Die japanische Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung (Japan Aerospace Exploration Agency, JAXA) hat am 1. April 2019 bekanntgegeben, dass der Betrieb des experimentellen Kommunikationssatelliten Kizuna alias WINDS im Geostationären Orbit (GEO) aus technischen Gründen aufgegeben werden musste.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: JAXA.
Kizuna kreist seit dem Start auf der H-IIA-Rakete mit der Flugnummer F14 am 23. Februar 2008 vom Startzentrum Tanegashima aus um die Erde und hat seine Auslegungsbetriebsdauer von fünf Jahren erheblich überschritten.
Nach Angaben der JAXA trat wohl Anfang Februar 2019 ein als Kommunikationsanomalie bezeichnetes Problem an Bord des Satelliten auf. Bemühungen, noch einmal Verbindung zu dem Satelliten zu bekommen, scheiterten, berichtete die JAXA.
Angesichts der vorliegenden offiziellen Informationen ist davon auszugehen, dass die JAXA Anfang Februar 2019 die Kontrolle über Kizuna verloren hat und danach trotz angestrengter Bemühungen nicht wiedergewinnen konnte. Eine Auswertung der Bewegungen von Kizuna im GEO anhand von Daten der US-amerikanischen Weltraumüberwachung widerspricht dem nicht.
Bis Ende Januar 2019 stand Kizuna sehr „stabil“ an einer Position bei 143 Grad Ost im GEO – in Nord-Südrichtung schwankte Kizunas Bahn um etwa zwei Grad. Zwischenzeitlich begann Kizuna zu driften. Am Tag, als die JAXA mitteilte, dass man den Satellit aufgegeben habe, bewegte sich Kizuna im Bereich von 141,4 Grad Ost im Umfeld des GEO. Zwischenzeitlich ist der Satellit im Bereich um 139,7 Grad Ost unterwegs.
Ob eine geregelte umfangreiche Passivierung, wie sie bei Betriebsende von großen Kommunikationssatelliten mittlerweile nicht unüblich ist, bei Kizuna erfolgreich durchgeführt werden konnte, meldete die JAXA nicht. Wünschenswert wäre es gewesen, nach dem Erreichen eines sogenannten Friedhofsorbits in einem gewissen Sicherheitsabstand zum GEO, Tanks und Leitungen von übriggebliebenem Treibstoff und Druckgasen zu befreien, Akkumulatoren von ihrer Stromversorgung zu trennen und zu entladen, sowie vorher nicht benutzte redundante pyrotechnische Komponenten – das können zum Beispiel Ventile sein – auszulösen. Ob im Betriebsplan überhaupt vorgesehen war, den Satelliten bei seiner Außerbetriebnahme in einen Friedhofsorbit zu steuern, berichtete die JAXA ebenfalls nicht.
Berichtet hat die JAXA, man habe um 15:54 Uhr am 27. Februar 2019 einen Funkbefehl mit dem Inhalt, Kizuna solle seine Batterien und Transmitter abschalten, an das Raumfahrzeug gesendet.
Stolz meldete die JAXA, man habe mit Kizuna die seinerzeit schnellste Internetdatenübermittlung via Satellit realisieren können, und dabei eine Übertragungsrate von 3,2 Gigabit pro Sekunde erreicht. Außerdem habe man den Satellit mehrfach bei Katastrophenschutzübungen einsetzen können. Bei der Bewältigung des in Japan als „Große Erdbebenkatastrophe Ost-Japans“ bezeichneten Tōhoku-Erdbeben 2011 sei der Satellit hilfreich gewesen.
Kizuna ist eine Gemeinschaftsentwicklung des nationalen Instituts für Informations- und Kommunikationstechnologien (National Institute of Information and Communications Technology, NICT) und der JAXA.
Das Raumfahrzeug hatte nach dem Einschuss in den GEO laut JAXA eine Masse von rund 2.700 Kilogramm. Seine Hauptabmessungen betragen 2m×3m×8m, mit den beiden entfalteten Solarzellenauslegern beträgt seine Spannweite 21,5 Meter. Die elektrische Leistung, die die Solarzellenausleger im Idealfall bereitstellen konnten, lag bei rund 5.200 Watt.
An Bord betrieben wurden neben der umfangreichen Kommunikationsnutzlast drei Kameras vom japanischen Hersteller MEISEI, die neben der Überwachung von Entfaltungsvorgängen von Solarzellenauslegern und Antennen für einige zusätzliche Experiment benutzt wurden. Die Kameras konnten Videosequenzen und Standbilder im JPEG-Format liefern und verfügen über Flutlichter genannte Beleuchtungseinrichtungen.
Kizuna (きずな) alias WINDS (Wideband InterNetworking engineering test and Demonstration Satellite) ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 32.500 und als COSPAR-Objekt 2008-007A.
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