STS-107 Columbia: Unglückstheorie bestätigt

Finale Tests belegen, dass eine Beschädigung des Flügels des Space Shuttles Columbia das Unglück am 1. Februar 2003 hervorrief.

Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: CAIB, NASA.

RCC-Panels vor dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)
RCC-Panels vor dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)

Schon seit einiger Zeit führt das CAIB (Columbia Investigation Board), also das mit den Ermittlungen im Falle der verünglückten Columbia betrauten Gremium, Tests durch, um die Geschehnisse am Starttag der Mission STS-107 nachvollziehen und die letztendliche Unglücksursache klären zu können. Eine gestern durchgeführte Simulation förderte einmal mehr erstaunliche Ergebnisse zu Tage: ein 700 Gramm schweres Stück Kunststoff, entsprechend dem Isolationsmaterial am Externen Tank des Space Shuttles, beschädigte ein Modell der Shuttle-Außenhülle in erheblichem Maße und riss ein 40 Zentimeter Durchmesser messendes Loch in das Original-Material, welches vom Orbiter Atlantis stammt. Um die Bedingungen am Starttag so realistisch wie möglich nachvollziehen zu können, werden nur Originalteile verwendet, wobei Schaumstoffbrocken dabei auf Geschwindigkeiten von über 750 Kilometern pro Stunde beschleunigt und auf die nachgestellte Shuttle-Außenhülle geschossen wurden.

RCC-Panels nach dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)
RCC-Panels nach dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)

Die so genannte Smoking Colt-Theorie besagt, dass ein sich kurz nach dem Start lösendes Stück Isolationsmaterial die Flügelvorderkante der Columbia traf und beschädigte, so dass beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre am 1. Februar 2003 heiße Gase ins Innere eindringen und den Orbiter schließlich buchstäblich zerreißen konnten. Der am 7. Juli 2003 durchgeführte Test ist der bisher eindeutigste Indiz für diese Theorie. bereits in früheren Simulationen wurde gezeigt, dass auch vermeintlich leichtes Material geeignet ist, die an sich stabile Außenhülle des Shuttles zu beschädigen. Bisher konnten die Ermittler allerdings nur kleinere Haarrisse beobachten. Das gestrige Ergebnis führte deshalb zu einem spontanen “Wow” als erste Reaktion.

Loch in RCC-Panel nach dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)
Loch in RCC-Panel nach dem Beschußtest. (Bild: CAIB/Rick Stiles)

Damit scheint sich zu bestätigen, dass die Katastrophe vom 1. Februar bereits am Tag des Starts besiegelt wurde. Die NASA-Berechnungen gehen von einem Schaden mit immerhin 25 Zentimetern Durchmesser aus, welcher der siebenköpfigen Besatzung der Columbia 16 Tage nach dem Start zum Verhängnis wurde. Der endgültige Bericht des CAIB wird noch Ende dieses Monats erwartet, dann werden auch alle Akten zum Thema Columbia geschlossen. Entsprechenden NASA-Verlautbarungen zu Folge rechnet man nicht mehr mit Überraschungen – der Fall sei abgeschlossen, die Ursachen weitestgehend aufgeklärt. Unklar ist jedoch die Mitschuld der NASA und deren Versäumnisse. Wenn sie auch den Schaden nicht ad hoc hat verifizieren können, so war zumindest die besondere Gefährdung der Flügel des Shuttles bekannt.

Dies geht auch aus gestern veröffentlichten internen NASA-Papieren hervor. Danach kam es im Mai 2000 beim Wiedereintritt des Orbiters Atlantis zu einem Bruch eines der Flügel in Folge der Einwirkung heißer atmosphärischer Gase. Der Schaden wurde erst in der Standard-Inspektion nach der sicheren Rückkehr festgestellt, wandelte sich jedoch nicht zu einer direkten Gefahr für die Crew. Über den Vorfall verlor die NASA bis dato kein öffentliches Wort. Als Folge wurde lediglich die Anbringung einer Sicherheitsschicht an den Flügeln aller Orbiter angeordnet. Die Vorgänge beim Wiedereintritt der Columbia sind weitestgehend kongruent zu denen der Atlantis, nur dass letztere laut NASA-Angaben einfach “Glück” hatten. Eine bittere Zynik.

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