Wissenschaftlern aus Frankreich und den USA gelang es erstmals schlüssig zu erklären, wie große Mengen von Kohlenwasserstoffen in die Atmosphäre von Titan gelangen konnten.
Autor: Karl Urban. Vertont von Karl Urban.
Der Saturnmond Titan hat eine enorme Anziehungskraft auf Astronomen. Zu viele Zusammenhänge um seine Sonderrolle unter allen Monden des Sonnensystems sind noch ungeklärt. Vor allem die dichte, unter anderem kohlenwasserstoffreiche Atmosphäre gibt nach wie vor Rätsel auf.
Seit der Ankunft der europäisch-amerikanischen Sonde Cassini am Ringplaneten kommt jedoch Bewegung in die Titanforschung, da die Sonde mehrmals pro Jahr bei Titan vorbeischaut und dabei jedes Mal neue Daten und Bilder zur Erde schickt.
Der simpelste Kohlenwasserstoff, Methan, spielt nach neusten Erkenntnissen der Missionswissenschaftler eine ähnliche Rolle auf dem Titan wie das Wasser auf der Erde. Demnach bildet methanreiches Wassereis eine Kruste über einem flüssigen Wasserozean, der mit Ammoniak versetzt ist. In mehreren Stufen wurde dann Methan aus dieser Kruste ausgegast und reicherte damit die stickstoffreiche Titanatmosphäre an. Solche Ereignisse kamen in der Evolution des Titan vermutlich dreimal vor.
Ein französisch-amerikanisches Forscherteam veröffentlichte kürzlich diese Erkenntnisse: Gabriel Tobie und Christophe Sotin von der Universität von Nantes sowie Jonathan Lunine von der Universität von Arizona schrieben darüber in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature. Ihre Ergebnisse stimmten mit den Daten der am 14. Januar 2005 auf Titan gelandeten Sonde Huygens sowie mit denen des Cassini-Orbiters überein.
Bisher war bekannt gewesen, dass die Titanatmosphäre erhöhte Methan-, Ethan-, Acetylen- und andere Kohlenwasserstoff-Anteile enthält. Dies hatte aber zu Konfusion unter den Wissenschaftlern geführt, da solare Strahlung diese Moleküle in einigen zehn Millionen Jahren zerstören müsste. Der logische Schluss daraus war bald klar: Die Atmosphäre muss durch irgendeinen Prozess von Zeit zu Zeit wieder aufgefüllt werden.
Die erste große Methanfreisetzung fand in der frühen Titangeschichte innerhalb der ersten Milliarde Jahre statt, als sich der dichte Kern des Mondes bildete, umgeben von einem gestein- und wasserhaltigen Mantel unter einer Eiskruste. Hierbei agierte der Ammoniakanteil im Wasser als Frostschutzmittel und hielt den unterirdischen Ozean flüssig. Das in dieser Periode freigesetzte Methan wurde jedoch entweder erneut von der Oberfläche absorbiert oder durch solare Strahlung photochemisch zerstört.
Deutlich interessanter ist die zweite Methan-Freisetzung, die vor etwa zwei Milliarden Jahren einsetzte, als es zu einer vermehrten Konvektion (d. h. einem Wärmetransport mithilfe bewegter Materie) innerhalb des Silikatkerns des Titans kam.
„Der Gesteinskern heizte sich immer weiter auf, da er einige natürliche radioaktive Elemente wie Uran, Kalium und Thorium enthält. Auf der Erde kommen diese Stoffe vor allem in der Kruste vor – auf Titan stecken sie aber deutlich tiefer im Gestein. So konnte sich der Kern immer weiter aufheizen, bis schließlich die Konvektion einsetzte“, sagte Jonathan Lunine.
Während dieser zweiten Phase wurde also Konvektionshitze an den Titanmantel abgegeben. Dies führte zu einer Ausdünnung der Eiskruste und damit zu einer Freisetzung des dort noch gebundenen Methans in die Atmosphäre.
Die letzte Methanfreisetzung passierte vor etwa 500 Millionen Jahren und hängt mit der Abkühlung des Mondes durch Konvektion in der Eiskruste zusammen. Trotz der unterschiedlichen Ursachen für die Ausgasungen war das Resultat stets identisch. Lunin sagte: „Methan wird von der Oberfläche an die Atmosphäre abgegeben. Aktuell sind wir in einer Periode, in der der Methangehalt der Atmosphäre nicht ausreicht, große, weiterstreckte Seen auf Titan zu bilden.“
Die dritte Ausgasungsepisode wird wohl die letzte gewesen sein. Es wird innerhalb von einigen hundert Millionen Jahren einen stetigen Rückgang der Methanfreisetzung geben. Die photochemischen Prozesse werden die Kohlenwasserstoffe zunehmend zerstören, und Titan wird austrocknen. Die Atmosphäre wird ihren Dunst verlieren, und der gesamte Mond wird deutlich anders aussehen als heute.
Neuschnee auf Enceladus
Eine kürzlich veröffentlichte, am 17. Januar 2006 gemachte Aufnahme von Enceladus in Echtfarben zeigt Anzeichen für neugebildetes Eis auf dem Saturnmond. Die südliche Hemisphäre zeigt Indizien von groben Eiskörnern eines relativ jungen Alters. Dies lässt sich aufgrund der bläulichen Färbung der Aufnahme in Falschfarben vermuten.
Das Gebiet wurde von der NASA als Tigerstreifen-Region bezeichnet. Sie ist gekennzeichnet durch geologisch noch relativ junge Risse in der Oberfläche von Enceladus. Während das Eis in anderen älteren Regionen des Mondes nur auf den Wällen ähnlicher Risse vorkommt, ist es in der Tigerstreifen-Region sowohl um die Risse als auch in ihnen zu finden. Jedoch ist bei diesem Effekt nicht auszuschließen, dass es sich nur um ein optisches Phänomen handelt, dass durch die verwendete Wellenlänge und der Beobachtungsrichtung des Falschfarbenbildes zustande gekommen ist.
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