SpaceX startet – Europa streitet

Heute am 7. September 2014 hat SpaceX den Kommunikationssatelliten Asiasat-6 erfolgreich gestartet. Es ist der siebte Start der Falcon 9v1.1 innerhalb der letzten 365 Tage. Währenddessen machen Gerüchte den Umlauf, dass die ESA-Ministerratskonferenz im Dezember wegen Uneinigkeit zwischen Deutschland und Frankreich abgesagt werden muss.

Ein Beitrag von Tobias Willerding. Quelle: SpaceX, SpaceNews.

Asiasat 6 unter einer Hälfte der Nutzlastverkleidung. (Bild: Asiasat)
Asiasat 6 unter einer Hälfte der
Nutzlastverkleidung. (Bild: Asiasat)

Kurz nach Mitternacht Ortszeit ist heute am 7. September 2014 um 07:00 MESZ eine Falcon 9v1.1 der amerikanischen Firma SpaceX mit dem Kommunikationssatelliten Asiasat-6 gestartet. Der Flug erfolgte vom amerikanischen Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus. Ziel war ein geostationärer Transferorbit (GTO) mit folgenden Parametern: 185 km x 35.786 km x 25.3°. Die Falcon 9 folgte dem charakteristischen Flugprofil vom Cape aus. Circa 3 Minuten nach dem Start erfolgte die Stufentrennung und circa 9 Minuten nach dem Start wurde ein Parkorbit erreicht. 23 Minuten nach dem Start erfolgte eine Wiederzündung über dem Äquator um das Apogäum auf 35.786 km anzuheben, wenige Minuten später wurde der Satellit ausgesetzt. Parameter zur Einschussgenauigkeit waren zum Zeitpunkt der Publikation dieses Artikels noch nicht verfügbar. Asiasat hat jedoch Kontakt mit dem Satelliten laut SpaceX. Der Asiasat-6-Start war ursprünglich für Frühjahr 2014 angesetzt, auf Grund verschiedener Verzögerungen mit den vorangehenden Starts – und zuletzt aufgrund der Explosion des Testvehikels F9R-Dev1 in Texas – musste der Start jedoch um ca. 6 Monate verschoben werden.

F9v1.1 Liftoff
(Bild: SpaceX)
F9v1.1 Liftoff
(Bild: SpaceX)

Rückblick:
Der Asiasat-6 Start ist der zweite Asiasat-Start, der bei SpaceX gebucht wurde. Bereits der vorangegangene Asiasat-8 im August war für Asiasat. Davor konnte SpaceX bereits die Satelliten Thaicom-6 und SES-8 erfolgreich in den GTO starten. Dazu ereigneten sich der Orbcomm-Start im Juli 2014 und der Cassiope-Start im September 2013, beide in den niedrigen Erdorbit. Schlussendlich gab es noch den CRS-3 Start für die NASA zur ISS im April 2014. Von den ersten 7 Starts der neuen Falcon 9v1.1 – alle innerhalb der letzten 365 Tage bzw. im Zeitraum eines Jahres – waren damit 6 kommerziell und nur einer für die NASA. Darüber hinaus war SpaceX sehr erfolgreich mit seinen Versuchen, die erste Stufe nach einer Mission im Meer zu landen. Dabei geht es darum die Stufe nach einer orbitalen Mission wieder zurück zum Startplatz zu fliegen, um sie für einen neuen Flug wiederzuverwenden. Dabei kommt es zu Nutzlasteinbußen, die Wiederverwendung geht also nur bei Nutzlasten, die die Performance der Rakete nicht voll ausnutzen. Mehrere Videos der Versuche wurden von SpaceX bei YouTube hochgeladen und haben viele hunderttausend Zuschauer gefunden – Zuschauerzahlen, von denen man in der europäischen Raumfahrt nur träumen darf.

SpaceX startet Asiatsat 6.
(Bild: SpaceX)
SpaceX startet Asiatsat 6.
(Bild: SpaceX)

Ausblick:
Der nächste SpaceX-Start ist die CRS-4 Mission für die NASA zur ISS – derzeit für auf Ende September terminiert. Dabei wird SpaceX Fracht zur Raumstation transportieren und anschließend andere Fracht zur Erde zurückbringen. Darüber hinaus sind eine weitere Orbcomm-Mission und noch die CRS-5 Mission – ebenfalls zur ISS – geplant. Als besonderen Höhepunkt plant SpaceX noch einen Startabbruchtest mit der Dragonkapsel vom F9-Startplatz im November 2014. Dabei wird die Dragonkapsel auf einer – die Falcon 9 simulierende – Struktur montiert und anschließend das Rettungssystem – bestehend aus 8 SuperDraco-Triebwerken – getestet. Ein Abbruch im Flug soll ebenfalls getestet werden, allerdings erst Anfang 2015. Währenddessen wartet die Raumfahrtgemeinde auf den Ausgang der CCtCap-Ausschreibung, also welche Firma als nächstes amerikanische Astronauten zur Raumstation transportieren darf.Im Rennen sind SpaceX mit der Dragon-Kapsel, Boeing mit der CST-100-Kapsel und Sierra Nevada Corporation mit der Dreamchaser-Raumfähre. Eine Bekanntgabe soll unmittelbar bevorstehen und eventuell bereits nächste Woche erfolgen.

Die Situation in Europa:
Im Anblick dieses starken Anstiegs der Startrate bei SpaceX, könnte man meinen, dass die Entscheidungsträger in Europa bemüht wären, zu einer Einigung im seit Jahren andauernden Arianestreit zu kommen. Doch davon ist man immer noch weit entfernt. Erst diese Woche berichtete der Brancheninformationsdienst „SpaceNews“, dass eine Absage der ESA-Ministerratskonferenz im Dezember droht oder alternativ keine konkreten Entscheidungen getroffen werden sollen. Hintergrund ist die seit der letzten Ministerratskonferenz immer noch nicht geklärte Frage zur Arianezukunft. Deutschland will erst die Ariane 5 ME bauen und die Franzosen direkt die Ariane 6, die inzwischen schon wieder einmal umentworfen wurde und jetzt nur noch aus einer Hauptstufe mit LH2/LOX und einer Oberstufe mit LH2/LOX besteht. Dazu kommen 2 – 4 Feststoffbooster, die hypergole Oberstufe wurde gestrichen. Von der Arianefrage hängt auch die ISS-Zukunft ab, denn Frankreich will einer ISS-Verlängerung nur zustimmen, wenn Deutschland bei der Ariane entgegenkommt. Immerhin bei der Industrie hat man einen Handlungsbedarf erkannt und will jetzt ein Joint-Venture zwischen Airbus und Safran schaffen, wo alle Produktionsstätten der beiden Firmen bzgl. Ariane vereint werden sollen.

Die Arianespace-Bilanz der letzten 365 Tage sieht leider alles andere als rosig aus. Nur drei Ariane 5-, ein Vega- und vier russische Sojusstarts kann Arianespace verbuchen. Von den Sojusstarts landet das meiste Geld darüber hinaus in Russland und verbleibt nicht in der europäischen Industrie. Dazu kommt der Sojusfehlstart mit den Galileosatelliten, der die Zukunft der Sojus von Kourou in Frage stellt. So äußerte sich CNES-Chef Le Gall in einer französischen Onlinepublikation, dass man überlege alle Galileosatelliten jetzt mit Ariane zu starten. Am Montag sollen erste Untersuchungsergebnisse des Sojusfehlstarts vorliegen. Der Sojusfehlstart war ein großes PR-Desaster für Arianespace. So hatte man erst einen Erfolg gemeldet und gar nicht gemerkt, dass der Orbit falsch war. Circa 6 Stunden nach dem Start bemerkte ein Twitter-Benutzer, dass die Orbitdaten vom US-amerikanischen Weltraumkommando einen Fehlstart nahelegen und erst ca. 12 Stunden nach dem Start sah man sich bei Arianespace genötigt, eine Pressemitteilung rauszugeben in der man von einer „Orbit-Anomalie“ sprach.

Nächste Woche ist die „World Satellite Business Week“ von Euroconsult in Paris, wo es am Dienstag zu einer Podiumsdiskussion unter anderem mit Israel, dem Arianespace CEO, und mit Shotwell, der SpaceX-Präsidentin kommen wird. Israel wird sich da vor den Kunden erklären müssen bzgl. Sojus-Fehlstart und schlechter Ariane-Startrate, während Shotwell mit einem weiteren erfolgreichen Start im Rücken sicher weitere Kunden von Arianespace zu SpaceX hinüberziehen können wird.

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