Russland will wieder Touristen ins All bringen

Unter Protest der NASA sollen demnächst wieder zahlende Gast-Kosmonauten ins All fliegen können. Sogar eine eigene Touristen-Mission zur ISS ist geplant.

Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: space.com.

Um die finanziell schwer angeschlagene russische Raumfahrt wieder etwas auf Vordermann bringen zu können, plant man nun offiziell die Wiederaufnahme von Touristen-Flügen in russischen Sojus-Raumschiffen zur Internationalen Raumstation. Hierzu schlossen die russische Raumfahrt-Behörde Rosaviakosmos, der traditionsreiche Raketenhersteller RKK Energija sowie ein amerikanischer Veranstalter für Abenteuer-Reisen, Space Adventures, heute einen ihrer Meinung nach “historischen” Vertrag ab. Die Vereinbarung sieht den Start einer speziellen Touristen-Mission vor. Dabei wird es sich um ein Sojus-Raumschiff handeln, in welchem zwei der drei Sitze an zahlende Hobby-Raumfahrer und gut betuchte Space-Fans verkauft werden sollen. Der Flug wird eine außerplanmäßige Mission zusätzlich zum normalen Flugregime zur ISS darstellen und soll gegen Ende 2004 oder Anfang 2005 starten.

None
Schon jetzt bei Space Adventures zu haben: ein “schwereloser” Flug in einer modifizierten MiG 31 für mehrere 10.000 Dollar. Bild: Space Adventures.

Mit diesen Plänen wurde eine neue Stufe des Weltraum-Tourismus erreicht. Flogen die beiden Gast-Kosmonauten Dennis Tito, USA, und Mark Shuttleworth, Südafrika, im April 2001 bzw. im April 2002 noch auf Grundlage individueller Vereinbarungen mit den zuständigen russischen Behörden unter Beratung eben jener Firma Space Adventures für je rund 20 Millionen US-Dollar zur ISS, soll nun ein eigenes Marktsegment für diese Form der Kommerzialisierung der Raumfahrt entstehen. Interesse ist laut Ansicht der Initiatoren des Vertrages reichlich vorhanden, in der Vergangenheit nahmen gleich mehrere zahlende westliche Gäste mit Aussicht auf einen Sojus-Flug ihr Training im Sternenstädtchen bei Moskau auf. Allerdings handelte es sich dabei häufig um schlichte PR-Aktionen oder die Missionen wurden aus verschiedenen Gründen wieder abgesagt.
Einer diese Faktoren ist die NASA. Debra Rahn, NASA-Sprecherin, äußerte sich heute der Presse gegenüber verwundert über die amerikanisch-russische Vereinbarung. Zwar seien Verhandlungen seitens Space Adventures bekannt gewesen. Doch erfuhr man nun aus der Presse vom Abschluss des Vertrages und zeigt sich allgemein besorgt, dass über die Köpfe der internationalen Partner hinweg entschieden wurde. In der Vergangenheit legte die amerikanische Raumfahrt-Behörde wiederholt in Fragen der Öffnung der ISS für Touristen ihr Veto ein. Offenbar ist man besorgt, dass die “ungelernten” Raumfahrer im Vergnügungs- und Freudentaumel die Arbeit der eigenen Astronauten behindern oder wissenschaftliche Anlagen gar zerstören könnten.

Das Hauptargument der Russen sind dagegen die durch die intensive Vermarktung ihrer Systeme gewonnenen finanziellen Mittel. Die russische Raumfahrt leidet seit Jahren an einem akkuten Geldmangel und viele in diesem Bereich tätige, ehemals staatliche Firmen arbeiten auf Sparflamme oder nur auf Abruf. Von der einstigen Fließband-Produktion kosmischer Anlagen blieb in den post-sowjetischen Zeiten nicht viel übrig. Allerdings betonte ein Sprecher von Space Adventures, dass die Details des Vertrages, insbesondere die Modalitäten des Geldflusses, vertraulich seien. Derzeitig sind zehn Aspiranten für einen Touristenflug im Training für eine solche Mission. Ihre Namen sollen in einigen Monaten bekannt gegeben werde. Bis dahin wird wohl auch auf politischer Ebene eine rege Diskussion über den Sinn und Unsinn solcher Vorhaben entbrannt sein – verärgert man die NASA gefährdet man mehr als nur die eigenen Finanzen.

Nach oben scrollen