Krone aus Staub und Geröll

Nochmals hat das europäische Weltraumteleskop Herschel, mittlerweile kurz vor seinem prognostizierten Lebensende, eine interessante Entdeckung ermöglicht. Der Stern κ Coronae Borealis, etwa 100 Lichtjahre entfernt im gleichnamigen Sternbild, besitzt offenbar ein Planetensystem bisher unbekannten, außergewöhnlichen Aufbaus.

Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: ESA, Wikipedia. Vertont von Peter Rittinger.

ESA/Bonsor et al (2013)
Die hell leuchtende Scheibe um den Stern κ Coronae Borealis, aufgenommen von Herschel. Der Stern selbst befindet sich im dunklen Zentrum des Staub- und Geröllgürtels.
Bild: ESA/Bonsor et al (2013)

Herschel, dessen Vorrat an Kühlmittel für seine astronomische Sensorik nun rapide zur Neige geht, hat im fernen Infrarotbereich von 100 bis 160 μm eine stark, ringförmige Abstrahlung um den Stern κ Coronae Borealis lokalisieren können. Diese scheint von einem großen Ring aus Staub und Geröll auszugehen, der sich über große Bereiche des dortigen Planetensystems erstreckt. Bisher war schon bekannt, dass zumindest ein großer Exoplanet, oder ein ähnliches Objekt planetarer Masse, ebenfalls dort existiert

κ CrB ist ein sogenannter Unterriese der Spektralklasse K, dessen Masse etwa dem 1,5-fachen unserer Sonne entspricht und der vermutlich etwa halb so alt ist wie unser Heimatstern. Er nähert sich dem Ende seines Lebenszyklus’ und befindet sich in einer frühen Phase der Volumen-Expansion hin zu einem Roten Riesen. Damit entspricht sein Beispiel dem typischen Verhalten massearmer Sterne, deren Reservoire an fusionierbarem Wasserstoff im Kern aufgebraucht ist. Das Aufblähen dieser Giganten geschieht infolge der dann einsetzenden Prozesse des Helium- und Schalenbrennens

Genau aus diesem Grund erscheint er für die Forschung so interessant: bislang sind keine weiteren Sterne dieses Typs bekannt, die sowohl Planeten als auch einen markanten Staubgürtel in ihrem System beherbergen. Aufgrund dieses Alleinstellungsmerkmals, und auch hinsichtlich der Auswirkungen expandierender Riesensterne auf ihr Planetensystem, besteht dementsprechend einiges Forschungsinteresse.

Die vorliegenden Beobachtungen sprechen dafür, dass der gut sichtbare Gürtel aus dem Material zahlreicher kollidierter Asteroiden besteht. Dies vorausgesetzt erstaunt aber die Tatsache, dass er offenbar nur wenig jünger ist als der Stern den er umkreist. Aus dem Sonnensystem ist eine solche Langlebigkeit bisher nicht bekannt. Hier haben die inneren Planeten schon frühzeitig als regelrechte “Staubsauger” gewirkt und sämtliches Restmaterial in relativer Sonnennähe durch Kollision absorbiert. Bei κ CrB war dies hingegen augenscheinlich nicht der Fall. Die Astronomen haben nun grundsätzlich drei mögliche Varianten für die Konfiguration der Sternumgebung ausgemacht:

  1. Der beobachtete Gürtel schließt nach außen hin an einen inneren Planeten an, der sich auf einer Bahn mit einem Radius von mindestens sieben Astronomischen Einheiten um den Unterriesen bewegt. Die Scheibe aus Staub und Geröll hätte in diesem Modell eine enorme, weitgehend ununterbrochene Ausdehnung von 20 bis 220 AE Entfernung vom Zentralgestirn.
  2. Zwei Exoplaneten bewegen sich auf Bahnen innerhalb des Gürtels und “durchmischen” diesen mit ihrem Gravitationseinfluss. Durch die so initiierten Bahnänderungen und damit Kollisionen der Ringbestandteile entstünde laufend feineres Material.
  3. Der Gürtel wird von einem sehr großen, umlaufenden Körper in ein äußeres und ein inneren Ringsegment unterteilt. Dessen Sternorbit läge in einer Entfernung zwischen sieben und 70 AE. Auf dieser Position könnte der Körper so massereich sein, dass ein Brauner Zwerg statt lediglich einem großen Gasplaneten als Erklärung in Frage kommt.

Aufgrund der bisher singulären Beobachtung einer solchen Konstellation stehen diese bisherigen Konzepte aber weiterhin unter einem gewissen Vorbehalt. Genauere Erkenntnisse erhoffen sich die Astronomen deshalb von der Entdeckung weiterer Systeme mit ähnlichen Eigenschaften. Erste Hinweise auf deren Existenz ergeben sich scheinbar bereits aus Herschels bisherigem Beobachtungsmaterial.

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