Plancks weiter Blick

Das europäische Weltraumteleskop ermöglicht den bisher weitestgehenden Blick zurück in das junge Universum. Heute wurden erste umfangreiche Ergebnisse der wissenschaftlichen Mission veröffentlicht, die, zusammen mit dem Schwesterteleskop Herschel, im Mai 2009 zum Lagrange-Punkt 2 des Systems Sonne-Erde startete. Mehrere Dutzend europäische und amerikanische Forschungseinrichtungen hatten die Sonde unter Koordination der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelt.

Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: ESA, NASA.

ESA, Planck Collaboration
Kosmische Hintergrundstrahlung als zusammengesetztes Bild nach den Daten Plancks.
(Bild: ESA, Planck Collaboration)

Planck operiert mit seiner Sensorik im Mikrowellen- und Submillimeterbereich, konkret also einem Frequenzspektrum von etwa 25 bis 1.000 GHz. Dies ist eine vergleichsweise breite Abdeckung, die durch den kombinierten Einsatz zweier Instrumente im Teleskop ermöglicht wird. Diese lassen, so das Kalkül bei der Entwicklung der Sonde, aufgrund ihrer Empfindlichkeit und hohen Auflösung bisher einmalige Beobachtungen des Untersuchungsgegenstandes von Planck zu: der kosmischen Hintergrundstrahlung. Das Konzept scheint sich nun tatsächlich bewährt zu haben. Heute veröffentlichte die ESA, zusammen mit ihren Partnern, umfangreiche Erkenntnisse der astronomischen Forschung die auf Plancks Messdaten basieren.

Kernstück der Ergebnisse ist eine neue, in ihrer Genauigkeit bislang unerreichte, Karte der Mikrowellenstrahlung aus der Frühzeit des Universums. Die grafische Darstellung der Strahlungsverteilung nur 380.000 Jahre nach dem Urknall weist dabei auf eine erstaunliche Homogenität des damaligen Kosmos’ hin.

Die präzise Analyse der Hintergrundstrahlung ermöglicht, neben der Nachvollziehbarkeit gegenwärtiger Materieverteilung im Universum, auch eine verbesserte Schätzung des Vorkommens Dunkler Materie und Dunkler Energie. Letztere ist wohl doch deutlich seltener im Universum vorhanden als bisher angenommen. Rund 68,3 Prozent soll ihr kosmischer Anteil ausmachen. Das sind mehr als 4% weniger als bis dato angenommen. Entsprechend in größerem Umfang vorhanden sind wohl hauptsächlich die Dunkle Materie, aber eben auch die uns unmittelbar bekannte, “gewöhnliche” Materie. Sie macht den jetzt aktuellsten Erkenntnissen zufolge 4,9% der Zusammensetzung des Universums aus.

Die Dunkle Materie ist ein astronomisches Postulat, das die beobachteten Gravitationswirkungen im Universum erklären soll, die sich nicht nur mit “gewöhnlicher” Materie schlüssig begründen lassen. In ähnlicher Weise soll die Dunkle Energie eine fremdartige Triebkraft anschaulich machen, die das Universum in seiner Expansion auf bisher nicht völlig verstandene Weise beschleunigt.

ESA - C. Carreau
Zeitskala der Entwicklung des Universums. Die Periode der Inflation folgte direkt auf den Urknall und dauerte nur 10 -32 Sekunden. Hervorgehoben ist der Zeitpunkt, von dem die detektierte Hintergrundstrahlung stammt.
(Bild: ESA – C. Carreau)

Eine weitere Folgerung aus den aufgearbeiteten Daten Plancks ist eine neue Angabe zum Alter des Universums. Es soll etwa 100 Millionen Jahre älter sein als bislang vermutet, nämlich 13,82 Milliarden Jahre. Entsprechend geringer als angenommen scheint demnach auch seine (gegenwärtige) Expansionsrate auszufallen. Sie wird durch die Hubble-Konstante repräsentiert, deren Wert jetzt, nach Daten des Weltraumteleskops, auf 67,15 +/- 1,2 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec geschätzt wird.

Zusätzlich konnten auch Rückschlüsse auf die unmittelbare Zeitperiode nach dem Urknall, die sogenannte Inflation, gezogen werden. Die homogene Struktur des Hintergrundrauschens lässt darauf schließen, dass die Inflation bereits sehr früh von zufälligen Prozessen auf Quantenebene geprägt war. Dies revidiert einige bisherige Theorien über den Ablauf der extremen Expansion zu Beginn des Universums.

In diesem Sommer wird das abschließende Ende von Plancks Mission gekommen sein. Eines seiner Instrumente wurde bereits vor gut einem Jahr abgeschaltet. Der zweite Sensor wird in wenigen Monaten ebenfalls außer Betrieb gehen müssen. Das Kühlmittel zur aufwändigen Tiefkühlung der Präzisionsgeräte ist dann endgültig aufgebraucht. Insgesamt bildete das europäische Teleskop im Laufe seiner Betriebszeit den gesamten Himmel fünf Mal im Mikrowellenspektrum ab. Die so gesammelten Daten werden noch einige Zeit der Auswertung in Anspruch nehmen. Weitere umfangreiche Forschungsresultate sollen im kommenden Jahr zur Verfügung stehen.

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