Hispasats Amazonas 1 im Friedhofsorbit

Der spanische Kommunikationssatellitenbetreibers Hispasat teilte am 23. Juni 2017 mit, dass sein Kommunikationssatellit Amazonas 1 in einen Friedhofsorbit gesteuert und dort abgeschaltet worden ist.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: Astrium, ESA, Hispasat, ILS, Raumfahrer.net.

Amazonas 1 im All – Illustration
(Bild: Hispasat)

Die Manöver von Amazonas 1, die ihn in einen Friedhofsorbit bringen sollten, hatten am 19. Juni 2017 begonnen. Nach Angaben von Hispasat wird man mit der erreichten neuen Bahn, die in rund 300 Kilometern Höhen-Abstand zum Niveau des Geostationären Orbits (GEO) liegt, den Bestimmungen der Internationalen Telekommunikationsunion (ITU) und des Weltraumschrott-Koordinierungskomitees der Raumfahrtorganisationen hinsichtlich der abzuwickelnden Schritte beim Erreichen des Einsatzendes eines geostationären Kommunikationssatelliten gerecht.

Am 23. Juni 2017 erhielt der Amazonas 1 nach Maßnahmen zur Passivierung sein letztes Kommando zur endgültigen Abschaltung vom Hispasat-Kontrollzentrum Arganda del Rey in der Nähe der spanischen Hauptstadt Madrid. Im Rahmen der Passivierung werden üblicher Weise in Tanks und Leitungen verbliebener Treibstoff und Druckgase abgelassen, Akkumulatoren von ihrer Stromversorgung getrennt und entladen, sowie vorher nicht benutzte redundante pyrotechnische Komponenten – das können zum Beispiel Ventile sein – ausgelöst.

Amazonas 1 kreist seit dem 4. August 2004 nach Start auf einer vom Startanbieter International Launch Services (ILS) vermarkteten Proton-M-Rakete mit Breeze-M-Oberstufe um die Erde. Kurz nach Erreichen der vorgesehenen Einsatzposition und Beginn einer IOT für in-orbit testing genannten Test- und Inbetriebnahmephase am 16. August 2004 wurde ein schleichender Druckverlust in einem seiner Oxidatortanks für sein chemisches Antriebssystem festgestellt. Wegen des vermutlich auf Grund eines fehlerhaften Ventils verursachten Druckverlusts war eine Verkürzung der möglichen Nutzbarkeit des Satelliten als gegeben zu betrachten und sicher, dass das dreiachstabilisierte Raumfahrzeug seine Auslegungsbetriebsdauer von 15 Jahren nicht erreichen würde.

Zunächst nahm man an, das sich Amazonas 1 trotz des nicht geplanten Verlusts von Stickstofftretoxid sicher zehn Jahre einsetzen lassen würde. Später (2008) vermutete man, nicht mehr als fünf Betriebsjahre realisieren zu können. Schließlich konnte sich der Satellit aber doch über reichlich zwölf Jahre lang kommerziell nutzen lassen. Den Großteil seiner Einsatzzeit verbrachte Amazonas 1 im GEO an einer Position bei 61 Grad West. Ab 2014 stand der Satellit nach einer Vereinbarung mit Intelsat bei 55 Grad West im GEO. Dort wurde er zuletzt auch als Hispasat 55W-1 bezeichnet.

Für Hispasat war Amazonas 1 ein Meilenstein bei der Entwicklung des Geschäfts in Lateinamerika. Der Satellit wurde zur Verbindung und Versorgung von Empfängern in allen Teilen Amerikas, in Europa und in Nordafrika eingesetzt. Zur Erfüllung seiner Aufgaben war das von Airbus bzw. Astrium auf Basis des Satellitenbus Eurostar-3000S aufgebaute Raumfahrzeug mit 27 C- und 36 Ku-Band-Transpondern ausgestattet worden (19 C- und 32 Ku-Band-Transponder gleichzeitig betreibbar), sowie insbesondere mit einem erstmals im All benutzten AmerHis genannten Kommunikationssystem auf Basis des DVB-Prozessors Alcatel 9343 DVB.

Zum Zeitpunkt des Starts von Amazonas 1 war auch der Einsatz von Lithiumionen-Akkumulatoren zur Stromspeicherung innovativ. Der Satellit war nach dem ebenfalls von Astrium gebauten Eutelsat W3A der zweite Kommunikationssatellit weltweit, der Lithiumionen-Akkumulatoren im Weltraum nutzte. Amazonas 1 besitzt Akkumulatoren des Typs VES 140, die SAFT in seiner Fabrik im französischen Bordeaux produziert und in der Niederlassung Pontiers entworfen, zusammengesetzt und getestet hatte. Zur Ladung der Akkumulatoren und Versorgung der übrigen elektrischen Systeme der Kommunikationsnutzlast und des raumflugtechnischen Teils des Satelliten dienten zwei Solarzellenausleger mit einer elektrischen Leistung von nominal 9,5 Kilowatt bei Betriebsende, von denen die Kommunikationsnutzlast maximal 7,4 Kilowatt benötigte. Die Ausleger geben dem Satelliten eine Spannweite von rund 35 Metern.

Die Startmasse von Amazonas 1 lag bei 4.545 Kilogramm, seine Leermasse bei 2.121 Kilogramm. Amazonas 1 (AMZ1) alias Hisapsat 55W-1 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 28.393 und als COSPAR-Objekt 2004-031A.

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