In den 1990er Jahren entwickelten Wissenschaftler der NASA den Plan, eine aus zwei Rovern bestehende Robotermission zum Mars zu entsenden und so unser Wissen über dessen geologische Vergangenheit zu erweitern. Dies ist die Geschichte von Opportunity, dem zweiten Rover, welcher am 25. Januar 2004 auf dem Meridiani Planum landete.
Autor: Ralph-Mirko Richter
Als neues Fahrziel gab die Leitung der Mission jetzt den etwa 12 Kilometer südöstlich gelegenen und 22 Kilometer durchmessenden “Endeavour-Krater” aus. Man erhofft sich, diesen nach einer Fahrzeit von etwa zwei Jahren erreichen zu können. Es ist zwar keinesfalls sicher, dass Opportunity diese Zeit noch überstehen wird, aber selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, so glauben die Wissenschaftler am JPL, dass man in südliche Richtung fahrend auf immer jüngere Gesteinsschichten der Marsoberfläche stoßen wird und diese ebenfalls äußerst lohnende Studienobjekte darstellen werden. Zuerst jedoch untersuchte man weiteres Oberflächengestein unmittelbar westlich des Viktoria-Kraters und steuerte noch mehrere markante Punkte an seinem Südwest-Rand an, bevor man diesem am 14. Oktober 2008 (Sol 1679) mit einer mittlerweile durch weitere Cleaning Events wieder auf rund 650 Wattstunden pro Sol gestiegenen Energieausbeute endgültig den Rücken zuwandte. Dabei nahm man jedoch nicht den direkten Kurs, sondern wandte sich vorerst in süd-südwestliche Richtung, da man dort einen felsigeren Untergrund als relativ sichere Fahrbahn nutzen kann. Der direkte Weg hingegen ist mit zu vielen Sanddünen überzogen, welche sehr an die Purgatory-Dünen aus dem Jahre 2004 erinnern. Bis zum 21. November (Sol 1716) legte Opportunity über 1.800 Meter zurück, bevor man in der Zeit der Solarkonjunktion, einer Phase, in welcher Erde, Sonne und Mars eine Linie bilden und die Sonne für etwa zwei Wochen eine Kommunikation mit den auf und um den Mars tätigen Forschungsmissionen verhindert, eine mehrwöchige Fahrpause einlegte.
Bei dieser Gelegenheit nahm der Rover vor einem kleinen, als “Santorini” benannten Felsbrocken eine Parkposition ein, um dieses neue Ziel über einen längeren Zeitraum hinweg intensiv zu studieren. Der Instrumentenarm wurde direkt auf diesem Felsen positioniert und mit den darin integrierten zwei Spektrometern und dem Mikroskop untersucht. Anfang Januar 2009 veröffentlichte die NASA erste Resultate dieser Untersuchungen, aus denen hervorging, dass es sich bei dem vermeintlichen Stein in Wirklichkeit um einen weiteren Meteoriten, diesmal aus der Klasse der Stein-Eisen-Meteoriten, einen sogenannten “Mesosideriten”, handelt. Da drei der vier bisher von Opportunity auf der Meridiani-Ebene gefundenen Meteoriten dieser auf der Erde recht selten gefundenen Klasse zugeordnet werden, geht man davon aus, dass diese alle Bestandteile eines einzigen einst auf dem Meridiani Planum eingeschlagenen Meteoriten sind.
Nach Beendigung der Untersuchungen fuhr Opportunity erneut einige Meter weiter und untersuchte ein neues Ziel, eine flache Gesteinsformation namens “Candia”, bei welcher man, wie so oft auf dem Meridiani Planum, eine hohe Konzentration an Blueberries vorfand. Bei diesen Untersuchungen traten allerdings auch zum wiederholten Male Probleme mit dem ebenfalls in den Instrumentenarm integrierten Rock Abrasion Tool auf. Bei diesem abgekürzt RAT genannten Instrument handelt es sich um einen kleinen Bohrer mit einer diamantbesetzten Bohrkrone. Diese rotiert mit hoher Geschwindigkeit und fräst so ein Loch von 4,5 Zentimetern Durchmesser und maximal 5 Millimetern Tiefe in ihr Ziel. Auf diese Weise können das APXS-Spektrometer bzw. das Mössbauer-Spektrometer das bearbeitete Material anschließend untersuchen, ohne dabei durch eine störende und eventuell die Messergebnisse verfälschende Staubschicht behindert zu werden. Leider jedoch nutzen sich selbst die extrem harten Diamantbohrkronen bei häufiger Benutzung irgendwann einmal ab. Die Bohrwerkzeuge der beiden Rover waren ursprünglich für lediglich drei Einsätze vorgesehen, schafften dann aber trotzdem jeweils 15 Bohrungen, bevor sie für weitere Bohrarbeiten unbrauchbar wurden. Mittels einer rotierenden Bürste ist man jedoch immer noch in der Lage, das zu untersuchende Gestein oberflächlich zu säubern. Allerdings kam es bei dem den letzten Analysen vorangehenden Einsatz von Opportunitys RAT an diesem zu einem weiteren, sehr wahrscheinlich durch thermische Belastungen verursachten Kabelbruch. Dies führte dazu, dass man den Bohrer nicht mehr in seine Ausgangsposition zurückbefördern konnte. Die jetzt erst einmal zwangsläufig am JPL erfolgende Fehleranalyse mit Hilfe eines Testrovers nahm mehrere Tage in Anspruch, weswegen sich die Weiterfahrt verzögerte.
Mitte Januar hatte man das Problem gelöst. Der RAT konnte in die ursprüngliche Position bewegt werden und Opportunity nahm die Fahrt am 15. Januar 2009, Sol 1770 der Mission, wieder auf. An diesem Tag wurden etwa 105 Meter zurückgelegt. Nach nochmals 150 Metern erreichte der Rover am 21. Januar den flachen, etwa 18 Meter durchmessenden “Ranger-Krater”. Dieser ist zwar zum größten Teil mit Sand aufgefüllt, aber an seiner dem Rover gegenüberliegenden Ostflanke waren deutlich Sedimentschichtungen des Grundgesteins erkennbar. Diese Schichtungen wurden zwecks genauerer Studien von den Panoramakameras des Rovers in hoher Auflösung abgebildet.
Opportunity setzte seine Fahrt auch weiterhin in südwestliche Richtung fort. Längere Etappen mit Fahrstrecken von teilweise über 100 Metern pro Sol wechselten sich dabei mit Ruhetagen zur Orientierung und Analyse des zukünftig zu passierenden Geländes ab. Anfang Februar wurde der Rover allerdings von einer höheren Dosis kosmischer Strahlung getroffen. Die dadurch erzeugten Probleme in der Elektronik hatten eine Beeinträchtigung der Energieversorgung des Hauptmastes und der daran montierten Instrumente, also der vier Panorama- und Navigationskameras und des Mini-TES-Spektrometers, zur Folge. Eine dadurch bedingte fünftägige Fahrtunterbrechung nutzte man, um den Speicher des Bordcomputers zu leeren und größere Mengen an älteren Daten an das Kontrollzentrum zu transferieren. Glücklicherweise blieb auch dieser Zwischenfall ohne Folgen und die Fahrt konnte am 6. Februar 2009 fortgesetzt werden. Zwischen dem 10. und 12. Februar (Sol 1797) überbrückte Opportunity dabei in drei Etappen sogar fast 380 Meter. Bei dieser letzten Fahrtetappe traten allerdings erneut Probleme mit dem rechten Vorderrad des Rovers auf.
Wieder trat ein erhöhter Reibungswiederstand auf und der Antriebsmotor dieses Rades zog daraufhin, vergleichbar mit der Situation im Viktoria-Krater, im Fahrbetrieb zum wiederholtem Male deutlich mehr Energie, als theoretisch benötigt. Die geplante Weiterfahrt wurde daraufhin unterbrochen. Stattdessen wurde Opportunity am 15. Februar 2009, dem 1.800sten Tag der Mission, auf seiner alten Fahrspur zuerst um etwa 10 Meter zurück und anschließend wieder nach vorne bewegt. Gleich danach ging es erneut vier Meter vorwärts. Der Sinn dieses Manövers bestand darin, zu überprüfen, ob das Verhalten des Rades eventuell im Zusammenhang mit der Zusammensetzung und Konsistenz des Untergrundes stehen könnte. Bei der Analyse der aufgezeichneten Energieströme stellte sich jedoch heraus, dass diese durchgehend anormal hoch waren, in der Rückwärtsbewegung jedoch geringer ausfielen als in der Vorwärtsbewegung.
Die Missionsleiter entschlossen sich daher, die Weiterfahrt Opportunitys vorläufig im “Rückwärtsgang” durchzuführen. Dabei ergibt sich allerdings ein weiteres Problem. Der Rover ist in der Lage, seine zu absolvierende Fahrstrecke in einem Autonavigationsmodus ohne direkte Einflussnahme der Missionsplaner zu absolvieren. Hierfür benötigt die entsprechende Software jedoch aktuelle Bilder der Navigationskameras. Diese NavCams können aber keine Fotos des Bereiches hinter dem Rover liefern, da dort die für die Kommunikation mit der Erde benötigte Niedriggewinnantenne platziert ist und das Gesichtsfeld der Kameras einschränkt. Dies führt dazu, dass Opportunity seine weitere Fahrt im “Blind Modus” absolvieren muss. Die zurückzulegende Strecke wird Opportunity dabei im Voraus vorgeschrieben, wobei die Geländekenntnisse aufgrund mangelnder Bildaufklärung allerdings nur bruchstückhaft sind. Deshalb werden die in nächster Zeit zu fahrenden Tagesetappen wieder kürzer ausfallen müssen. Allerdings gelang es Opportunity, auf diese Weise am 18. Februar 2009 weitere 50 Meter in südwestliche Richtung zurückzulegen.
Trotz der momentan komplizierten Situation befindet sich Opportunity unter Berücksichtigung seines Alter und der Umweltbedingungen, denen er tagtäglich ausgesetzt ist, in einem gutem Zustand. Der Rover generiert zur Zeit pro Tag 567 Wattstunden (0,567 kWh) an Energie. Auf seinem weiteren Weg zum allerdings immer noch über 12 Kilometer entfernten Endeavour-Krater wird der Rover immer wieder Pausen einlegen, um ausführliche Untersuchungen der Oberfläche durchzuführen. Das Ziel besteht dabei darin, eine möglichst aussagekräftige Karte über die chemische und mineralogische Zusammensetzung der passierten Oberflächenbereiche zu erstellen und eventuelle Veränderungen oder Trends registrieren und analysieren zu können. Letztendlich kann jedoch niemand mit Gewissheit sagen, wie lange Opportunity noch funktionsfähig sein wird und ob er wirklich in der Lage ist, sein momentanes Ziel zu erreichen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, hat dieser Rover sämtliche in ihn gesetzten Erwartungen bei Weitem übertroffen und sämtliche vorgegebenen Forschungsziele mehr als nur erfüllt. Sollte er ursprünglich bei seinen Erkundungen auf dem Mars innerhalb von 90 Tagen eine Strecke von 600 Metern zurücklegen, so wurden daraus mittlerweile fast 15 Kilometer in über fünf Jahren. Der Nachweis von ehemals vorhandenem Wasser auf der Oberfläche des Mars gilt als gesichert und die umfassenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die geologische Geschichte und die Chemie des Planeten werden in die zukünftigen Marsmissionen von Orbitern und Rovern einfließen und diese nicht unwesentlich beeinflussen.
Roll on, Opportunity…
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