europäischen Weltraumorganisation ESA konstruierte Gerät noch Eignungstests bestehen. Voraussichtlich ab 2010 soll es im Columbus-Modul der ISS seinen Dienst tun. Die PK-4-Plasmakammer ist besonders geeignet zur Untersuchung der Strömungseigenschaften flüssiger Plasmen. Auch die übernächste Generation ist schon in Sicht: Mit Förderung des DLR werden derzeit völlig neuartige Plasma-Experimentkammern entwickelt, die das wissenschaftliche Potenzial erheblich erweitern werden.

Das JIHT hat unterdessen Interesse an der Fortführung des PK-3 Plus-Experiments auf der ISS über das ursprünglich vereinbarte Ende im Dezember 2009 hinaus signalisiert. Allerdings muss dann die Anlage in das kleine russische Experimentmodul MIM umziehen. Dieses wird im Herbst zur ISS gebracht und an den bisherigen Standort von PK-3 Plus, das Transfer-Compartment zwischen den russischen Stationsteilen „Sarja“ und „Swesda“, angedockt.

Nach oben scrollen