MPS: Supercomputer liefern neue Erkenntnisse über Sonnenmagnetfeld

Neue Ergebnisse stellen das herkömmliche Verständnis der Sonnendynamik in Frage und könnten in Zukunft die Vorhersage des Weltraumwetters verbessern. Eine Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung 14. Juni 2023.

Computersimulationen magnetischer Strukturen unter sonnenähnlichen Bedingungen. (Bild: MPS (J. Warnecke))
Computersimulationen magnetischer Strukturen unter sonnenähnlichen Bedingungen. (Bild: MPS (J. Warnecke))

14. Juni 2023 – In gewaltigen Ausbrüchen katapultiert die Sonne immer wieder Teilchen und Strahlung ins All. Auf der Erde kann dies Stromnetze lahmlegen oder Satelliten beschädigen. Verantwortlich für die Eruptionen ist das starke und dynamische Magnetfeld der Sonne. Wie dieses im Innern des Sterns erzeugt und verstärkt wird, ist noch nicht vollständig verstanden. Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlichte Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen und der Aalto-Universität im finnischen Espoo beantwortet nun eine der grundlegenden Fragen zu diesem komplexen Prozess. Durch den Einsatz von Petascale-Supercomputern ist es dem Team gelungen, die magnetischen Bedingungen in der Sonne so realitätsnah abzubilden wie nie zuvor. Die Berechnungen bekräftigen, dass kleinskalige Strömungen des elektrisch leitfähigen Sonnenplasmas eine entscheidende Rolle bei der Erzeugung des Magnetfelds spielen könnten.

Das Magnetfeld der Sonne entsteht durch einen Prozess, den Forschende als Dynamo bezeichnen. Darin generieren die solaren Plasmaströmungen zwei Effekte/Phänomene: den großskaligen Dynamo, der Magnetfelder auf Skalen vergleichbar mit der Größe der Sonne selbst erzeugt, und den kleinskaligen Dynamo, der für sehr viel feinere Magnetfeldstrukturen verantwortlich ist. Beide konnten bisher noch nicht vollständig am Computer simuliert werden. Tatsächlich ist es nicht einmal sicher, ob ein kleinskaliger Dynamo unter den in der Sonne herrschenden Bedingungen überhaupt existieren kann. Diese Ungewissheit zu beseitigen ist wichtig, denn ein solcher Dynamo hätte große Auswirkungen auf die gesamte Dynamik der Sonne.

In der neuen Studie sind Forschende des MPS und der Aalto-Universität nun genau dieser Frage nachgegangen: Kann unter sonnenähnlichen Bedingungen ein kleinskaliger Dynamo am Werk sein? Dafür führte das Team umfangreiche Computersimulationen auf Petascale-Supercomputern in Finnland und Deutschland durch.

„Mit einer der höchstauflösenden derzeit verfügbaren Computersimulationen haben wir die bisher realistischsten Bedingungen für die Modellierung dieses Dynamos geschaffen“, sagt Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg, Leiterin der MPS-Forschungsgruppe „Solare und Stellare Dynamos“ und außerordentliche Professorin an der Fakultät für Informatik der Aalto-Universität. „Wir haben nicht nur gezeigt, dass der kleinskalige Dynamo existiert, sondern auch, dass er umso plausibler wird, je mehr unser Modell der Sonne ähnelt“, fügt sie hinzu.

Einige frühere Studien deuteten darauf hin, dass der kleinskalige Dynamo unter den Bedingungen, die in Sternen wie der Sonne herrschen, möglicherweise nicht auftreten kann. Solche Sterne werden durch eine sehr niedrige magnetische Prandtl-Zahl beschrieben. In der Fluiddynamik und Plasmaphysik erlaubt es diese Größe zu vergleichen, wie schnell sich Schwankungen der Magnetfeldstärke und der Strömungsgeschwindigkeit in einem bestimmten Medium ausgleichen. Das Forscherteam um Korpi-Lagg hat Turbulenzbedingungen mit beispiellos niedrigen Werten der magnetischen Prandtl-Zahl modelliert und festgestellt, dass entgegen den bisherigen Annahmen ein kleinskaliger Dynamo bei solch niedrigen Werten existieren kann.

„Dies ist ein wichtiger Schritt um zu verstehen, wie das Magnetfeld in der Sonne und anderen Sternen entsteht“, so Dr. Jörn Warnecke vom MPS, Erstautor der neuen Studie. „Die neuen Ergebnisse werden helfen, das Rätsel um die Entstehung von Teilchen- und Strahlungsausbrüchen auf der Sonne zu lösen. Dies ist entscheidend, um die Erde vor gefährlichem Weltraumwetter schützen zu können“, fügt er hinzu.

Die Forschergruppe weitet ihre Studie derzeit auf noch niedrigere und somit sonnenähnlichere Werte der magnetischen Prandtl-Zahl aus. In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden zudem die Wechselwirkung des kleinskaligen Dynamos mit dem großskaligen Dynamo untersuchen. Dieser ist für den elfjährigen Zyklus der Sonne verantwortlich.

Originalveröffentlichung
Jörn Warnecke, Maarit J. Korpi-Lagg, Frederick A. Gent, & Matthias Rheinhardt: Numerical evidence for a small-scale dynamo approaching solar magnetic Prandtl numbers,
Nature Astronomy, 18. Mai 2023,
dx.doi.org/10.1038/s41550-023-01975-1,
https://www.nature.com/articles/s41550-023-01975-1,
pdf: https://www.nature.com/articles/s41550-023-01975-1.pdf.

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