Vorbereitung auf Phobos-Vorbeiflüge

In den kommenden sechs Wochen wird die von der europäischen Weltraumorganisation ESA betriebene Raumsonde Mars Express insgesamt 12 nahe Vorbeiflüge an Phobos, dem inneren und größeren der beiden Marsmonde, absolvieren.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Der Mond Phobos über dem Mars. Diese Aufnahme gelang der Sonde Mars Express am 22. Januar 2007.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Gegenwärtig umrundet Mars Express den Roten Planeten in einem langgezogenen polaren Orbit alle sechs Stunden und 54 Minuten. Diese Umlaufbahn führt den Orbiter dabei bis auf 350 Kilometer an die Planetenoberfläche heran. Der höchste Punkt der Umlaufbahn ist dagegen 10.300 Kilometer von der Oberfläche entfernt. Im Gegensatz zu den beiden gegenwärtig aktiven Marsorbitern der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, den Sonden Mars Odyssey und Mars Reconnaissance Orbiter kreuzt die ESA-Sonde somit regelmäßig die Umlaufbahn des inneren Marsmondes Phobos.

Der Verlauf der Umlaufbahnen von Mars Express und Phobos führt in den kommenden Wochen zu mehreren sehr nahen Begegnungen der beiden Objekte. Der erste Vorbeiflug wird am 16. Februar 2010 stattfinden, wenn Mars Express Phobos in einer Distanz von 991 Kilometern passiert. In den folgenden zwei Wochen werden drei weitere Vorbeiflüge folgen. Jeder dieser FlyBys wird die Sonde dabei noch näher an die Mondoberfläche heranführen als der vorausgegangene. Am 3. März 2010 wird dann der dichteste jemals von einer Raumsonde durchgeführte Vorbeiflug an Phobos stattfinden. Mars Express wird Phobos dabei um 21:55 MEZ in einer Entfernung von lediglich 50 Kilometern passieren. In den darauffolgenden Wochen werden weitere sieben Passagen erfolgen, welche dann wieder in immer größeren Entfernungen stattfinden. Der finale Vorbeiflug dieser Kampagne erfolgt am 26. März 2010 mit einer Überflughöhe von 1.304 Kilometern.

Während der einzelnen Passagen werden die verschiedenen Instrumente der Sonde dazu genutzt, den Mond unter unterschiedlichen wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu studieren. Einen der Höhepunkte der Untersuchungen bildet die präzise Vermessung des Gravitationsfeldes dieses Mondes mittels Radio-Doppler-Messungen. Diese Messungen sollen es den Wissenschaftlern erlauben, den inneren Aufbau und die Struktur von Phobos zu entschlüsseln.

Herkunft und Entstehung von Phobos konnten durch die Wissenschaftler bisher noch nicht eindeutig geklärt werden. Hierzu existieren gegenwärtig drei verschiedene Theorien. Die erste Theorie besagt, dass es sich bei Phobos um einen vom Mars eingefangenen Asteroiden handelt. Theorie Nummer Zwei geht davon aus, dass sich der Mond einst an seiner gegenwärtigen Position zusammen mit dem Mars gebildet hat. Die dritte Theorie wiederum favorisiert die Möglichkeit, dass der Mond erst später als der Planet entstanden ist. Bei einem gewaltigen Impaktereignis auf dem Mars wurden demzufolge Teile der Planetenoberfläche ins Weltall geschleudert. Diese Trümmerstücke formten sich dort unter dem Einfluss ihrer eigenen Gravitation zum größeren der beiden Marsmonde.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Eine Farbaufnahme des Mondes Phobos vom 22. August 2004. Aus einer Entfernung von weniger als 200 Kilometern beträgt die Bildauflösung etwa 7 Meter pro Pixel.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Mit den zu gewinnenden Messdaten erhofft man sich Aufschlüsse darüber, welche dieser Theorien die richtige sein könnte. Durch diese Daten soll die Masse des Mondes noch genauer bestimmt werden. Außerdem will man versuchen, aus den Messwerten das Massenträgheitsmoment von Phobos abzuleiten. Dadurch wäre dann ein „Blick in das Innere“ des Mondes möglich. Zumindest ansatzweise könnte man so auch ableiten, wie sich die Masse innerhalb des Mondes verteilt.

Zwei der im März erfolgenden Passagen werden außerdem speziell dazu genutzt werden, das vorgesehene Landegebiet der voraussichtlich im Herbst 2011 startenden russischen Marsmission Fobos-Grunt fotografisch abzubilden. Diese Sonde soll auf dem Marsmond landen und mittels einer Rückkehrkapsel eine Bodenprobe von der Mondoberfläche zur Erde senden.

Die ersten zur Durchführung der einzelnen Flugmanöver benötigten Kommandosequenzen wurden in den letzten Tagen an die Sonde übermittelt. Ein vorbereitendes Kurskorrekturmanöver wird in den frühen Morgenstunden des 15. Februar 2010 durchgeführt. Aufgrund der für diese Vorbeiflüge durchzuführenden Kurskorrekturmanöver wird sich die Umlaufzeit von Mars Express um einige Minuten auf dann nahezu exakt sieben Stunden erhöhen. Die so erreichte neue Orbitbahn wird es der HRSC-Kamera an Bord der Sonde erlauben, die Planetenoberfläche in Zukunft durch den etwas veränderten Einfallwinkel des Sonnenlichts unter noch besseren Beleuchtungsverhältnissen als bisher abzubilden.

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