Der Rover Opportunity hat den Marswinter überstanden

Der Marsrover Opportunity hat auch seinen mittlerweile sechsten Winter auf dem Mars ohne gravierende Probleme überstanden. Dank eines stetigen leichten Windzuges, welcher an seinem derzeitigen Standort die Solarpaneele von Staubablagerungen reinigt, kann auch die aktuelle Energiesituation als exzellent bezeichnet werden. Bereits in Kürze wird der Rover seine Fahrt in die südliche Richtung fortsetzen und anschließend eine Region erkunden, wo sich Tonminerale abgelagert haben.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, The Planetary Society, Unmanned Spaceflight, New Mexico Museum of Natural History & Science.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum)
Auch während der letzten Wochen konnte sich Opportunity trotz des Winters auf dem Mars fortbewegen und verschiedene Ziele untersuchen. Diese Karte zeigt den bis zum 2. April 2014 (Missionstag Sol 3662) zurückgelegten Weg.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum))

Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist der mit Solarpaneelen ausgestattete Rover Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf die Sonnenenergie angewiesen. Aufgrund des Fortschreitens der Jahreszeiten – bereits am 31. Juli 2013 begann auf der südlichen Hemisphäre des Mars der Herbst und Opportunitys Operationsgebiet befindet sich knapp südlich des Äquators – erreichte die Sonne bis vor Kurzem eine immer niedrigere Höhe über dem nördlichen Horizont, was letztendlich zumindestens theoretisch zu einer immer geringeren täglichen Energieausbeute der Solarzellen führen sollte.

Während des vorherigen Marswinters wurde dieses Manko teilweise dadurch ausgeglichen, dass die für die Kontrolle des Rovers verantwortlichen Mitarbeiter des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien den Rover für die Zeit der Wintermonate zu einem in die nördliche Richtung geneigten Hang dirigierten, wo Opportunity während der ‚dunklen Jahreszeit‘ stationär verweilte. Dadurch wurden die Solarpaneele automatisch in Richtung auf die Sonne ausgerichtet, was eine höhere tägliche Energieausbeute zur Folge hatte.

Auch für seinen mittlerweile sechsten Marswinter wurde für Opportunity ein solches ‚Winterquartier‘ ausgewählt. Die nach Norden zeigenden Hänge des „Solander Point“ – ein rund 60 Meter hoher Bergrücken am Westrand des Endeavour-Kraters – weisen teilweise Neigungen von mehr als 15 Grad auf und bereits eine Veränderung des Einfallswinkels des Sonnenlichtes von lediglich zwei bis drei Grad kann zu einer um zehn Prozent veränderten Energieausbeute führen. Deshalb, so die Erwartungen der an der Rovermission beteiligten Wissenschaftler, sollte Opportunity diesmal sogar in der Lage sein, seinen Standort auch während der Wintermonate um einige Meter zu verändern und in regelmäßigen Abständen neue Forschungsziele anzusteuern und zu untersuchen. Erst nach der Wintersonnenwende auf der Südhemisphäre des Mars, welche am 14. Februar 2014 erfolgte, sollte sich die Energiesituation wieder verbessern.

Der Wind – ein diesmal unterschätzter Faktor
Bereits in unserem letzten ausführlichen Bericht über den aktuellen Verlauf der Opportunity-Mission deutete sich allerdings an, dass die Planetenforscher bei ihren Berechnungen über die zu erwartende Entwicklung der Energiesituation während des diesjährigen Marswinters einen entscheidenden Faktor unterschätzt hatten.

NASA, JPL-Caltech
Diese Aufnahme fertigte eine der hinteren Gefahrenerkennungskameras des Rovers am 20. März 20014 kurz vor Sonnenuntergang an. Der Schatten des Rovers fällt dabei auf einen mit dem Namen „McClure-Beverlin Escarpment“ belegten Hang.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die Marsoberfläche ist weitläufig von großen Mengen an Staub bedeckt, welcher durch auftretende Stürme regelmäßig in die Atmosphäre befördert wird, sich dort zunächst verteilt und letztendlich wieder auf der Planetenoberfläche ablagert. Dabei bleibt es nicht aus, dass ein Teil dieses Staubes auch die Solarpaneele des Rovers bedeckt. Dieser Effekt einer kontinuierlich zunehmenden ‚Staubbedeckung‘ der Paneele führt dazu, dass der Rover im Laufe der Zeit – unabhängig vom aktuellen Stand der Sonne – immer weniger Energie generieren kann.

Teilweise aufgehoben wird dieses Manko allerdings durch sogenannte ‚Dust Cleaning Events‘. Die auf dem Mars wehenden Winde ‚fegen‘ dabei von Zeit zu Zeit über die Solarpaneele des Rovers und ‚reinigen‘ diese teilweise von dem zuvor dort abgelagertem Staub. Normalerweise handelt es sich hierbei um sporadische Ereignisse, welche bestenfalls alle paar Wochen auftreten und jeweils lediglich wenige Stunden bis maximal zwei Tage andauern. Seit dem Februar 2014 erfolgen diese Ereignisse jedoch fast täglich und führen zu einer kontinuierlich zunehmenden Energiemenge.

„Wir scheinen uns gegenwärtig in einer Art ‚Windkanal‘ zu befinden“, so Bill Nelson, der leitende Ingenieur der Mars Exploration Rover-Mission vom JPL. „Wir vermuten, dass es sich um eine Kombination aus dem aktuellen Standort des Rovers am Rand des Kraters und der Art und Weise handelt, wie der Wind durch den Endeavour-Krater strömt.“ Die Beantwortung dieser Frage wird die auf die Marsatmosphäre spezialisierten Wissenschaftler wohl noch einige Zeit beschäftigen und von daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Effekt des die Solarpaneele reinigenden Windes in diesem Winter unterschätzt wurde.
Trotz aller in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten durchgeführten Missionen zu dem ‚Roten Planeten‘ stellt der Mars immer noch eine fremde Welt dar, welche noch weiter erforscht werden muss, um deren Rätsel zu entschlüsseln.

In den vergangenen Wochen hat sich dieser Wind-Effekt sogar noch weiter verstärkt. Alleine ein einziges ‚Dust Cleaning Event‘, welches sich am 16. und 17. März ereignete, sorgte für einen sprunghaften Anstieg der täglichen Energieproduktion um fast 15 Prozent im Vergleich zu den Vortagen. Im Vergleich zu den Energiewerten, welche zwei Monate vorher erreicht wurden, lag der Anstieg sogar bei über 70 Prozent. Auch in den letzten beiden Wochen sorgte diese anscheinend fast kontinuierlich wehende Windbrise für immer staubfreiere Solarzellen.

Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Bei komplett staubfreien Paneelen würde dieser Wert 100 Prozent betragen. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.

  • 01.04.2014: 0,661 kWh/Tag , Tau-Wert 0,430 , Lichtdurchlässigkeit 87,00 Prozent
  • 20.03.2014: 0,574 kWh/Tag , Tau-Wert 0,450 , Lichtdurchlässigkeit 77,70 Prozent
  • 12.03.2014: 0,498 kWh/Tag , Tau-Wert 0,446 , Lichtdurchlässigkeit 69,40 Prozent
  • 05.03.2014: 0,492 kWh/Tag , Tau-Wert 0,451 , Lichtdurchlässigkeit 69,90 Prozent
  • 26.02.2014: 0,464 kWh/Tag , Tau-Wert 0,498 , Lichtdurchlässigkeit 69,10 Prozent
New Mexico Museum of Natural History & Science, L. Crumpler
Diese Grafik zeigt die Entwicklung der Energieproduktion, des Bedeckungsgrades der Solarpaneele des Rovers mit Staub und des Tau-Wertes der Atmosphäre während der letzten Monate. Zum Vergleich: Während der vorherigen Winter erreichte der Staubbedeckungsgrad der Solarpaneele normalerweise Werte von 0,45 bis 0,50.
(Bild: New Mexico Museum of Natural History & Science, L. Crumpler)

Die nähere Zukunft
Die nächste Fahrt für den Rover ist bereits für den heutigen Missionstag vorgesehen und wird in etwa fünf Stunden beginnen. Gegenwärtig gehen die Planung dahin, dass Opportunity nach dem Abschluss seiner derzeitigen Untersuchungen zunächst den seinem Standort am nächsten gelegenen Hügel hinauf fahren wird. Von dort aus soll unter anderem das Innere des 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters abgebildet werden. Anschließend soll der Rover die Erkundung der Randgebiete des Solander Point fortsetzen und sich dabei Schritt für Schritt an der westlichen, dem Krater abgewandten Hangseite des Solander Point noch weiter in die südliche Richtung bewegen.

Bei der dabei als zukünftiges Ziel angepeilten Region handelt es sich um eine ausgedehnte Formation von offen zutage tretenden Grundgestein, welche sich etwa 600 Meter von dem derzeitigern Standort entfernt befindet. In diesem Bereich, so Ray Arvidson von der Washington University in St. Louis/USA, konnte das CRISM-Spektrometer des Mars Reconnaissance Orbiter eindeutige Signaturen von Tonmineralen nachweisen.

Durch die eingehende Untersuchung der dort abgelagerten Minerale, welche sich nur unter dem langfristigen Einfluss von Wasser gebildet haben können, erhoffen sich die an der Opportunity-Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Vorgänge, welche zu der Bildung dieser Tonminerale führten und über die Umweltbedingungen, welche dabei vor Jahrmilliarden in diesem Bereich der Marsoberfläche vorherrschten.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3625 seiner Mission, hat der Rover Opportunity mehr als 38.800 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 190.500 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt.

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