NGC 1316 – Eine Galaxie mit stürmischer Vergangenheit

Eine am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt die Galaxie NGC 1316 und ihre kleinere Nachbarin NGC 1317. Diese beiden Galaxien liegen räumlich recht nahe beieinander, weisen aber sehr unterschiedliche Entwicklungsgeschichten auf.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, Wikipedia.

ESO, IAU, Sky&Telescope
In dieser Karte ist die Position der beiden im Sternbild Chemischer Ofen (lat. Name “Fornax”) gelegenen Galaxien NGC 1316 und 1317 durch einen roten Kreis markiert.
(Bild: ESO, IAU, Sky&Telescope)

Mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,4 mag handelt es sich bei der am 2. September 1826 von dem schottischen Astronomen James Dunlop entdeckten und im Sternbild “Chemischer Ofen” (lat. Name “Fornax”) befindlichen linsenförmigen Galaxie NGC 1316 um das hellste Mitglied des etwa 65 Millionen Lichtjahre von unser Heimatgalaxie entfernt gelegenen Fornax-Galaxienhaufens. Die Winkelausdehnung der Galaxie beträgt 11,5 × 7,9 Bogenminuten, woraus sich bei einer Entfernung von rund 60 Millionen Lichtjahren von der Erde ein Durchmesser von etwa 225.000 Lichtjahren ableiten lässt. Somit ist diese Galaxie in etwa doppelt so groß wie unsere Heimatgalaxie.

Als die vierthellste Radioquelle am gesamten Himmel im Bereich einer Radiofrequenz von 1.400 MHz trägt NGC 1316 auch die Bezeichnung “Fornax A”. Das “A” in dieser zusätzlichen Bezeichnung besagt, dass sie zugleich die hellste Radioquelle in diesem Sternbild ist. Verursacht wird diese Radiostrahlung von dem Material, welches in das im Zentrum dieser Galaxie gelegene supermassive Schwarze Loch hineinfällt. Wechselwirkungen mit anderen Galaxien in der unmittelbaren Nachbarschaft dürften diese Radioquelle dabei mit zusätzlichem Material versorgen.

Mehrere Strukturen in der Umgebung von NGC 1316 zeigen den Astronomen außerdem, dass diese Galaxie eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Zum Beispiel verfügt NGC 1316 über eine Population von ungewöhnlich kleinen Kugelsternhaufen. Des weiteren beinhaltet diese Galaxie einige ungewöhnliche Staubbänder, welche in einer viel größeren Hülle aus Sternen eingebettet sind. Dies ist ein Hinweis darauf, dass NGC 1316 vor etwa drei Milliarden Jahren eine staubreiche Spiralgalaxie “verschluckt” haben könnte. Detailaufnahmen dieser Staubbänder wurden durch das Weltraumteleskop Hubble angefertigt und sind auf dieser Internetseite einsehbar.

ESO
Die kleine Spiralgalaxie NGC 1317 (rechts im Bild) scheint ein ruhiges Leben geführt zu haben, wogegen die benachbarte Galaxie NGC 1316 diverse ‘Narben’ aus Verschmelzungen mit anderen Galaxien aufweist.
(Bild: ESO)

Außerdem sind um die Galaxie herum verteilt mehrere sehr lichtschwache Gezeitenarme erkennbar. Hierbei handelt es sich um lange streifenförmige Ausläufer und kugelförmige Schalen aus Sternen, welche aus ihrer ursprünglichen Umgebung herausgerissen und in den intergalaktischen Raum verfrachtet wurden. Derartige Strukturen entstehen typischerweise durch komplexe Gravitationseffekte, welche auf die Umlaufbahnen der Sterne einwirken, sobald sich zwei Galaxien sehr nahe kommen. All diese Indizien lassen auf eine sehr turbulente Vergangenheit schließen, in deren Verlauf sich NGC 1316 mehrere andere Galaxien einverleibt hat. Vermutlich wird sich dieser Prozess auch in Zukunft fortsetzen.

Die ebenfalls im Jahr 1826 von James Dunlop entdeckte Galaxie NGC 1317 stellt dagegen ein klassisches Paradebeispiel für eine Spiralgalaxie dar, welche im Gegensatz zu ihrer größeren kosmischen Nachbarin ein bisher eher ruhiges Leben geführt haben dürfte. Bei einer scheinbaren Helligkeit von 11,0 mag verfügt diese etwa sechs Bogenminuten von NGC 1316 entfernt gelegene Galaxie über eine Ausdehnung von 2,8 x 2,4 Bogenminuten.

Das am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Bild ist ein Komposit von verschiedenen Einzelaufnahmen, welche mit dem 2,2-Meter-MPG/ESO-Teleskop des La-Silla-Observatoriums der ESO in Chile angefertigt wurden. Das ursprüngliche wissenschaftliche Ziel der Beobachtungen bestand darin, die lichtschwächsten Merkmale dieser Galaxien sichtbar zu machen und die Störungen innerhalb dieses interessanten Systems näher zu untersuchen.

ESO, Digitized Sky Survey 2
Diese Weitfeldaufnahme des Galaxienpaares NGC 1316 und NGC 1317 wurde aus Aufnahmen aus dem Digitized Sky Survey 2 zusammengesetzt.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2)

Zusätzlich bietet dieses Foto einen Einblick in das weit entfernte Universum, welches deutlich über die beiden relativ hellen Galaxien im Vordergrund hinausreicht. Die meisten der in diesem Foto erkennbaren ‘schlierigen Flecken’ zeigen nochmals viel weiter entfernte Galaxien. Eine besonders dichte Galaxien-Konzentration ist dabei links von NGC 1316 erkennbar.

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