Letzte Horchkampagne nach Phoenix verlief erfolglos

Wie das JPL vor wenigen Stunden bekanntgegeben hat, ist auch die vierte und letzte Horchkampagne nach Signalen des Marslanders Phoenix erfolglos verlaufen. Aufgrund neuer Aufnahmen des Mars Reconnaissance Orbiter geht man jetzt davon aus, dass der Lander im Marswinter schwer beschädigt wurde.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, NASA.

JPL
Mars Odyssey über dem Mars – Illustration
(Bild: JPL)

Nach seiner Landung auf dem Mars am 25. Mai 2008 untersuchte der Lander Phoenix fünf Monate lang die Umgebung seines Landegebietes in der nördlichen Tiefebene des Mars. Neben dem direkten Nachweis von Wassereis bestanden seine Aufgaben in der chemischen Analyse von Bodenproben und der Studie der meteorologischen Verhältnisse in der Nordpolarregion des Mars. Die Landestelle bei 68,22 Grad nördlicher Breite hatte allerdings für den ausschließlich mit Solarenergie betriebenen Lander den Nachteil, dass mit dem Einsetzen des Herbstes auf der Nordhälfte des Mars und der damit verbundenen immer geringeren täglichen Einstrahlung von Sonnenlicht nicht mehr genügend Energie generiert werden konnte. Als dann im Oktober 2008 zusätzlich auch noch ein Sandsturm das einfallende Sonnenlicht dämpfte, brach die Energieversorgung von Phoenix zusammen. Am 2. November 2008 gelang es zum letzten Mal, eine Funkverbindung herzustellen. Da alle weiteren Versuche einer Kontaktaufnahme erfolglos verliefen, erklärte die NASA die Phoenix-Mission am 10. November 2008 offiziell für beendet.
In den folgenden Monaten sanken die Temperaturen in der Umgebung von Phoenix auf unter minus 125 Grad Celsius ab. Im April 2009 setzte zusätzlich die Polarnacht ein und der Lander war für die folgenden Monate in vollständige Dunkelheit gehüllt. Unter diesen Bedingungen lagert sich das in der Marsatmosphäre enthaltene Kohlendioxid als Eis auf der Oberfläche ab. Dadurch dürfte auch Phoenix von einer bis zu 30 Zentimeter dicken Schicht aus Kohlendioxid-Eis bedeckt worden sein. Dies waren mechanische und thermische Bedingungen jenseits dessen, wofür Phoenix einst konzipiert, gebaut und getestet wurde.

NASA, JPL-Caltech, UA, Texas A&M
Eines der beiden fast zwei Meter durchmessenden Solarpaneele von Phoenix. Leider hat eines der Paneele dem Gewicht des während des Marswinters darauf abgelagerten Trockeneises nicht widerstanden.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UA, Texas A&M)

Trotzdem gab man bei der amerikanischen Weltraumbehörde die Hoffnung nicht auf und begann Anfang dieses Jahres mit einer Suche nach Lebenszeichen von dem Lander (Raumfahrer.net berichtete). Allerdings blieben die bisher erfolgten drei Horchkampagnen des NASA-Orbiters Mars Odyssey erfolglos. Bei 30 Überflügen im Januar, 60 Überflügen im Februar und weiteren 60 im April konnte der Orbiter keine Funksignale von Phoenix auffangen. Trotzdem startete man vor einer Woche eine weitere und diesmal letzte Suchaktion nach Signalen des Landers. Am 14. Mai 2010 fand auf dem Mars die Sonnenwende statt. An diesem Tag erreichte also die Sonne auf der nördlichen Planetenhemisphäre ihren höchsten Stand, so dass die zwei Solarpaneele von Phoenix theoretisch die größtmögliche Sonneneinstrahlung empfangen und in Energie umwandeln konnten. Spätestens unter diesen Bedingungen, so die Hoffnungen am JPL, sollte der Lander in der Lage sein, die Kommunikation mit der Erde erneut aufzunehmen.

Zwischen dem 17. und 21. Mai 2010 hat der Orbiter Mars Odyssey den Landeplatz von Phoenix in der nördlichen Tiefebene des Mars erneut 61 Mal überflogen und dabei auch nach Signalen des Landers gehorcht. Leider konnte auch bei diesen Überflügen kein Signal des Landers empfangen werden. Eine am 7. Mai 2010 von der HiRISE-Kamera des von der NASA betriebenen Marssatelliten Mars Reconnaissance Orbiter angefertigte Aufnahme liefert auch den vermutlichen Grund für das Schweigen des Orbiters.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona
Deutlich sind in diesen beiden Bildern die Unterschiede im Bereich von Phoenix erkennbar. Die kleinere Silhouette in der Aufnahme vom 7. Mai 2010 resultiert sehr wahrscheinlich aus einem abgebrochenen Solarpaneel.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Uinersity of Arizona)

“Die Bilder, welche direkt nach der Landung [von Phoenix] aufgenommen wurden, und die aktuellen Bilder unterscheiden sich dramatisch”, so Michael Mellon von der University of Boulder. “Der Lander erscheint jetzt schmaler und dieser Unterschied kann nur teilweise mit Staubablagerungen erklärt werden, welche seine Umrisse mit der Planetenoberfläche verschmelzen lassen.” Die offensichtlichen Veränderungen im Schattenwurf des Landers lassen sich mit den Annahmen vereinbaren, welche bereits früher zu der Befürchtung Anlass gaben, dass das enorme Gewicht der Trockeneis-Ablagerungen zu einem Abbrechen der Solarpaneele des Landers führen könnte. Mellon kalkuliert die durch die bis zu 30 Zentimeter dicken Ablagerungen entstandene zusätzliche Masse auf mehrere hundert Kilogramm während der kältesten Phase des Winters.
Die im Jahr 2008 unmittelbar nach der Landung angefertigte Aufnahme des Landers zeigt zwei relativ deutlich erkennbare Solarpaneele an den Seiten von Phoenix. In der aktuellen Aufnahme ist dagegen nur ein dunkler Schatten erkennbar. Dieser wird von den Wissenschaftlern des JPL als der Schatten des Landers und dessen östlichem, also rechts gelegenem Solarpaneel angesehen. Der links gelegene, westliche Solarzellen-Ausleger wirft dagegen keinen Schatten mehr und dürfte daher, so die Schlussfolgerung, dem Gewicht des Trockeneises nicht standgehalten haben. Diese eindeutige Beeinträchtigung der Energiegewinnung sowie die des Weiteren daraus resultierenden Beschädigungen der Struktur des Landers sind somit das endgültige Aus dieser äußerst erfolgreichen Mars-Mission der NASA.
Im Verlauf seiner insgesamt fünf Monate andauernden Untersuchungen seines Landegebietes in der nördlichen Marshemisphäre entdeckte Phoenix oberflächennahe Ablagerungen von Wassereis. Außerdem wies der Lander Kalziumkarbonat nach, welches auf ein zumindest zeitweises Vorhandensein von flüssigem Wasser schließen lässt. Die Bodenchemie des Mars, so die gewonnenen Erkenntnisse, ermöglicht theoretisch die Entstehung von Leben. Weitere wichtige Erkenntnisse konnten durch diese Mission in Bezug auf die Meteorologie des Mars gewonnen werden. Eine Wetterstation lieferte durchgehend Daten über die Temperaturen, Windgeschwindigkeiten, Windrichtungen und den Luftdruck in der bodennahen Atmosphäre. Außerdem konnte der Lander mittels seines LIDAR-Instrumentes erstmals in der Geschichte der Marsforschung Schneefall auf unserem äußeren Nachbarplaneten nachweisen.

Die überraschendste Entdeckung der Mission war jedoch wahrscheinlich die hohe Konzentration von Perchloraten im Boden. Dieses stark hygroskopische Salz könnte sogar dazu führen, dass sich selbst unter den heutigen Umweltbedingungen zumindest zeitweise flüssiges Wasser auf dem Mars halten könnte (Raumfahrer_net berichtete). Eine ausführlichere Zusammenfassung der durch diese Mission gewonnenen Ergebnisse finden Sie hier.

NASA, JPL-Caltech, Uinersity of Arizona, Texas A&M, Mark Lemmon
Die Umgebung seines Landeplatzes hat Phoenix in diesem Panorama wiedergegeben.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Uinersity of Arizona, Texas A&M, Mark Lemmon)

Und nicht vergessen sollte man in diesem Zusammenhang auch die vielen Tausend Bilder von der Marsoberfläche, welche der interessierten Öffentlichkeit vom JPL, der NASA und der University of Arizona sozusagen in Echtzeit via Internet zur Verfügung gestellt wurden. Zum Abschluss hier eine Panorama-Aufnahme des Landers.

Die von Phoenix angefertigten Aufnahmen finden Sie auf der Internetseite der University of Arizona. Weitere unbearbeitete Aufnahmen der SSI-Kamera, der Panoramakamera des Landers, sind auf der Internetseite von Mark Lemmon, dem Team-Leiter dieses Instrumentes, zugänglich.

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