Aufbau der chinesischen Raumstation begonnen

Der Morgen des 29. April 2021 (deutscher Zeit) war für die Raumfahrt ein sehr ereignisreicher. Gleich drei Raketenstarts erfolgten binnen zweier Stunden. Der mit Abstand bedeutendste dürfte der einer Langer Marsch 5B vom südchinesischen Hainan aus gewesen sein. Um 05:18 Uhr deutscher Zeit brachte sie das Tianhe genannte Kernmodul der zukünftigen chinesischen Raumstation auf den Weg. Weitere Module, Frachtraumschiffe und Crews sollen im Laufe der nächsten zwei Jahre folgen, um die Station einsatzbereit zu machen.

Ein Beitrag von Patrick Schemel. Quelle: CMSA, Xinhua.

Die Langer Marsch 5B hebt mit Tianhe von der chinesischen Insel Hainan ab.
(Bild: CMSA)

Mit dem erfolgreichen Start des 16,6 Meter langen und 4,2 Meter breiten Moduls befinden sich nun zwei Weltraumstationen in einer Erdumlaufbahn. Wie bei der ISS, soll auch die chinesische Raumstation nach Abschluss der Aufbauphase dauerhaft bemannt werden.

Ursprünglich sollte der Aufbau der ersten modularen chinesischen Raumstation schon vor Jahren beginnen, jedoch führte ein Fehlstart der für den Transport der Stationsmodule nötigen Trägerrakete Langer Marsch 5 (der eine Umkonstruktion der Turbopumpen erforderlich machte) zu Verzögerungen. China hatte zwar bereits zuvor mit Tiangong 1 & 2 Raumstationen betrieben, die allerdings nicht erweiterbar waren und mit einem Gewicht von unter neun Tonnen (zum Vergleich, die erste Raumstation, Saljut 1, wog rund 19 Tonnen) relativ klein.

Das jetzt gestartete Weltraummodul Tianhe (zu Deutsch himmlische Harmonie) wiegt dagegen beim Start schon 22,5 Tonnen und soll später um zwei ähnlich große wissenschaftliche Module namens Mengtian und Wentian ergänzt werden, die seitlich an das Zentralmodul ankoppeln.

Das Tianhe-Modul wird für den Start vorbereitet. Oben gut zu erkennen sind die Dockingadapter für zukünftige Erweiterungen.
(Bild: CMSA)

Umkreisen soll die Station die Erde in einem Orbit von 360×390 Kilometern bei einer Inklination von etwa 41,5 Grad.

Da von Tianhe ein Backup-Modul gebaut wurde, wäre ein späterer Ausbau um dieses plus zwei weitere angedockte Module möglich. Damit würde sich die Kapazität an Bord von drei auf sechs Raumfahrerinnen und Raumfahrer erhöhen. Auf Basis der Tiangong-Raumstationen entwickelte die Volksrepublik zudem einen Tianzhou genannten Raumfrachter, der, ähnlich dem europäischen ATV, die Station mit Nachschub, wissenschaftlichen Experimenten und Ausrüstung versorgen soll. Bereits im Mai soll ein erster Tianzhou-Frachter von einer Langer Marsch 7A mit Ausrüstung an Bord ins All gebracht werden. Anfang Juni soll dann, nach gegenwärtiger Planung, mit Shenzhou-12 eine Mission mit Besatzung folgen. Die drei Raumfahrer haben die Aufgabe, die Funktionalität der Systeme zu überprüfen, die Station in Betrieb zu nehmen und sie für spätere Missionen vorzubereiten.

Im September soll mit Tianzhou-3 ein zweiter Raumfrachter andocken, gefolgt von der Crew von Shenzhou-13 im Oktober.

Im Laufe des Jahres 2022 werden dann die beiden anderen großen Module, Wentian und Mengtian, folgen. Wie auch bei russischen Stationsmodulen üblich, sind sie in der Lage, selbstständig an das Tianhe-Kernmodul anzudocken.

Ebenfalls in der Entwicklung befindet sich ein optisches Weltraumteleskop (in seinen Spezifikationen dem Hubble-Teleskop nicht unähnlich), das in denselben Orbit gebracht werden soll wie die volksrepublikanische Raumstation, was Wartungsarbeiten von dieser aus ermöglichen würde.

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