Bei der Auswertung der durch den Marslander Phoenix gewonnenen Daten stießen einige Wissenschaftler auf mehreren der gewonnenen Bilder auf Strukturen, welche sie als flüssiges Wasser interpretieren.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: New Scientist, JPL.
Dass es auf dem Mars einst flüssiges Wasser gegeben haben muss, gilt heute im Allgemeinen als gesichert. Sowohl die Orbiter-Sonden der NASA und der ESA, als auch die beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity fanden im Rahmen ihrer Missionen zahlreiche Hinweise auf große Wassermengen, welche einst über den Mars strömten und sich sogar zu großen Seen und Ozeanen aufstauten. Infolge eines dramatischen Klimawandels haben sich diese Wassermassen allerdings in der Vergangenheit unter der Oberfläche als Wassereis abgelagert. Dieses auch in der Nordpolarregion des Mars nachzuweisen, war eines der Hauptziele der am 10. November 2008 für beendet erklärten Phoenix-Mission der NASA.
Bei der Auswertung der zur Erde übermittelten Bilder entdeckten die Wissenschaftler seltsame Strukturen auf einem der Landebeine der Sonde. Diese veränderten im Laufe der Zeit ihre Größe und Form, verschmolzen teilweise miteinander und schienen sich sogar am Landebein nach unten zu bewegen. Einige der an der Mission beteiligten Wissenschaftler, unter ihnen auch der Missionsleiter Peter Smith von der Arizona State University, interpretieren diese Strukturen mittlerweile als Wassertropfen.
Unter den momentan herrschenden Bedingungen kann Wasser auf dem Mars eigentlich nicht in flüssiger Form vorliegen. Das Wissenschaftlerteam argumentiert jedoch, dass Wasser mit einem sehr hohen Salzanteil über einen erheblich tieferen Gefrierpunkt verfügt. Tatsächlich gelang es dem MECA-Experiment des Landers, im Laufe der Mission zum ersten Mal eindeutig, Perchlorat-Salze im Marsboden nachzuweisen. Diese wiederum könnten zu einem besonders intensiven Frostschutzeffekt beitragen und bei einer extrem hohem Beimischung noch bis zu einer Temperatur von -70 Grad Celsius das Vorhandensein von flüssigem Wasser ermöglichen.
Das von den Wissenschaftlern um Nilton Renno von der University of Michigan entwickelte Szenario sieht nun so aus, dass Phoenix beim Aufsetzen auf der Marsoberfläche mit seinen Bremstriebwerken das Eis in der obersten Bodenschicht geschmolzen hat. Dieses sublimierte daraufhin umgehend zu Wasserdampf. Des weiteren wurden Staub und die darin enthaltenen Mineralien und Salze aufgewirbelt. Da Perchlorate jedoch in hohem Maße hygroskopisch sind, könnten diese einen Teil des entstandenen Wasserdampfes an sich gebunden haben. Anschließend hätte sich die so entstandene Verbindung an den Landebeinen von Phoenix niedergeschlagen. Am Tag wäre das jetzt entstandene Salzwasser bei Temperaturen von unter -20 Grad Celsius weiterhin flüssig gewesen, während es in der Marsnacht bei dann bis zu -90 Grad Celsius zu Eis gefroren wäre. Dies würde das langsame Herablaufen am Landebein erklären. Die Größenzunahme der einzelnen Tropfen ließe sich mit der Bindung von weiterem Wasserdampf aus der Atmosphäre erklären.
Tatsächlich sei dieses Verhalten mit den von Phoenix registrierten Werten bezüglich der Temperatur und Luftfeuchtigkeit vereinbar, so Nilton Renno, welcher seine These erstmals auf dem Herbstmeeting der American Geophysical Union im Dezember 2008 vorstellte. Momentan werden weiterführende Labortests durchgeführt, um die Theorie zu untermauern und auf einer weiteren Tagung, der Lunar and Planetary Science Conference, im März 2009 zu präsentieren.
Sollte sich die Richtigkeit der Annahme bestätigen, so Nilton Renno, so wäre es durchaus denkbar, dass sich in Verbindung mit Perchloraten an bestimmten Stellen direkt unter der Marsoberfläche flüssiges Wasser gebildet haben könnte. Dies wiederum könnte unter Umständen die Existenz von primitiven Lebensformen ermöglichen, was allerdings eher unwahrscheinlich ist. Zwar trifft man auch auf der Erde auf extremophile Mikroorganismen, welche unter harten Umweltbedingungen, zum Beispiel in stark salzhaltigen Gewässern, leben und diese sogar für ihre Existenz benötigen. Dass diese dabei jedoch einen so hohen Salzgehalt, wie er auf dem Mars für das Vorhandensein von flüssigem Wasser benötigt wird, auf Dauer überleben, wurde bisher noch nicht beobachtet.
Allerdings ist diese Theorie des flüssigen Wassers nicht unumstritten. Michael Hecht vom JPL, ein weiteres Mitglied des Phoenix-Teams, ist der Meinung, dass es sich bei den beobachteten Strukturen lediglich um normalen Wasserdampf handelt, welcher sich aufgrund von Temperaturunterschieden zwischen der Luft und dem Landebein als ganz normales Eis auf diesem niedergeschlagen hat.