Der Start der Ariane-5ECA-Rakete mit den Kommunikationssatelliten MEASAT 3B und Optus 10 und der Flugnummer VA218 war zuletzt für den 6. Juni 2014 angesetzt. Wegen Problemen mit einer der Nutzlasten, dem von Space Systems/Loral (SS/L) gebauten Optus 10, kann der Start zum Leidwesen von Arianespace und MEASAT Satellite Systems zunächst nicht erfolgen.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Advanced Television, Arianespace, GMV, Le forum de la conquête spatiale, rapidtvnews.com, SingTel Optus, Spacenews, Space Systems/Loral.
Optus 10 ist ein Kommunikationssatellit für SingTel Optus, den Arianespace nach einer Vereinbarung zwischen dem Startanbieter und dem künftigen Betreiber vom Oktober 2011 ins All bringen soll. Vorgesehen war, den Satelliten beim Flug VA218 unter der Sylda für SYstème de Lancement Double Ariane genannten Doppelstartstruktur mitzuführen.
Am 29. Mai 2014 wurde bekannt, dass man Optus 10 nach Angaben des Präsidenten von SS/L, John Celli, vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana zurück ins Werk des Herstellers in Palo Alto im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien transportieren werde.
Während eigentlich abschließender Startvorbereitungen sei bei Tests eine Anomalie im Antriebssystem von Optus 10 aufgetreten, soll John Celli nach Angaben des Branchendienstes Spacenews mitgeteilt haben.
Die Behebung des Problems mit dem Antriebssystem sei nicht zur vollen Zufriedenheit von SS/L gelungen, man habe aber das Ziel, sich immer 100 Prozent sicher sein zu können, dass eine Mission gelingt, so John Celli weiter.
In einem französischsprachigen Fachforum wurde berichtet, dass eine der in Kourou zuvor entstandenen Verzögerungen ihre Ursache in der (in der Quelle nicht erklärten) Notwendigkeit, die Düse des Haupttriebwerks des Satelliten zu tauschen, hatte. Der Tausch der Düse sei im BAF für Bâtiment d’Assemblage Final genannten Endmontage-Gebäude erfolgt.
Die gleiche Quelle verbreitete, dass das zuletzt aufgetretene Problem mit dem Düsentausch in Verbindung stehe, aber nicht der Hauptgrund für die aktuelle Startabsage und den Rücktransport des Satelliten sei.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Versagen in einer Erdumlaufbahn sehr klein sei, verlangten die eigenen Ansprüche an Qualität und Zuverlässigkeit laut SS/L-Chef Celli zusätzliche Tests, die man ausschließlich in der eigenen Fabrik durchführen könne. Deshalb wurde mit der Vorbereitung von Optus 10 für einen Rücktransport nach Palo Alto begonnen.
Unter den in Kourou an Optus 10 zu erledigenden Arbeiten ist auch ein Enttanken und eine entsprechende Dekontamination. Nach Informationen aus Industriekreisen war der Satellit bereits etwa zur Hälfte betankt, was nun zusätzliche, zuvor nicht eingeplante Arbeiten am Weltraumbahnhof Kourou nötig macht und die Fortschritte von Arianespace bei der Vorbereitung anderer Missionen möglicherweise beeinträchtigt.
Das Antriebssystem von Optus 10, der auf Basis des Satellitenbus LS-1300 entstand, setzt sich aus chemischen und elektrischen Triebwerken zusammen. Auf diese Weise wird auch die für neuere Kommunikationssatelliten von SS/L eher geringe Startmasse von rund 3.200 Kilogramm für Optus 10 realisiert.
Als SingTel Optus den Satelliten bei SS/L bestellt hatte, sorgte die am 21. März 2011 von Optus kommunizierte Auftragsvergabe, bei der die mit bietende Orbital Sciences Corporation (OSC) – Hersteller eher leichterer Kommunikationssatelliten – unterlag, in Industriekreisen für ein gewisses Aufsehen.
Der Dienstleister GMV, der im Bereich der Flottenkontrolle für SingTel Optus unter anderem Softwarewerkzeuge zur Verfügung stellt, bezeichnete das Antriebssystem des dreiachsstabilisierten Optus 10 im Jahr 2012 als „idiosyncratic“ – auf Deutsch etwa eigentümlich.
Laut GMV setzt SS/L bei Optus 10 auf eine Regelung von Inklination und Exzentrizität der Umlaufbahn unter Verwendung von elektrischen Triebwerken, die mit ionisiertem Gas arbeiten, und Steuerung der Drift über die Längengrade mit chemischen Triebwerken.
Ob man bei Optus 10 die heutzutage verstärkt auch bei Kommunikationssatelliten verbauten elektrischen Triebwerke auch für die erforderlichen Manöver zur Bahnanhebung nach dem Aussetzen von der Raketenoberstufe einsetzen will, oder geplant hat, allein mit chemischen Triebwerken die vorgesehene Position im Geostationären Orbit bei 164 Grad Ost anzufliegen, wurde bisher nicht bekannt.
Der Bau von Optus 10 war wegen Überlegungen von SingTel Optus zu einer strategischen Neuausrichtung des Unternehmens und einem angedachten Verkauf der Satellitensparte auf halben Weg unterbrochen worden. Mitte 2013 hatten Branchendienste gemeldet, dass SingTel Optus auf ein Gebot in der Höhe von rund 2 Milliarden US-Dollar für die eigene Flotte aus fünf aktiven Raumfahrzeugen hoffte.
Der unvollendete Satellit wurde bei SS/L eingelagert, bis organisatorische und finanzielle Fragen geklärt waren – SingTel Optus verkaufte seine Satelliten nicht. Nachverhandlungen zwischen SingTel Optus und SS/L könnten sich laut Informationen von Spacenews anschließend ebenfalls nachteilig auf das Projekt ausgewirkt haben.
Ist Optus 10 erst einmal im All, will SingTel Optus ihn zur Versorgung von Empfängern in Australien, Neuseeland und Antarktis-Regionen mit direkt ausgestrahlten Radio- und Fernsehprogrammen sowie mit Zweiwege-Kommunikationsdiensten für Sprach-, Multimedia- und Datenübertragungen verwenden. In einer grafischen Darstellung der eigenen Satellitenflotte über der Erde zeigt SingTel Optus Optus 10 als Reservesatelliten.
Die Kommunikationsnutzlast von Optus 10 besteht aus 24 gleichzeitig nutzbaren Ku-Band-Transpondern. Die Auslegungsbetriebsdauer des von zwei Solarzellenauslegern mit elektrischer Energie zu versorgenden Raumfahrzeugs beträgt 15 Jahre.
Wann nun Optus 10 in den Weltraum gelangt und dort seine Arbeit aufnehmen kann, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt.
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