10 Jahre bemannte Raumstation ISS

Das zehnjährige Jubiläum der ständigen Besetzung des menschlichen Außenposten im All wirft seine Schatten voraus. Weiter gab es in dieser Woche eine Gefährdung durch Weltraumschrott, Vorbereitungen auf die Ankunft von STS-133, Forschung, Wartung und die Kopplung des Versorgungsraumschiffes Progress-M 08M.

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net.

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Die erste Langzeitbesatzung mit den Raumfahrern Sergei Krikaljow, William Shepherd und Juri Gidsenko
(Bild: NASA)

Am 2. November 2000 ging die erste Langzeitbesatzung mit den Raumfahrern Sergei Krikaljow, William Shepherd und Juri Gidsenko an Bord der damals noch recht kleinen Raumstation. Im Laufe der nächsten zehn Jahre wuchs die Station auf eine beachtliche Größe von mehr als 400 Tonnen bei einer Länge von fast 110 Metern und einer Breite von knapp 75 Metern an. An ihren Ausbau sind etliche Nationen wie Russland, die USA, Japan, Kanada, Europa mit der ESA und einige mehr beteiligt. Heute lässt sich sagen, die Station ist bis auf wenige Module fertiggestellt und wird voll genutzt. An die 200 Raumfahrer vielfältiger Nationalitäten, darunter auch etliche Frauen, lebten, forschten und arbeiteten in dieser Zeit auf der ISS. Sie ist auch hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit und Völkerverständigung ein bemerkenswertes Projekt. Der von der Raumstation MIR aufgestellte Rekord mit 3644 Tagen ständiger menschlichen Präsenz im All wurde in der letzten Woche durch die ISS gebrochen. Geplant ist der Weiterbetrieb der Station bis zum Jahr 2020 und wahrscheinlich sogar darüber hinaus.

Zur Zeit befindet sich die Langzeitbesatzung 25 an Bord der Raumstation und hatte diese Woche eine Menge Arbeit auf dem Plan. Vorbereitend auf die Ankunft von Progress-M 08M trainierten Alexander Kaleri und Oleg Skripotschka erneut mit dem TORU-Andockkontrollsystem im Swesda-Modul. Fjodor Jurtschichin führte im russischen Stationsteil einige Wartungsarbeiten durch, so arbeitete er am Thermal-Regelsystem und entlüftete Kühlmittelleitungen. Er betreute weiterhin das russische Experiment RELAXATION, womit Strahlenmuster der Erdionosphäre beobachtet werden und RUSALKA, einem Experiment zur Ermittlung des Methan- und Kohlendioxidgehaltes der Erde aus der Ferne.

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Scott J. Kelly arbeitet an der Fluids & Combustion Facility (FCF)
(Bild: NASA)

Auch in dieser Woche führte Scott J. Kelly wieder eine Versuchsreihe mit SPHERES durch. Dabei geht es um eine Studie mit Experimental-Satelliten um Techniken zu studieren, welche zur Verbesserung bei automatischen Anlegemanövern, Satellitenreparaturen, dem Zusammenbau von Raumfahrzeugen und Notfallreparaturen geeignet sind. Doug Wheelock arbeitete mit dem VO2max-Experiment, einer Messung und Dokumentierung der Sauerstoffaufnahme eines Menschen während und nach seinem Aufenthalt an Bord der Station. Verglichen und bewertet werden die Veränderungen in seiner aeroben Kapazität über einen längeren Zeitraum. Das Capillary Flow Experiment (CFE) wurde weiter betreut. Durch seine Ergebnisse sollen Computermodelle verbessert werden, um das kapillare Verhalten von Flüssigkeiten in der Mikroschwerkraft zu verstehen und einen besseren Flüssigkeitstransport bei zukünftige Raumfahrzeugen zu entwickeln.

Kommandant Doug Wheelock und Scott J. Kelly hatten die Aufgabe, den als Stauplatz genutzten unteren Lukenbereich im Unity-Modul zu räumen. An diesem amerikanischen Kopplungspunkt soll, während der Discovery-Mission, das an der Station verbleibende Mehrzweckmodul Leonardo befestigt werden. Die dort aufbewahrten Rettungseinheiten der amerikanischen Raumanzüge (SAFER) wurden bei dieser Gelegenheit geprüft und gewartet. Sie sollen bei den beiden Ausstiegen der Discovery-Astronauten Tim Kopra und Alvin Drew zum Einsatz kommen. Die drei amerikanischen Besatzungsmitglieder gedachten während einer Live-Schaltung der deutschen D1-Mission mit dem Spacelab an Bord der Challenger vor 25 Jahren. Sie sprachen mit dem damaligen STS-61A Kommandanten Hank Hartsfield und einigen deutschen ESA-Vertretern in Berlin.

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Erdbeobachtung aus der ISS am 29. Oktober, der Pirs-Andockstutzen ist noch frei
(Bild: NASA)

Am Dienstag zwang ein Trümmerstück die ISS zu einem außerplanmäßigen Bahnanhebungsmanöver. Die Bahnanhebung hat keinen Einfluss auf die nächste Woche beginnende Mission der Discovery. Auch die Ankunft von Progress-M 08M am gestrigen Tag erfolgte planmäßig, allerdings musste die russische Bodenkontrolle auf das manuelle TORU-Andockkontrollsystem zurückgreifen (Raumfahrer.net berichtete).

Die Raumstation ist der Unabhängigkeit von der Ressource Wasser ein Stück näher gekommen. Es wurde eine Wassererzeugungsstation im Tranquility-Modul eingebaut und letzte Woche erfolgreich in Betrieb genommen. Dieses Sabatier-Device genannte Gerät, benannt nach dem Nobelpreisträger von 1912 Paul Sabatier, ist ein neues System und wurde noch nie im All getestet. Es nutzt das Kohlendioxid der Kohlendioxidfilteranlage und den Wasserstoff der Sauerstofferzeugungsanlage um daraus Wasser und Methan zu erzeugen. Während das Wasser im Wasserwiederaufbereitungssystem (WRS) der Weiterverwendung zugeführt wird, kann das Methan kontrolliert ins All abgelassen werden. Alle vier Systeme, Sauerstofferzeugung, Wasserwiederaufbereitung, Kohlendioxidfilter und der neue Sabatier-Reaktor, befinden sich im Tranquility-Modul und machen es damit zum zentralen Element der amerikanischen Selbstversorgung. Ziel ist es zukünftig 2000 Liter Wasser pro Jahr zu erzeugen.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 30.10.2010:353,0 km bei einem Höhenverlust von 117 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 05. November, Ankunft von STS-133 Discovery
  • 07. November, erster Weltraumausstieg von Tim Kopra und Alvin Drew
  • 09. November, zweiter Weltraumausstieg von Tim Kopra und Alvin Drew

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