Zunehmende Probleme mit seinem Flash-Speicher haben dazu geführt, dass der Marsrover Opportunity bis auf weiteres auf dieses spezielle Speichermedium verzichten muss. Trotzdem steht der Fortsetzung der Mission nichts im Weg. Bereits in wenigen Wochen soll der Rover ein aus geologischer Sicht besonders interessanten Gebiet erreichen und anschließend intensiv untersuchen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Malin Space Science Systems, The Planetary Society, UMSF-Forum, New Mexico Museum of Natural History & Science.
Üblicherweise kann der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity einen Großteil seiner an einem bestimmten ‚Arbeitstag‘ aufgezeichneten wissenschaftlichen Daten und Telemetriewerte noch am späten Nachmittag des gleichen Tages an einen der drei NASA-Marsorbiter Mars Odyssey, Mars Reconnaissance Orbiter oder MAVEN übermitteln, von wo aus diese dann bei passender Gelegenheit an das Deep Space Network der NASA weitergeleitet werden. Alle nicht übermittelten Daten werden dagegen am Ende eines jeden Arbeitstages zunächst in dem nichtflüchtigen Flash-Speicher des Bordcomputers abgelegt, wo sie dann auch während der routinemäßigen nächtlichen Abschaltungen des Rovers erhalten bleiben.
Allerdings ist der für eine Missionsdauer von gerade einmal drei Monaten ausgelegte Rover jetzt bereits seit fast elf Jahren auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten aktiv und das permanente Überschreiben des Flash-Speichers hat zur Folge, dass dieser mittlerweile deutliche Anzeichen einer ‚Altersschwäche‘ aufweist. Dies macht sich dadurch bemerkbar, dass die Daten in manchen Fällen nicht wie beabsichtigt im Flash-Speicher abgelegt und gespeichert werden können und der Bordcomputer dadurch bedingt am Beginn des nächsten Arbeitstages einen ‚Reboot‘ ausführt.
Als Reaktion auf den dadurch ausgelösten Computer-Reset stoppt Opportunity automatisch alle weiteren für diesen Tag vorgesehenen Aktivitäten und versetzt sich stattdessen in einen als „Automode“ bezeichneten Betriebszustand, in dem der Rover lediglich passiv auf der Marsoberfläche verharrt und auf weiterführende Kommandos von der Erde wartet. Die für die Mission verantwortlichen Ingenieure entschlossen sich daher bereits im September 2014 dazu, eine Neuformatierung des Speichers durchzuführen (Raumfahrer.net berichtete).
Hierbei testete ein speziell zu diesem Zweck entwickelter und an den Rover übermittelter Algorithmus die einzelnen Komponenten des Flash-Speichers und identifizierte und markierte die fehlerhaften Speicherbereiche. Diese wurden daraufhin nicht mehr für die weitere Ablage von Daten genutzt. Ursprünglich betrug die Größe des Flash-Speichers 227.985.408 Bytes. Durch die ‚Entfernung‘ der fehlerhaften Bereich reduzierte sich diese Speichergröße um 1.728.000 Bytes beziehungsweise um 0,758 Prozent. Leider stellte sich in den folgenden Tagen heraus, dass diese prinzipiell erfolgreich verlaufene Neuformatierung doch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Auch an den folgenden Missionstagen kam es mehrfach zu ungewollten Neustarts des Hauptcomputers von Opportunity.
Diese Situation verschlechterte sich Ende November 2014 so sehr, dass das für die Kontrolle des Rovers zuständige Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien am 4. Dezember eine zweite Neuformatierung des Flash-Speichers durchführte. Bereits am 6. und dann erneut am 7. Dezember trat das Problem jedoch erneut auf. Aus diesem Grund entschlossen sich die Mitarbeiter der Mission dazu, bis auf weiteres komplett auf den Einsatz des Flash-Speichers zu verzichten und die gesammelten Daten stattdessen im normalen RAM-Speicher des Bordcomputers abzulegen. Seit einem entsprechend modifizierten Neustart des Computersystems am 8. Dezember traten dann bisher auch keine weiteren Computerprobleme auf.
Allerdings handelt es sich bei dem RAM-Speicher um einen flüchtigen Speicher. Alle hier abgelegten Informationen gehen somit unwiderruflich verloren, sobald Opportunity sich am Abend eines jeden Tages aus energiebedingten Gründen in den „Deep Sleep“-Modus versetzt. Um den Datenverlust möglichst gering zu halten müssen somit die gesammelten Daten noch vor dem Übertritt in den Schlafmodus zur Erde transferiert werden.
Die Gewinnung von nächtlichen Telemetriedaten, welche Auskunft über den technischen Zustand der einzelnen Systeme während der kalten Marsnächte geben, ist dagegen derzeit nicht mehr möglich. Auch müssen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler bis auf weiteres darauf verzichten, die Instrumente des Rovers während der Nachtstunden zu betreiben. Speziell das am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelte APX-Spektrometer von Opportunity wurde bisher hauptsächlich während der kühlen Marsnächte oder in den frühen Vormittagsstunden eingesetzt.
Allerdings gehen die beteiligten Mitarbeiter davon aus, dass der Rover nicht dauerhaft ohne seinen Flash-Speicher auskommen muss. Offenbar – so zeigten die bisherigen Analysen bereits im Oktober 2014 – sind die derzeitigen Probleme auf eine einzige der insgesamt sieben Speicherbänke des Flash-Speichers zurückzuführen, welche zum zwischenzeitlichen Ablegen von Daten genutzt werden. Die Spezialisten des JPL arbeiten derzeit an der Entwicklung einer Methode, mit der diese spezielle Speicherbank in Zukunft komplett ‚isoliert‘ und anschließend nicht mehr genutzt werden soll. Die sich dadurch hoffentlich wieder ergebende Stabilität des Flash-Speichers würde die damit verwundene Reduzierung der Gesamtkapazität des Speichers um rund 14 Prozent mehr als nur ausgleichen.
„Die Mission kann auch fortgesetzt werden, ohne dass wir unsere Daten in dem Flash-Speicher ablegen“, so John Callas, der Projektmanager der Opportunity-Mission vom JPL. „Während wir Opportunity weiterbetreiben, arbeiten wir an einer Lösung, durch die wir den Flash-Speicher wieder nutzen können. Aber wir wollen dieses Verfahren erst eingehend testen, bevor wir die entsprechenden Änderungen in die Praxis umsetzen.“
Weiterfahrt nach Süden
Obwohl das Problem mit dem Flash-Speicher in den letzten Wochen mehrfach zu unvorhergesehenen Komplikationen geführt hat, konnte Opportunity seine Fahrt am Westrand des rund 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters trotzdem erfolgreich fortsetzen. Am 10., 12. und 16. Dezember – dies entspricht dem Missionstagen Sol 3868, Sol 3870 und Sol 3873 – überbrückte der Rover dabei eine Distanz von insgesamt rund 110 Meter. Bei der bisher letzten Fahrt, welche erst am 18. Dezember erfolgte, wurden weitere 80 Meter in die südliche Richtung zurückgelegt.
Bei dem dabei angepeilten ‚Fern-Ziel‘ handelt es sich um ein mit dem Namen „Marathon Valley“ belegtes Tal, welches sich ebenfalls im Bereich des westlichen Endeavour-Kraterrandes befindet. Hier wurden in den vergangenen Jahren durch das CRISM-Spektrometer des Mars Reconnaissance Orbiter (kurz MRO) erhöhte Konzentrationen von verschiedenen Tonmineralen und Schichtsilikaten registriert, welche sich dort anscheinend auf engen Raum konzentrieren.
Durch die eingehende Untersuchung dieser Minerale, welche sich nur unter dem langfristigen Einfluss von Wasser mit einem nahezu neutralen pH-Wert gebildet haben können, und der Erforschung der allgemeinen geologischen Bedingungen erhoffen sich die an der Opportunity-Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Vorgänge, welche einstmals zu der Bildung dieser Tonminerale führten und über die Umweltbedingungen, die dabei vor Jahrmilliarden in diesem Bereich der Marsoberfläche vorherrschten.
Außerdem sind auf den Aufnahmen der ebenfalls an Bord des MRO befindlichen HiRISE-Kamera an den Innenwänden dieses Tals verschiedene Gesteinsschichten erkennbar. Wie bei einer extrem verkleinerten Version der Steilwände des Grand Canyon im US-Bundesstaat Arizona ergibt sich hier für die Marsforscher eventuell auf kleinstem Raum ein Einblick in die langfristige klimatologische und geologische Geschichte dieser Region der Marsoberfläche.
Sofern keine weiteren Probleme auftreten sollte der Rover dieses derzeit noch etwa 720 Meter entfernt liegende Tal bereits in wenigen Wochen erreichen. Zuvor soll Opportunity jedoch noch den Gipfel des Cape Tribulation – so der Name des in den letzten Monaten von dem Rover untersuchten Teilbereiches des Randes des Endeavour-Kraters – ‚erklimmen‘. Bis zum Erreichen des Gipfels muss noch eine Strecke von etwa 120 Metern zurückgelegt werden. Von diesem ‚Aussichtspunkt‘ aus dürfte sich ein hervorragender Blick auf das umgebende Gelände bieten, welches die für den Betrieb der Hauptkamera des Rovers verantwortlichen Wissenschaftler wohl auch erneut für die Anfertigung von weiteren Panoramaaufnahmen nutzen werden.
Während der kommenden Weihnachtstage wird Opportunity jedoch zunächst einmal nur ein eingeschränktes Programm absolvieren, welches nur wenige Fahrten beinhaltet. Die für die Steuerung von Opportunity verantwortlichen ‚Roverdriver‘ des JPL werden dazu sogenannte ‚Multi-Sol‘-Pläne erstellen, in denen die Aktivitäten für jeweils mehrere Tage enthalten sind, welche der Rover dann selbstständig und ohne weitere Kontrolle abarbeiten soll. Für das jetzige Wochenende sehen die Pläne zum Beispiel in erster Linie diverse Fotoaufnahmen vor, welche von den Navigations- und Panoramakameras des Rovers angefertigt werden sollen.
Wetter und Energiesituation
Neben dem allgemeinen technischen Zustand des Rovers muss bei der Opportunity-Mission jedoch auch immer ein Blick auf die aktuelle Energiesituation geworfen werden. Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover der NASA, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist der mit Solarpaneelen ausgestattete Rover Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf die Sonne angewiesen. Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen.
Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Bei komplett staubfreien Paneelen würde dieser Wert 100 Prozent betragen. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 17.12.2014: 0,494 kWh/Tag , Tau-Wert 1,189 , Lichtdurchlässigkeit 64,60 Prozent
- 09.12.2014: 0,500 kWh/Tag , Tau-Wert 1,215 , Lichtdurchlässigkeit 65,90 Prozent
- 01.12.2014: 0,468 kWh/Tag , Tau-Wert 1,376 , Lichtdurchlässigkeit 63,80 Prozent
- 26.11.2014: 0,469 kWh/Tag , Tau-Wert 1,458 , Lichtdurchlässigkeit 65,10 Prozent
- 19.11.2014: 0,494 kWh/Tag , Tau-Wert 1,467 , Lichtdurchlässigkeit 67,40 Prozent
- 11.11.2014: 0,516 kWh/Tag , Tau-Wert 1,474 , Lichtdurchlässigkeit 71,30 Prozent
- 06.11.2014: 0,505 kWh/Tag , Tau-Wert 1,359 , Lichtdurchlässigkeit 71,10 Prozent
Bereits seit dem Juli 2014 registrieren die an der Opportunity-Mission beteiligten Wissenschaftler einen durch die Bildung diverser regional begrenzter Staubstürme bedingten stetig erfolgenden Anstieg der Tau-Werte, welcher sein Maximum erst Ende Oktober erreichte. Seitdem haben Anzahl und Stärke der Stürme zwar abgenommen – gleichzeitig haben sich jedoch auch große Mengen an Staub, welche zuvor in die Atmosphäre befördert wurden, wieder auf der Marsoberfläche und somit auch auf den Solarpaneelen des Rovers abgelagert. Trotzdem steht Opportunity derzeit immer noch mehr als genügend Energie zur Verfügung, um seine Aktivitäten auch weiterhin ungestört fortzusetzen. Allerdings beeinträchtigt dieser Staub die Qualität der derzeit anzufertigen den Aufnahmen doch beträchtlich.
Anzeichen für einen globalen Staubsturm?
In der Zeit zwischen dem 8. und dem 14. Dezember registrierte die MARCIE-Kamera – ein weiteres der insgesamt sieben Instrumente des NASA-Marsorbiters MRO – im Randbereich der südlichen Polarkappe des Mars eine Vielzahl an kleineren Sturmgebieten. Der dabei aufgewirbelte Staub erzeugte in diesem Bereich der Marsatmosphäre eine ausgedehnte, diffuse Staubwolke. Über der nördlichen Marshemisphäre war dagegen über dem Utopia Planitia über mehrere Tage hinweg ein lokal begrenztes Sturmgebiet aktiv. Deutlich auffälliger war dagegen ein weiteres Sturmgebiet, welches sich im gleichen Zeitraum – dem „Acidalia Storm Track“ folgend – von dem auf der Nordhälfte des Mars gelegenen Chryse Planitia bis weit in die südliche Hemisphäre bewegte. Zum ‚Stillstand‘ kam dieses spezielle Sturmgebiet erst über dem östlich des Aryre Planitia gelegenen Hochland Noachis Terra.
Der Acidalia Storm Track hat seinen Ursprung in der Tiefebene Acidalia Planitia auf der nördlichen Marshemisphäre. Diese Region ist eine der typischen ‚Geburtsstätten‘ von Staubstürmen auf unserem Nachbarplaneten. Von dort aus ziehen diese Stürme dann in die südliche Richtung. Sie bewegen sich dabei zuerst über das Chryse Planitia, erreichen anschließend das Xanthe Terra und überqueren dann den östlichen Bereich der am Marsäquator gelegenen Valles Marineris. Von dort aus bewegen sie sich bis zu dem Impaktbecken Aryre Planitia und dem westlich davon gelegenen Aonia Terra auf der südlichen Hemisphäre.
Bedingt durch die klimatischen Bedingungen auf dem Mars treten solche dem Acidalia Storm Track folgenden Stürme etwa alle zwei Jahre speziell während der Zeit des auf der südlichen Hemisphäre beginnenden Frühlings auf. Es ist jedoch ungewöhnlich, dass sich derartige Staubstürme auch zu solch späten Zeitpunkten – der Frühling begann auf der Südhemisphäre bereits vor fünf Monaten und mittlerweile herrscht Sommer – bilden. Zuletzt wurde ein vergleichbares Phänomen von den Marsforschern im Jahr 2007 registriert. Die damals beobachteten Stürme waren die Vorläufer für einen globalen Staubsturm, welcher den gesamten Mars für einen Zeitraum von mehreren Wochen vollständig mit einer dichten Staubschicht umhüllte und der dabei eine ernsthafte Bedrohung für den Marsrover Opportunity darstellte.
Die Marsforscher werden diese Entwicklung auch in den kommenden Tagen und Wochen im Blick behalten. Nach den umfangreichen Aktivitäten von diversen regionalen Staubstürmen, welche während der letzten Monate auf der südlichen Marshemisphäre beobachtet wurden, und die sich dabei keineswegs zu den gesamten Planeten umspannenden Stürmen entwickelten, wird es allerdings als eher unwahrscheinlich angesehen, dass sich aus dem jetzt beobachteten Sturmgebiet ein globales Ereignis entwickeln wird.
Bis zum heutigen Tag – dem Sol 3877 seiner Mission – hat der Rover Opportunity rund 41.500 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei 199.314 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am JPL übermittelt.
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:
Verwandte Seiten bei Raumfahrer.net: