Weitere DMSP-Zerleger nicht ausgeschlossen

Am 3. Februar 2015 hatte der US-amerikanische militärische Wettersatellit DMSP F13 wegen eines Fehlers in seinem Akkumulatorensystem Trümmerstücke abgestoßen. Nach Angaben der US-Luftwaffe (USAF) kann ein entsprechendes Szenario für die übrigen Satelliten aus der gleichen Reihe nicht ausgeschlossen werden.

Erstellt von Axel Nantes. Quelle: NASA, NRO, Raumfahrer.net, USAF

Start der Atlas 45E mit DMSP F13 an Bord
(Bild: US Regierung)
Start der Atlas 45E mit DMSP F13 an Bord
(Bild: US Regierung)

Die Desintegration von DMSP F13, einem am 24. März 1995 von der Luftwaffenbasis Vandenberg aus gestarteten Wettersatelliten aus der Modellreihe DMSP-5D2 mit einer Anfangsmasse im Orbit von 831 Kilogramm, führen Ermittler auf einen Fehler im Akkumulatorensystem des Satelliten zurück.

Die DMSP-5D2-Satelliten waren von Lockheed Martin bzw. den Vorgängerunternehmungen General Electric Astro-Space Division und Martin Marietta Astro Space gebaut worden.

Die Akkumulatoren der jeweils 25,5 Amperestunden fassenden Akkumulatorensätze selbst sind bei den DMSP-5D2-Raumfahrzeugen ringförmig verteilt außen an einem Ende des Hauptkörpers montiert.

Bei DMSP F13 (NORAD 23.533, COSPAR 1995-015A, Tarnbezeichnung USA 109) führte der Versager in der Stromversorgung des rund 3,7 Meter langen Satelliten mit einem Hauptkörperdurchmesser von rund 1,2 Metern dazu, dass eine Anzahl von neuen Trümmerteilen auf unterschiedlichen Bahnen um die Erde kreisen.

Relativ bald nach dem Schadensereignis konnte die USAF eigenen Angaben zufolge 147 Objekte ausmachen, deren Durchmesser sich im Bereich zwischen 7,5 und rund 75 Zentimetern bewegt.

Eine durch Wissenschaftler einer Raumfahrtforschungsgruppe der Universität Southampton in Großbritannien durchgeführte Untersuchung spricht davon, dass neben den relativ einfach via Radar vom Erdboden auszumachenden Trümmerteilen möglicherweise über 50.000 Bruchstücke in einer Größe ab einem Millimeter erzeugt wurden.

Nach dem wegen eines mutmaßlich abgenutzten Kabelstrangs und einem Kurzschluss in einem Akkuladeregler an Bord des Satelliten aufgetretenen Fehler hat die USAF das beschädigte Raumfahrzeug stillgelegt.

Die USAF berichtete, dass die Außerdienststellung des auf sonnensynchronem, polaren Orbit in Höhen zwischen 840 und 860 Kilometern um die Erde kreisenden Satelliten innerhalb von Stunden erfolgt, und dadurch die Gefahr des Abstoßens weiterer Trümmerteile abgewendet worden sei.

DMSP-5D2-Satellit über der Erde - Illustration
(Bild: USAF)
DMSP-5D2-Satellit über der Erde – Illustration
(Bild: USAF)

Der Kurzschluss im Laderegler führte wahrscheinlich zu einer Überladung von Nickel-Cadmium-Akkumulatorenzellen, welche überhitzten und schließlich platzten. Der Satellit wurde weit jenseits seiner Auslegungsbetriebsdauer von vier Jahren betrieben und hatte zu diesem Zeitpukt mehr als 100.000 Erdumrundungen absolviert.

Personal, das mit der Überwachung und Steuerung von DMSP F13 betraut war, hatte vor dem Zerlegeereignis steigende Temperaturen und Stromstärken beobachtet. Eine sich zügig verschlechternde Situation führte schließlich dazu, dass man aus Daten der nächsten Kommunikationssitzung zwischen Satellit und Bodenstation entnehmen musste, dass ein Akkumulatorensatz nicht mehr zur Verfügung stand, ein weiterer wechselnde Daten zu seinem Ladezustand lieferte und das Raumfahrzeug sich in unbeabsichtigter Drehung befand.

Offensichtlich war schnell klar: DMSP F13 würde sich nicht mehr sinnvoll einsetzen lassen. Der Verlust einer kontrollierten Ausrichtung im Raum war nicht mehr zu beheben.

Innerhalb von fünf Stunden wurden Kommandos an den Satelliten gesandt, die die Abschaltung der Nutzlast zur Wetterbeobachtung, die Unterbrechung der Verbindung der verbliebenen Akkumulatoren mit dem Solarpanel (Fläche 9,29 Quadratmeter) des Satelliten und die endgültige Abschaltung der Sendeeinrichtungen an Bord anstoßen sollten.

DMSP-5D2-Satelliten (F6 bis F14), die wie zahlreiche andere militärische und zivile Wettersatelliten auf dem TIROS-N genannten Satellitenbus aufgebaut sind, besitzen Laderegler, die dafür bekannt sind, sich schwierig zusammen setzen zu lassen. Ihr Funktionieren erfordert akribisches Arbeiten bei der Herstellung. Ihre Konstruktion geht auf einen Entwurf aus dem Jahre 1972 zurück.

DMSP-5D2-Details
(Bild: USAF)
DMSP-5D2-Details
(Bild: USAF)

Im Laderegler vorhandene Kabelstränge sind ungünstig verlegt. Die Isolation der Kabel kann wegen dieses fehlerhaften Entwurfs soweit abgerieben werden, bis blankes Leitermaterial zum Vorschein kommt. Die blanken Stellen sind es dann letztlich, die Kurzschlüsse verursachen können.

Sieben weitere Satelliten teilen die konstruktiven Details von DMSP F13 – und bergen auch nach einer Passivierung noch das Risiko von entwurfsfehlerinduzierten Akkuexplosionen. Eine Möglichkeit, zu verhindern, daß sie das gleiche Schicksal teilen, besteht nicht. Das fehlerhaft konstruierte Akkuladesystem lässt sich im Weltraum nicht ersetzen, und eine wirksame Möglichkeit zur vollständig nachhaltigen Abschaltung entsprechender Satellitensysteme oder Leitungswege besteht im konkreten Fall wohl nicht.

Üblicherweise versucht man bei der sogenannten Passivierung eines Satelliten im Zuge seiner Ausserdienststellung alle Behälter, die unter Druck stehende Flüssigkeiten oder Gase enthalten, zum Vakuum hin zu entleeren. Druckgase und Treibstoffe lässt man ab, Akkumulatoren entlädt man. So hofft man beispielsweise die Explosionsereignisse zu verhindern, bei denen Weltraumschrott entsteht, welcher dann eine konkrete Gefahr für andere Raumfahrzeuge darstellt.

Am 15. April 2004 hatte DMSP F11 eine Trümmerwolke verursacht. Verantwortlich dafür ist vermutlich ein in Nachbarschaft zu Akkumulatoren montierter, geplatzter Treibstofftank, der zum Zeitpunkt des Versagens noch rund sechs Kilogramm Hydrazin enthielt.

Die konstruktiv verwandten zivilen Wettersatelliten der US-amerikanische Wetterbehörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) erlitten ebenfalls trümmergenerierende Schadenereignisse.

Eine Schraube, die möglicherweise so fest angezogen war, dass ihr unteres Gewindeende in Verbindung mit darunter befindlichem leitfähigen Material kommen kann, hat im August 1994 in NOAA 13 vermutlich die übermäßige Erwärmung einer Elektronikbox und den Ausfall der Akkuladung verursacht.

NOAA 8 erlitt im Juni 1984 nach Überladung und Überhitzung eine trümmergenerierende Akkumulatorenexplosion. Von NOAA 7 ist bekannt, dass er im August 1997 Teile verlor.

Nach Angaben der USAF benutzen die letzen Modelle der DMSP-Satelliten (Version 5D3) geänderte Akkulader. Mit einem solchen ist angeblich auch der aktuell eingelagerte DMSP S20 ausgestattet.

DMSP S20 mit drei Akkumulatorensätzen á 50 Amperestunden und einer Startmasse im Bereich von 1.200 Kilogramm soll aktuellen Planungen zufolge frühestens im Jahre 2020 in den Weltraum transportiert werden. Aktiv wird er sodann als DMSP F20 bezeichnet werden.

Das S in der Bezeichnung steht für Spare bzw. Ersatz, das F für Flight bzw. Flug. Das Kürzel DMSP steht für Defense Meteorological Satellite Program, übersetzt etwa Militärisches Wettersatellitenprogramm.

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