Der Marsrover Opportunity ist gegenwärtig damit beschäftigt, die mineralogische Zusammensetzung im Bereich der Region Matijevic Hill zu analysieren. Aufgrund der Komplexität der sich dabei ergebenden wissenschaftlichen Fragestellungen werden laut dem JPL noch Wochen, eventuell sogar Monate vergehen, bevor der Rover dieses Gebiet wieder verlassen wird.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, UMSF-Forum, Malin Space Science Systems.
Seit dem letzten ausführlicheren Statusupdate vom 12. August 2012 hat sich der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity zunächst in mehreren Etappen am östlichen Rand des Cape York – hierbei handelt es sich um einen Teilbereich des Kraterwalls des etwa 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters – in die südliche Richtung bewegt. Neben der Untersuchung verschiedener kleinerer, jeweils nur wenige Meter durchmessenden Impaktkratern galt das spezielle Interesse der an der Opportunity-Mission beteiligten Wissenschaftler hierbei in erster Linie der Zusammensetzung von verschiedenen offen zutage liegenden Gesteinsaufschlüssen.
Diese Gesteinsformationen wurden dazu mit den Kameras des Rovers abgebildet. Auf den Aufnahmen suchten die Marsforscher nach Anzeichen für Phyllosilikate und Tonminerale, welche aufgrund spektroskopischer Analysen der im Marsorbit operierenden Raumsonden in dieser Region der Marsoberfläche vermutet werden, und deren direkter Nachweis ein sehr deutlicher Hinweis auf eine einstmals erfolgte Interaktion der dortigen Marsoberfläche mit Wasser im flüssigen Aggregatzustand wäre.
Am 28. August 2012, dem Sol 3056 der Opportunity-Mission, änderte der Rover seine zuvor eingeschlagene Richtung und fuhr dabei vom Rand des etwa einen Kilometer langen und rund 200 Meter breiten Cape York in Richtung Mitte dieser lediglich nur wenige Meter hohen Geländeformation. Diese Region wurde von den Mitarbeitern der Mission mit dem formellen Namen „Matijevic Hill“ versehen. Während dieser Etappe überquerte Opportunity die Marke von 35 auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegten Kilometern.
In den folgenden Tagen behielt der Rover den kurz zuvor eingeschlagen Kurs bei und näherte sich im Rahmen mehrerer kurzer Tagesetappen einem weiteren Gesteinsaufschluss. In der jetzt erreichten Region, welche mit dem Namen „Kirkwood“ belegt wurde, stießen die Wissenschaftler auf eine Vielzahl von kleinen, kugelförmigen Objekten, welche den Boden bedecken. Zunächst wurde angenommen, dass es sich bei diesen Gebilden um weitere „Blueberries“ (zu deutsch „Blaubeeren“) handelt.
Diese Strukturen wurden erstmals im Januar 2004 unmittelbar nach der Landung des Rovers an dessen Landeplatz im Eagle-Krater fotografiert und konnten in der Folgezeit in weiten Bereichen des Meridiani Planum, dem Operationsgebiet des Rovers, dokumentiert werden. Im Bereich des Cape York konnten diese Gebilde bisher jedoch noch nicht nachgewiesen werden. Ihren Namen verdanken die in „Echtfarben“ eigentlich grauen Blueberries dem bläulichen Farbton, in dem sie in den Falschfarbenaufnahmen der Panoramakamera, der mit verschiedenen Farbfiltern ausgestatteten Hauptkamera des Rovers, erscheinen.
Bei den Blueberries handelt es sich um lediglich wenige Millimeter bis maximal einen Zentimeter durchmessende Kügelchen, welche über einen hohen Anteil an Hämatit verfügen. Die Mehrheit der Marsforscher geht davon aus, dass es sich hierbei um so genannte Konkretionen – also Mineralansammlungen – handelt, welche sich einstmals in den Hohlräumen von Sedimentgesteinen bildeten. Die derzeit wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung der Blaubeeren ist eine in der Vergangenheit erfolgte Interaktion der Planetenoberfläche mit mineralhaltigem Wasser. Allerdings sind auch andere Entstehungsprozesse wie zum Beispiel vulkanische Aktivitäten oder Meteoriteneinschläge denkbar.
Nähere Untersuchungen der im Bereich von Kirkwood gefundenen Kügelchen ergab jedoch, dass diese sich in mehreren Punkten deutlich von den Blueberries des Meridiani Planum unterscheiden. Sie sind im Mittel lediglich rund drei Millimeter groß und somit etwas kleiner als die Blueberries. Zudem zeigten mehrfache Messungen mit dem APXS-Spektrometer des Rovers, dass ihr Eisengehalt geringer ausfällt. Aufnahmen mit der Mikroskop-Kamera führen zudem zu dem Schluss, dass die Kirkwood-Kügelchen in der Mitte weicher sind als an der Oberfläche. Als ein weiteres Indiz für eine anders verlaufene Entstehungsgeschichte weisen die Kügelchen in der Umgebung von Kirkwood eine andere Verteilung auf der Marsoberfläche auf als die Blaubeeren auf dem Meridiani Planum.
„Wir haben noch nie zuvor eine solch extrem hohe Konzentration von Kügelchen in einer Gesteinsformation auf dem Mars entdeckt. Sie unterscheiden sich in der Konzentration. Sie unterscheiden sich in der Struktur. Sie unterscheiden sich in der Zusammensetzung. Sie unterscheiden sich in der Verteilung. Somit haben wir jetzt ein wundervolles geologisches Rätsel vor uns. Wir haben zwar mehrere Arbeitshypothesen darüber, was wir hier vor uns haben, aber keine davon ist momentan favorisiert“, so Dr. Steve Squyres von der Cornell University/USA, der wissenschaftliche Leiter der Opportunity-Mission.
Trotz dieser Entdeckung hat Opportunity seine Position am 12. September, dem Sol 3070, um wenige Meter verlagert und dabei einen weiteren Gesteinsaufschluss, „Whitewater Lake“, erreicht. Hierbei handelt es sich um eine flache, annähernd kreisförmige Gesteinsplatte, welche im Gegensatz zu der Umgebung über eine auffallend helle Färbung verfügt. Laut Ray Arvidson, dem stellvertretenden wissenschaftlichen Leiter der Mission, könnte sich hier eine der Quellen der Signaturen von Tonmineralen und Phyllosilikaten befinden, welche mit dem CRISM-Spektrometer an Bord des Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter in dieser Region entdeckt wurden. Hochaufgelöste Aufnahmen der Panoramakamera des Rovers führten zu dem Schluss, dass sich dieses Gestein einstmals unter dem Einfluss von mineralhaltigem Wasser gebildet hat. In den folgenden Tagen erfolgten ausführliche Untersuchungen dieses Gesteinsaufschlusses.
Neben dem Kamerasystemen des Rovers wurden hierbei erneut die Mikroskop-Kamera und das APXS-Spektrometer eingesetzt, um die mineralogische Zusammensetzung des Gesteins zu entschlüsseln. Zusätzlich wurden mehrfach mit einem am Instrumentenarm des Rovers befestigten Gesteinsbohrer kleine, bis zu fünf Millimeter tiefe Löcher in die Oberfläche gebohrt. Auf diese Weise konnten auch Bodenproben analysiert werden, welche nicht im Laufe der Jahrmillionen durch die direkt auf der Marsoberfläche vorherrschenden Umweltbedingungen (einfallende kosmische Strahlung, permanent erfolgende Staubablagerungen) verändert wurden. Bei ihren Analysen untersuchten die Wissenschaftler während der letzten Tage auch die Übergangszone von Whitewater Lake zu den benachbarten Oberflächenbereichen.
Nach dem Abschluss der Arbeiten setzte Opportunity seine Fahrt am 11. Oktober fort und bewegte sich dabei um etwa 16 Meter in die nördliche Richtung. Laut den Aussagen der beteiligten Forscher sind weitere, ausführliche Untersuchungen der gesamten Region notwendig, um die Entstehungsgeschichte dieser für die Geologen hochinteressanten Formationen zu beschreiben. Diese Untersuchungen können sich noch über Wochen, eventuell sogar über Monate fortsetzen. Erst anschließend soll Opportunity den Bereich des Cape York verlassen und seine Fahrt in die südliche Richtung fortsetzen. Das dabei angepeilte Fern-Ziel ist ein weiterer Teilbereich des westlichen Kraterrandes des Endeavour-Kraters – das noch mehrere Kilometer entfernt liegende „Cape Tribulation“.
Neben dem technischen Zustand des Rovers muss dabei jedoch immer auch ein Auge auf dessen aktuelle Energiesituation geworfen werden. Während der letzten Wochen haben sich in den hohen nördlichen Breiten des Mars zwei regionale Staubsturmgebiete entwickelt, welche sich dabei teilweise bis in die subtropischen Gebiete ausdehnten. Vor deren Abflauen am vergangenen Wochenende haben diese Stürme die gesamte Nordpolarregion mit einer dichten Staubschicht verhüllt. Vergleichbare Ereignisse treten jedes (Mars-)Jahr zur Zeit des Herbstbeginns auf der nördlichen Hemisphäre auf und signalisieren den dortigen Beginn der kälteren Jahreszeiten, welche mit einer verstärkten Bildung von Wolken aus Wassereiskristallen einhergehen.
Auf über der südlichen Hemisphäre entwickelten sich verschiedene, allerdings lokal begrenzte Sturmgebiete. Diese Entwicklung führte dazu, dass gegenwärtig weite Bereiche der Marsatmosphäre mit diffusen Staubwolken durchsetzt sind. In den Äquatorregionen ist dazu ein verstärktes Auftreten von Wolken aus Wassereiskristallen zu beobachten.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 09.10.2012: 0,531 kWh/Tag , Tau-Wert 0,722 , Lichtdurchlässigkeit 62,90 Prozent
- 02.10.2012: 0,551 kWh/Tag , Tau-Wert 0,608 , Lichtdurchlässigkeit 63,40 Prozent
- 26.09.2012: 0,553 kWh/Tag , Tau-Wert 0,658 , Lichtdurchlässigkeit 65,70 Prozent
- 18.09.2012: 0,564 kWh/Tag , Tau-Wert 0,560 , Lichtdurchlässigkeit 64,80 Prozent
- 12.09.2012: 0,569 kWh/Tag , Tau-Wert 0,689 , Lichtdurchlässigkeit 67,20 Prozent
- 04.09.2012: 0,543 kWh/Tag , Tau-Wert 0,658 , Lichtdurchlässigkeit 66,70 Prozent
- 28.08.2012: 0,568 kWh/Tag , Tau-Wert 0,570 , Lichtdurchlässigkeit 64,80 Prozent
- 22.08.2012: 0,530 kWh/Tag , Tau-Wert 0,696 , Lichtdurchlässigkeit 68,30 Prozent
- 14.08.2012: 0,545 kWh/Tag , Tau-Wert 0,564 , Lichtdurchlässigkeit 68,80 Prozent
- 07.08.2012: 0,531 kWh/Tag , Tau-Wert 0,715 , Lichtdurchlässigkeit 70,70 Prozent
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3100 der Mission, hat Opportunity insgesamt 35.066 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 172.500 Bilder von der Oberfläche und der Atmosphäre des Roten Planeten aufgenommen und an sein Kontrollzentrum in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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