Seit mittlerweile drei Jahren befindet sich das Weltraum-Radioteleskop Spektr-R/RadioAstron im All. Inzwischen werden immer mehr Beobachtungen ausgewertet und zeigen das Radiouniversum mit nie zuvor erreichter Präzision.
Quelle: ASC FIAN.
Von unserem Gastautor Stefan Heykes
RadioAstron untersucht eine Vielzahl von Radioquellen. Die beobachteten Objekte haben alle gemeinsam, dass sie relativ leuchtstark sind, um von dem kleinen 10m-Radioteleskop erfasst werden zu können. Die Art der Objekte ist aber vielgestaltig – so sind aktive Galaxienkerne ebenso dabei wie Pulsare oder Maser (natürlich auftretende Mikrowellen-Laser). Jetzt wurden vom federführenden Astrokosmischen Zentrum des Moskauer Lebedew-Physik-Instituts (ASC FIAN) Beobachtungsergebnisse von zwei aktiven Galaxienkernen sowie drei Pulsaren vorgestellt.
Der Quasar 0642+449
Dieses Objekt wurde am 9. und 10. März 2013 von einer ganzen Reihe Radioteleskope beobachtet, um eine komplette interferometrische Abbildung dieses aktiven Galaxienkerns bei 18cm Wellenlänge erzeugen zu können. Daran beteiligt waren neben RadioAstron das European VLBI Network (EVN), das russische Quasar-Netzwerk sowie die Radioteleskope in Green Bank (USA) und Jewpatorija (Krim).
Um eine möglichst hohe Bildqualität zu erreichen, muss bei einer solchen Beobachtung die Position der Teleskope zueinander mit hoher Genauigkeit bekannt sein. Um dies zu erreichen, wurden einige der kleineren EVN-Teleskope nicht für die eigentliche Beobachtung von 0642+449 verwendet, sondern zur Bahnverfolgung des Weltraumteleskops eingesetzt. Dieses Verfahren zur Positionsbestimmung läuft unter der Bezeichnung EVN-PRIDE und wird auch zur Verfolgung von Raumsonden verwendet.
Mit diesem Verfahren war es möglich, bis zu einer Basislänge (Distanz zwischen zwei Antennen) von 5,9 Erddurchmessern Beobachtungsdaten zu verarbeiten und somit eine Auflösung von 0,8 Millibogensekunden zu erreichen. Da die Auflösung von der Basislänge abhängt, ist dies etwa sechsmal besser als rein irdische Beobachtungen ermöglichen.
Der Blazar BL Lacertae
Der Prototyp der Blazer wurde am 11.November 2013 beobachtet. Ähnlich wie bei 0642+449 waren neben RadioAstron eine ganze Reihe Bodenteleskope beteiligt, in diesem Fall das EVN sowie das amerikanische Gegenstück VLBA. Hier wurde allerdings eine Wellenlänge von 1,3cm zur Beobachtung verwendet und somit bei einer Basislänge von bis zu 6 Erddurchmessern eine Auflösung von 33 Mikrobogensekunden erreicht. Dies ist eine der höchsten überhaupt in der Astronomie erreichten Auflösungen. Zum Vergleich: Das Hubble-Weltraumteleskop erreicht (allerdings im sichtbaren Licht) nur eine tausendfach schlechtere Auflösung.
Mit dieser Auflösung ist es möglich, in diesem 900 Mio Lichtjahre entfernten Objekt Strukturen mit einer Ausdehnung von nur 1,6 Lichtmonaten abzubilden. Angesichts der Ausdehnung von Galaxien, die wie bei der Milchstraße 100.000 Lichtjahre beträgt sind dies sehr feine Strukturen. Mit derart hoch aufgelösten Bildern wird es möglich sein, zukünftig noch mehr Erkenntnisse über derartige aktive Galaxienkerne zu gewinnen.
An diesen beiden Experimenten war auch das Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie entscheidend beteiligt, dessen Großrechner DiFX die Datenverarbeitung durchgeführt hat.
Die Pulsare B0950+08, B1919+21 und B0329+54
Die Beobachtung von Pulsaren unterscheidet sich grundsätzlich von der Untersuchung aktiver Galaxienkerne. Während bei AGNs versucht wird, mit hoher Auflösung interne Strukturen zu erkennen, ist dies bei Pulsaren – rotierenden Neutronensternen – aufgrund ihrer geringen Größe völlig unmöglich. Hier wird daher mit längeren Wellenlängen (RadioAstron beobachtet Pulsare normalerweise im 92cm-Band) gearbeitet und nicht nur der eigentliche Pulsar, sondern vielmehr das Material zwischen Pulsar und Teleskop untersucht.
Plasma hat nämlich die Eigenschaft, dass es Radiowellen streut oder ablenkt. Man beobachtet hier also von zwei möglichst weit entfernten Punkten, wie unterschiedlich die Radiopulse verzerrt wurden. B0950+08 wurde bereits am 25. Januar 2012 mit einer Basislänge von rund 220.000km beobachtet.
Diese Beobachtung erlaubt den Nachweis und die Untersuchung der Grenze der „lokalen Blase“ (einer Region geringer molekularer Dichte in der Nähe des Sonnensystems, in 85-550 Lichtjahren Entfernung) sowie in geringerer Entfernung (14,5 bis 53,5 Lichtjahre) die Grenze einer lokalen Molekülwolke.
Ganz ähnlich sahen die Resultate aus für die Pulsare B1919+21 und B0329+54, allerdings zeigen sich in dieser anderen Blickrichtung andere Entfernungen für solche streuenden Bereiche.
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