Mitte Februar haben Offizielle der NASA und der ESA eine Entscheidung über die nächsten Großmissionen der beiden Weltraumorganisationen getroffen. Vielleicht wird sich auch die japanische JAXA mit einem eigenen Beitrag daran beteiligen.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: NASA/ESA/Wikipedia.
Die derzeit laufende größte Mission, auch genannt „Flaggschiff-Mission“ der NASA ist die Saturn-Orbitsonde Cassini, zu der auch die ESA einen wichtigen Beitrag geliefert hat, die Landesonde Huygensfür den Saturnmond Titan. Frühere NASA-Missionen dieser Größenordnung waren etwa Viking zum Mars, Voyager ins äußere Sonnensystem und Galileo zum Jupiter. All´ dies waren aufwändige, Milliarden Dollar teure Missionen, die aber jeweils extrem wichtige Ergebnisse erbracht haben und von denen man heute noch redet, während viele kleinere Missionen längst vergessen sind.
In den letzten Jahren sah es nun lange so aus, als ob Cassini die letzte große Planetenmission ihrer Art bleiben wird. Aber das hat sich jetzt zum Glück geändert: NASA und ESA haben sich gemeinsam für eine neue Großmission entschieden, und vielleicht wird sich sogar die japanische Raumfahrtbehörde JAXA noch daran beteiligen.
Als Ziele zur Auswahl standen die Gasriesen Jupiter und Saturn mit ihren teils hoch interessanten Monden. Bei Jupiter stehen im Zentrum des Interesses die vier großen Galileischen Monde, und darunter besonders Europa. Bei Saturn sind es Titan und Enceladus. Die Missionen, die derzeit Europa Jupiter System Mission (EJSM) und Titan Saturn System Mission (TSSM) genannt werden, sind das Ergebnis einer Vereinigung früherer eigenständiger Konzepte von NASA und ESA. Noch 2007 untersuchte die NASA vier Missionskonzepte, aus denen im folgenden Jahr zwei Missionsvorschläge ausgewählt wurden. Ein Finalist war ein Europa-Orbiter, der speziell den hoch interessanten Mond Europa und seinen vermuteten Sub-Wasserozean untersuchen sollte. Der andere war ein Titan-Orbiter.
Unabhängig davon begann die ESA im Jahre 2007 einen internen Wettbewerb für eine Flaggschiffmission im Zeitfenster 2015-2025 ihres Cosmic-Vision-Programmes. Hier ergaben sich ebenfalls zwei Finalisten, die Missionen Laplace und Tandem. Laplace sollte aus mehreren Jupiter-Orbitern bestehen und Tandem aus mehreren Raumsonden zu Titan und Enceladus.
Als Vorbereitung für das Treffen im Februar studierten Ingenieure und Wissenschaftler beider Raumfahrtorganisationen sorgfältig die verschiedenen Vorschläge. Man war sich einig, dass die EJSM, von der ESA Laplace genannt, vom technisch Machbaren her früher durchzuführen sei als die TSSM beziehungsweise Tandem. Ferner kam man überein, dass auch das Titan-Missionskonzept weiter untersucht werden solle. „Obwohl die Jupitersystem-Mission vorgezogen werden soll, bleibt eine Saturnsystem-Mission weiterhin von hoher Priorität für die wissenschaftliche Gemeinde“, sagte Ed Weiler, stellvertretender Administrator des Science Mission Directorate der NASA in Washington.
„Dieses Gemeinschaftsunternehmen ist eine wunderbare neue Herausforderung in der Forschung und wird ein Meilenstein der Planetenwissenschaft des 21. Jahrhunderts sein“, sagte David Southwood, der wissenschaftliche Direktor der ESA.
Neue Herausforderungen
Die EJSM, so ist es derzeit geplant, wird aus zwei unbemannten Raumsonden bestehen, die Studien von bisher nicht gekannter Detailtiefe des Planeten Jupiter und seiner Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto durchführen können. Ein nicht offensichtlicher, aber wesentlicher Vorteil dieser Doppelmission besteht darin, die selben Untersuchungsziele mit ähnlicher Instrumentenausstattung von zwei verschiedenen Standpunkten aus gleichzeitig studieren zu können – ein Aspekt, der sich bei bisherigen Missionen oft nur zufällig und für kurze Zeit ergab, wenn eine Sonde an einem System vorbei flog, in dem eine andere Sonde gerade Untersuchungen durchführte, wie 2000 Galileo und Cassini beim Jupiter. Die NASA soll den Jupiter Europa Orbiter (JEO) bauen, der vorwiegend Europa untersuchen soll, die ESA den Jupiter Ganymede Orbiter (JGO), der analog vorwiegend Ganymed unter die Lupe nehmen soll. Ganymed ist der größte Mond des Sonnensystems überhaupt und der einzige Mond mit einem eigenen Magnetfeld, außerdem könnte auch er, wie Europa, über einen Wasserozean verfügen. Auch Kallisto mit seiner uralten, extrem verkraterten Oberfläche und Io mit seinem einzigartigen Vulkanismus gelten als interessante Ziele.
Die Sonden sollen 2020 mit zwei verschiedenen Trägern starten. Beim Jupiter würden sie dann 2026 ankommen und dort mindestens drei Jahre lang Forschung treiben, davon zwei Jahre in Jupiter-Orbits und ein Jahr in Europa- beziehungsweise Ganymed-Orbits. Da Europas Orbit enger ist als Ganymeds, ist dort auch die Strahlenbelastung wesentlich höher; die NASA will dem durch Schutzschilde und eine entsprechende „Härtung“ der Elektronik begegnen. Aus dem gleichen Grund kommt vermutlich auch ein längerer Aufenthalt um Io, dem innersten der vier großen Monde, nicht in Frage.
Bisher nur angedacht ist ein Beitrag der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA. Diese überlegt, einen Jupiter Magnetosphere Orbiter (JMO) zu bauen, der die komplexe Magnetosphäre Jupiters im Detail untersuchen soll.
Die TSSM würde, nach dem erfolgreichen Vorbild von Cassini, wieder aus einem NASA-Orbiter mit zwei ESA-Huckepack-Sonden bestehen: Einem Lander á la Huygens sowie einem Atmosphärenballon, wie sie in den 1970ern schon bei der Venus eingesetzt wurden. Diese komplexe Mission ist allerdings mit einigen technischen Schwierigkeiten behaftet, die zunächst noch weiterer Forschung und Entwicklung bedürfen.
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