Während der NASA-Budgetvorschlag für 2005 im US-Kongress bis auf Weiteres festgefahren ist, arbeitet die Raumfahrtbehörde bereits an Plänen zur bemannten Erforschung des Sonnensystems.
Autor: Gero Schmidt.
Am 22. Juli hatte ein Komitee des Repräsentantenhauses des Kongresses, das für die Zuweisung von Haushaltsmitteln zuständig ist, einen Gesetzesentwurf gebilligt, der dramatische Kürzungen im NASA-Budget für das kommende Jahr vorsieht. Der Entwurf war zwei Tage zuvor von einem Unterausschuss, der neben der NASA unter anderem auch noch für Veteranenangelegenheiten und die Umweltschutzbehörde zuständig ist, ausgearbeitet und einstimmig angenommen worden.
Die NASA würde nach dieser Gesetzesvorlage statt der beantragten Erhöhung sogar noch weniger Geld als im laufenden Jahr erhalten. Das eigentlich geforderte Budget wurde um sieben Prozent gekürzt. Betroffen sind vor allem Projekte, die direkt oder indirekt mit der neuen Raumfahrt-Initiative zusammenhängen. Sowohl die Gelder für das Crew Exploration Vehicle (CEV) wurden zusammengestrichen, als auch für Project Prometheus/Jupiter Icy Moons Orbiter (JIMO), außerdem Mittel zur Entwicklung von Technologien für bemannte Missionen zum Mond und zum Mars. Auch die verbliebenen Mittel aus dem auslaufenden Space Launch Initative-Programm, mit denen bisher vor allem die Arbeit des Exploration Systems Directorate, also gerade der NASA-Abteilung, die mit der Umsetzung der neuen Pläne befasst ist, finanziert wurde, wurden gekürzt. Kurz gesagt: Es wurde alles unternommen, um die neue Initiative bereits im ersten Jahr zu Fall zu bringen. Da mutet es fast schon zynisch an, wenn in dem Entwurf die Rede davon ist, dass man die neuen Ziele der NASA grundsätzlich unterstütze.
Mit dem Beschluss des Haushaltskommittes des Repräsentantenhauses ist das letzte Wort aber noch lange nicht gesprochen. Der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Tom DeLay, nannte den Entwurf “inakzeptabel” und hat bereits angekündigt, die Vorlage des Ausschusses nicht für eine Abstimmung durch das gesamte Repräsentantenhaus zuzulassen, sollten keine Änderungen daran vorgenommen werden. DeLay ist Republikaner und einer der wenigen Politiker, die bisher offen ihre Unterstützung für die Raumfahrtpläne von Präsident Bush gezeigt haben. Das mag auch damit zusammenhängen, dass das Johnson Space Center der NASA in seinem Heimatstaat Texas ein wichtiger Arbeitgeber ist. Außerdem hat der Senat noch keinen Entschluss über das NASA-Budget gefasst; es gibt aber Anzeichen, dass die Entscheidung hier positiver ausfallen könnte. Wenn das der Fall wäre, müssten sich das Repräsentantenhaus (sollten hier wider Erwarten doch keine Änderungen mehr erfolgen) und der Senat erst auf eine gemeinsame finale Version einigen. Sollten alle Stricke reißen, hat Präsident Bush schon jetzt verlauten lassen, er könnte gegen eine Gesetzesvorlage von Senat und Repräsentantenhaus, die keine ausreichenden Mittel für die NASA vorsieht, sein Veto einlegen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre es das erste Mal in der Geschichte, dass ein US-Präsident sich auf diese Weise für die NASA einsetzt. Es ist also noch ein langer Weg, bis klar ist, womit die NASA im nächsten Jahr rechnen kann und womit nicht.
NASA lässt sich nicht beirren
Ungeachtet aller politischen Schwierigkeiten hat die Raumfahrtbehörde damit begonnen, ihre Pläne für eine bemannte Rückkehr zum Mond und für Expeditionen zu anderen Zielen im Sonnensystem in die Tat umzusetzen. Gestern wurde ein so genanntes Broad Agency Announcement (BAA) veröffentlicht. Darin fordert die NASA die Industrie, Universitäten, Forschungseinrichtungen und sonstige Raumfahrt-Organisationen auf, bis Ende September ihre Vorschläge für Technologien, die solche Missionen möglich machen, einzureichen.
Die NASA interessiert sich dabei vor allem für Systeme, mit denen man künstliche Schwerkraft durch Rotation erzeugen könnte, für “aufblasbare” Habitate und für Technologien, welche die Nutzbarmachung lokaler Ressourcen beispielsweise auf dem Mars, ermöglichen sollen. Insbesondere der Ansatz, durch Rotation des Raumschiffs künstliche Schwerkraft zu erzeugen, ist interessant. Bisher hatte die NASA stets betont, es sei einfacher, die Astronauten in einer null-g Umgebung ans Ziel zu bringen und die negativen Nebeneffekte der Schwerelosigkeit durch Medikamente und Fitnesstraining zu bekämpfen. Damit wurde auch die Existenz der Internationalen Raumstation (ISS) immer wieder gerechtfertigt: Man brauche die Raumstation, um sich auf bemannte Langzeitmissionen vorzubereiten. Dass man nun auf künstliche Schwerkraft setzt, beraubt die ISS eines weiteren Teils ihrer (ohnehin fragwürdigen) Daseinsberechtigung und könnte ein Indikator dafür sein, dass sie auf der Prioritätenliste der NASA noch weiter abgerutscht ist.
Erste Details zu Mondmissionen
Frank Sietzen von UPI hat derweil Einzelheiten zu den für das nächste Jahrzehnt geplanten Mondmissionen in Erfahrung gebracht. Demnach geht man bei der NASA intern von einer ersten bemannten Landung im Jahr 2017 aus. Die ersten Missionen würden etwa eine Woche dauern und sich hauptsächlich auf einfach zu erreichende Landezonen entlang des Mondäquators beschränken. Sie wären vergleichbar mit den späten Apollo-Missionen (Apollo 15-17). In einer zweiten Phase könnten die Expeditionen auch die schwerer zugänglichen Gebiete, etwa die Pole, erfoschen, und im dritten Schritt könnte die Missionsdauer zusätzlich auf bis zu drei Monate verlängert werden. Zu diesem Zeitpunkt würde man mit dem Aufbau einer Mondbasis beginnen.
Ob all diese Pläne diesmal in die Tat umgesetzt werden oder wieder auf unbestimmte Zeit in der Schublade verschwinden, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen.
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