SOHO: Datenübertragung gefährdet

Probleme mit der Nachführung der Hauptantenne des Sonnenorbiters SOHO gefährden die kontinuierliche Datenübertragung zur Erde.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA.

Die Raumsonde SOHO auf Beobachtungsposition.
(Grafik: ESA)

Seit 1995 kreist der europäisch-amerikanische Sonnenorbiter SOHO (= “Solar and Heliospheric Observatory“) in rund 1,5 Millionen Kilometer Entfernung am so genannten Lagrange-Punkt 1 um die Sonne. An diesem von der Erde aus gesehen in Richtung Sonne liegenden Punkt gleichen sich die Gravitation von Erde und Sonne aus, so dass eine Raumsonde dort einen so genannten “quasi-stabilen Orbit” um diesen Lagrange-Punkt einnehmen kann; nur ab und an sind geringfügige Kurskorrekturen erforderlich, um den Orbit um diesen imaginären Punkt dauerhaft beibehalten zu können. Gegenüber allen früheren, die Erde umkreisenden Sonnensonden hat SOHO den unschätzbaren Vorteil, von dieser Beobachtungsposition aus die Sonne ununterbrochen mit ihren zwölf wissenschaftlichen Instrumenten beobachten zu können.

Nun aber zeigt sich zum ersten Mal seit 1998, als der Funkkontakt zur Sonde aufgrund fehlerhafter Kommandosequenzen für mehrere Wochen komplett abgebrochen war, ein ernstes Problem an der Raumsonde. Vor einigen Tagen übermittelte Befehle zur Nachführung der Hochgewinnantenne von SOHO werden nicht umgesetzt, was auf einen Ausfall des für diese Aufgabe zuständigen Elektromotors schließen lässt. Um die wissenschaftlichen Beobachtungsdaten und Aufnahmen zur Erde zu übertragen ist jedoch eine exakte Ausrichtung der Parabolantenne von SOHO notwendig. Ein Verlust der Raumsonde ist aufgrund dieses Problems zwar nicht zu befürchten – SOHO verfügt über eine zweite, so genannte Niedriggewinnantenne, die weiterhin uneingeschränkt funktionsfähig ist und zur Übermittlung von Kommandos sowie Telemetriedaten genutzt wird -, aber der bisher kontinuierliche Datenstrom von der Sonde zur Erde wäre zukünftig periodischen Unterbrechungen unterworfen.

Sollte die Hauptantenne von SOHO auch weiterhin nicht mehr Richtung Erde auszurichten sein, dann würde dies zukünftig alle drei Monate eine rund zweieinhalbwöchige Unterbrechung der Datenübertragung zur Erde bedeuten. Der erste dieser “Blackouts” steht bereits am Ende der laufenden Woche an, wenn aufgrund der sich ständig ändernden Ausrichtung von SOHO relativ zur Erde keine korrekte Ausrichtung der Hauptantenne mehr gegeben ist.

Zur Zeit prüft das SOHO-Missionsteam mehrere Möglichkeiten, um die Unterbrechungen der Datenverbindung zu minimieren. Angesichts der solitären Bedeutung, die SOHO bei der Erforschung der solaren Strukturen und Prozesse einnimmt – durch die aufwendige wissenschaftliche Instrumentierung von SOHO ist es möglich, gleichzeitig die Vorgänge im Inneren und in der Atmosphäre der Sonne wie auch den so genannten “Sonnenwind” zu beobachten -, wären die wissenschaftlichen Auswirkungen eines derartigen periodischen Ausfalls der Datenübermittlung sehr gravierend: Es gibt keine andere Forschungssonde, die bei Bedarf die Aufgaben von SOHO übernehmen könnte.

Darüber hinaus sind die Daten von SOHO auch für die Betreiber von Satelliten im Erdorbit sehr wichtig. Wenn wieder einmal starke Sonneneruptionen Richtung Erde unterwegs sind erfahren die Satellitenbetreiber dies dank SOHO Stunden bis Tage vorher, so dass rechtzeitig geeignete Maßnahmen durchgeführt werden können: Durch die teilweise Abschaltung der elektronischen Systeme eines Satelliten sind sie bis zu einem gewissen Grad vor Beschädigungen geschützt. Darüber hinaus bietet die durch SOHO gegebene Vorwarnzeit die Möglichkeit rechtzeitig Überbrückungsmaßnahmen einzuleiten, um eine vorübergehende Deaktivierung beziehungsweise den Ausfall eines Satelliten kompensieren zu können.

Für die nächsten Tage ist eine gemeinsame Presseerklärung von ESA und NASA angekündigt, die über das weitere Vorgehen informieren wird. Wir werden Sie natürlich zeitnah darüber informieren.

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