Wissenschaftsmissionen LISA und EnVision nehmen weitere Hürde. Am 25. Januar 2024 wurden die Missionen LISA (Laser Interferometer Space Antenna) und EnVision im Wissenschaftsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation ESA zur Umsetzung freigegeben. Die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist finanziell maßgeblich an LISA und an EnVision mit einem substanziellen Zuschuss beteiligt. Das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme hat eine Multispektralkamera für EnVision entwickelt und gebaut. Die wissenschaftliche Leitung der Spektrometer-Suite liegt beim DLR-Institut für Planetenforschung. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: DLR 25. Januar 2024.
Am 25. Januar 2024 haben die große Flaggschiffmission LISA (Laser Interferometer Space Antenna) und die M-Klasse-Mission EnVision im Wissenschaftsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation ESA eine weitere, wichtige Hürde genommen. Das LISA-Observatorium zum Aufspüren von sogenannten Gravitationswellen wurde nun zusammen mit der EnVision-Mission zur Erkundung der Venus durch das Science Programme Committee (SPC) der ESA in einer „Mission Adoption“ formal in die Umsetzungsphase überführt. Damit können nun das detaillierte Design, der Bau und später die umfangreichen Tests von Sonden, Nutzlast und Bodeninfrastruktur in vollem Umfang begonnen werden. Die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist der größte Beitragszahler im Wissenschaftsprogramm der ESA und dadurch finanziell maßgeblich an der LISA-Mission und in Teilen an EnVision beteiligt. Dadurch werden wichtige Teile dieser beiden europäischen Raumfahrtgroßprojekte in Deutschland umgesetzt. Bei EnVision ist das DLR in Berlin maßgeblich an einem Hauptinstrument beteiligt. Die Leitung und Koordination der gesamten sogenannten VenSpec Suite liegt beim DLR-Institut für Planetenforschung. Das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme hat die Multispektralkamera zur Suche nach aktiven Vulkanen und zur Kartierung der Mineralogie entwickelt und gebaut
LISA – Schwingungen der Raumzeit aufspüren
Bereits 2017 wurde LISA als eine der drei großen Flaggschiff-Missionen im Wissenschaftsprogramm der ESA ausgewählt. Seitdem haben intensive Arbeiten zum technischen Konzept und dessen Umsetzung stattgefunden. Auch die bereits seit den 1990er Jahren laufende wissenschaftliche Vorbereitung einschließlich der äußerst komplexen Datenverarbeitung und -analyse wurde seitdem in einem weltweiten Konsortium von mehr als 1500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern intensiv fortgesetzt. Die ESA, wie auch die beteiligten nationalen Institutionen aus verschiedenen europäischen Ländern sowie der NASA in den USA und deren industrielle Auftragnehmer werden nun ihre jeweiligen Teams deutlich aufstocken, um die noch notwendigen, umfangreichen Entwicklungsarbeiten bis zum geplanten Start der Mission Mitte 2035 anzugehen.
LISA soll nach der Inbetriebnahme im All ab Ende 2035 niederfrequente Gravitationswellen aus dem Weltraum nachweisen und die Natur ihrer Quellen mit großer Genauigkeit bestimmen. Gravitationswellen als Schwingungen der Raumzeit werden durch schnelle zeitliche Änderungen in der räumlichen Verteilung sehr großer Massen wie zum Beispiel bei der Verschmelzung zweier stellarer oder auch supermassiver Schwarzer Löcher hervorgerufen. Die winzigen Amplituden einer Gravitationswelle lassen sich nur durch eine höchst empfindliche Laserinterferometrie nachweisen. Bei LISA wird dieses Laserinterferometer durch drei baugleiche Sonden aufgespannt, die ein nahezu gleichseitiges Dreieck mit rund 2,5 Millionen Kilometer Seitenlänge bilden. Damit wird LISA das bei weitem größte je von Menschen gebaute Observatorium sein.
LISA – größtes Observatorium wird mit maßgeblichem deutschen Anteil entwickelt und gebaut
LISA wird im Wissenschaftsprogramm der ESA unter Beteiligung der NASA und mit Beistellungen zur Nutzlast aus mehr als zehn europäischen Ländern unter anderem in Deutschland entwickelt und gebaut. Der industrielle Hauptauftragnehmer der ESA für die Gesamtmission wird im Januar 2025 aus einem deutschen beziehungsweise einem deutsch-italienischen Industriekonsortium ausgewählt: Airbus in Friedrichshafen und OHB in Bremen und Oberpfaffenhofen zusammen mit Thales-Alenia in Italien. Ein wissenschaftliches Konsortium ist maßgeblich an der Entwicklung von LISA beteiligt und baut zudem die Datenverarbeitung und -archivierung der Mission auf. Dabei kommt dem deutschen Beitrag zur Mission eine entscheidende und missionskritische Bedeutung zu. Dieser umfangreiche Beitrag zu LISA besteht wesentlich aus der führenden Rolle des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik / Albert-Einstein-Institut (AEI) in Hannover bei der Entwicklung des interferometrischen Nachweissystems (IDS – Interferometric Detection System), dessen Komponenten von verschiedenen Partnern in Europa bereitgestellt werden.
Das vom AEI entwickelte Herzstück des IDS ist neben dem optischen System, das vom Partner aus Großbritannien geliefert werden soll, das zentrale Phasenmeter der Mission. Dabei besteht eine enge Kooperation mit der Dänischen Technischen Universität (DTU) in Kopenhagen. Außerdem wird das Institut in Hannover in Zusammenarbeit mit niederländischen Partnern einen kritischen Mechanismus für die Nutzlast liefern. Das AEI unterstützt zudem die Mission und die ESA bei vielen Fragestellungen zum Systemdesign, wobei deren umfangreiche Erfahrungen aus der Entwicklung und dem Betrieb des Technologiedemonstrators LISA Pathfinder einfließen. Mit dieser Vorläufermission wurden von 2015 bis 2017 die entscheidenden Messprinzipien für LISA sehr erfolgreich im All erprobt. Zusammen mit der deutschen Raumfahrtindustrie hat das Albert-Einstein-Institut auch bei dieser Mission eine führende Rolle gespielt. Die gesamte Beteiligung des AEI an LISA, das auch die wissenschaftliche Leitung (Principal Investigator) der Gravitationswellenmission stellt, wird maßgeblich durch Zuwendungen der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt.
EnVision – eine vielfältige Mission zu unserem Nachbarplaneten Venus
EnVision wurde im Juni 2021 als fünfte M-Mission im sogenannten Cosmic Vision Programm der ESA ausgewählt und wurde nun ebenfalls zur Umsetzung freigegeben. Im Laufe des Jahres 2024 wird sie dazu einen industriellen Auftragnehmer in Europa auswählen, so dass die Arbeiten zur Fertigstellung des Designs und zum Bau des Raumfahrzeugs bald beginnen können. EnVision soll im Jahr 2031 mit einer Ariane-6-Rakete starten. Die Mission wird die Venus von ihrem inneren Kern bis zur äußeren Atmosphäre untersuchen und wichtige neue Erkenntnisse über die Entwicklung, die geologische Aktivität und das Klima des Planeten liefern. Dadurch soll EnVision die vielen, seit langem offenen Fragen zur Venus beantworten, insbesondere, wie und wann der Zwilling der Erde so unwirtlich geworden ist. Das DLR in Berlin wird dabei helfen, diese Fragen zu beantworten, denn sowohl das DLR-Institut für Planetenforschung als auch das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme sind dabei maßgeblich an einem der vier großen Instrumente der Mission beteiligt.
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